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Nachricht vom 01.05.2012    

Maigespräch in Daaden: Politik traf Wirklichkeit

Das traditionelle Mai-Gespräch am Vortag des 1. Mai, dem Tag der Arbeit, zeigte deutliche Unterschiede zwischen der offiziellen Sichtweise der Agentur für Arbeit und den Menschen vor Ort, die von ihrer Hände Arbeit leben müssen. Es ging um Fachkräftemangel und Leiharbeit - da traf die Wirklichkeit auf Beamte, die nur das sagen dürfen, was politisch korrekt ist.

Auch Bürgermeister Wolfgang Schneider (vorne) beteiligte sich an der regen kontroversen Diskussion. Fotos: anna

Daaden. Zum traditionellen Maigespräch auf der Wilhelm-Fischbach-Hütte hatte Bürgermeister Wolfgang Schneider für den letzten Tag im April eingeladen. Sein besonderer Gruß galt dem Referent des Tages, Ralf Giel, Geschäftsführer operativ der Agentur für Arbeit in Neuwied und natürlich den Betriebs- und Personalräten verschiedenster Unternehmen aus dem Daadener Land.
Schneider erinnerte nochmals an die Anfänge dieser Veranstaltungsreihe, die 1974 im Bürgerhaus erstmals durchgeführt wurde. Im Verlauf der Jahre wurde die Teilnehmerzahl an den Mai-Gesprächen jedoch immer geringer, so dass der Entschluss gefasst wurde, diese in die Waldhütte zu verlegen und dazu mit einem aktuellen Thema zu besetzen. Auch diesmal war die Zahl der Teilnehmer an der Veranstaltung sehr überschaubar, was Schneider aber auch darauf zurückführte, dass viele den Brückentag für einen kurzen Urlaub genutzt hätten.

Die Leitthese des Tages war: „Ausbildung und Fachkräftesicherung stützen die Produktionskraft der Betriebe – sichern den Standort“. Giel berichtete seinen Zuhörern, dass der begonnene Fachkräftemangel noch viel drastischer werde, als man sich dies bisher vorstellen könne. Das Erwerbspersonenpotential werde in den nächsten Jahren um 6,5 Millionen Menschen zurückgehen. Die derzeit in Arbeit befindlichen geburtenstarken Jahrgänge der 60er Jahre würden in 15 Jahren in Rente gehen, dann rückten nur noch halb so viele Menschen in den Arbeitsmarkt nach. Es entstünde ein hoher Bedarf an Akademikern.

Das Kräftepotential an Arbeitnehmern auszuweiten, kann nach der Meinung von Giel nur folgendermaßen gelingen: zum einen müssen alle jungen Leute in Ausbildung gebracht werden; von den Ausgebildeten sollten möglichst viele anschließend ein Duales Studium absolvieren; außerdem müssten ältere Personen länger in Arbeit gehalten werden (derzeit arbeiten die meisten im Alter von über 60 Jahren nicht mehr); mehr Frauen müssten in Arbeit gebracht werden; mehr Menschen mit Migrationshintergrund müssten in Arbeit gebracht werden und zu guter Letzt plädierte er für einen Zuzug ausländischer Fachkräfte von mindestens 100.000 Personen jährlich. Dies alles sei notwendig, um zu vermeiden, dass die Unternehmen aus Deutschland ins Ausland abwandern, um dort produzieren zu können. Facharbeiter hätten heute wieder gute Chancen Anstellungen zu finden.

Dem hielten einige Besucher der Veranstaltung jedoch entgegen, dass es bei den Unternehmern einzig und allein auf die Kosten ankomme, daher würden die Arbeitsplätze ins Ausland verlegt. Die jungen Menschen hätten doch keine guten Aussichten. Einer der Teilnehmer prognostizierte sogar, dass es in 10 Jahren keinen Stundenlohn mehr über neun Euro geben werde, so würden die Leute heute ausgenutzt. Ein anderer appellierte dafür, die Leiharbeit ganz zu verbieten. Der Verdienst jedes Einzelnen müsse kostendeckend sein. Zudem seien die Anforderungen an die jungen Menschen heute oft zu hoch.



Giel sieht auch ein Dilemma darin, das die Anforderungen an die Jugend heute deutlich höher seien als früher, die Maschinen wären aber auch erheblich komplexer, die heute bedient werden müssten. Ein weiteres Problem sei, dass die Hauptschulen heute doch keine Hauptschulen mehr sein wollten. Die Jugendlichen würden zu immer höheren Schulabschlüssen getrieben, womit viele jedoch überfordert wären. Er sprach sich jedoch dafür aus, auch die Jugendlichen in Ausbildung zu nehmen, die den Ansprüchen erst einmal nicht genügten. Dann müsse eben die Ausbildung entsprechend verbessert werden. Gerade in den pflegenden Berufen würden händeringend Menschen gesucht.
Dem hielt der gewählte IG-Metallchef Claif Schminke von der IG Metall Betzdorf entgegen, dass gerade die kleinen Betriebe bezüglich der Ausbildung junger Menschen aber Unterstützung brauchten. Hier sei die Politik gefragt. Geld könnte genug vorhanden sein, wenn nur alle arbeitenden Bürger mal in die Sozialkassen einzahlen würden und nicht die Beamten, Anwälte, Ärzte, Selbständige und viele andere davon ausgenommen wären.

Bezüglich der Pflegeberufe entgegnete ein anderer Besucher, dass diese eine körperlich harte Arbeit bedeuten würden, die viel zu schlecht bezahlt werde. Bezugnehmend auf die Notwendigkeit, dass heute oft beide Elternteile arbeiten müssten, erkannte Giel aber noch ein weiteres Problem. Die Kinder seien sich somit häufig meist selbst überlassen. Müssten ihre Schularbeiten alleine machen, erhielten häufig keine Unterstützung von den Eltern. Diese Kinder müssten dann nicht selten in speziellen Programmen wieder aufgefangen werden, um sie für die Gesellschaft fit zu machen, was wieder eine Menge an Kosten verursache.

Das Thema „Arbeitsmarkt“ bot eine Menge an Diskussionsstoff und die Erfahrungen, die die Menschen in ihren Betrieben gemacht haben, unterschieden sich doch oft sehr von dem, was der Mann von der Agentur für Arbeit so anbrachte - ist ja auch "political correctness" und so gewünscht. (anna)


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