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Nachricht vom 26.05.2008    

Neues Heim für "Superflieger"

Im Sommer hat er die Luftherrschaft über Betzdorf: "Apus apus", der Mauersegler. Da eine seiner Kinderstuben, das ehemalige Aka-Kaufhaus, in absehbarer Zeit abgerissen wird, musste ein Ersatz her. Jetzt ist die Lösung gefunden - die Vögel sollen am Amtsgericht in der Friedrichstraße neue Brutstätten finden. Dazu wurden künstliche Nistplätze angelegt. Mit einem Trick will man vor allem die Jungvögel dazu bringen, diese auch anzunehmen.

mauersegler

Betzdorf. Die "Appartements" in luftiger Höhe sind bezugsfertig und bestens bereitet, dem Einzug von Apus apus (wissenschaftlicher Name des Mauerseglers) steht nichts mehr im Wege. Zur Zeit allerdings befindet sich die mit Abstand größte Brutkolonie der für Betzdorf so charakteristischen Vögel noch auf dem größten "Kunstfelsen" der Stadt, dem ehemaligen AKA-Kaufhaus an der Wilhelmstraße. Timo Fries, Umweltkoordinator der Verbandsgemeinde-Verwaltung Betzdorf und sein Kollege beim Ordnungsamt, Manfred Keßler, hatten sich schon bei Zeiten Gedanken gemacht, wie es möglich wäre, bei einem Abriss dieses Gebäudes für adäquaten Ersatz zu sorgen, um auf jeden Fall Betzdorfs "Wappenvögel" zu erhalten. Für das sommerliche Stadtbild sind die Mauersegler seit vielen Jahren prägend und bilden mit ihrem weit hörbaren Ruf "zirrr, zirrr, zirrr" bei ihrem imposanten Flug auch die akustische Kulisse bilden.
Bei der Suche nach geeigneten Ersatzgebäuden kam an erster Stelle das in Sicht- und Rufweite zur alten Kolonie gelegene Gebäude des Amtsgerichtes in der Friedrichstraße in Frage, das allerdings von seiner Architektur her Mauerseglern bisher keinerlei Chance bot, hinter Fassadenverkleidung, unter Dachgiebeln oder ähnlichem irgendwelche Öffnungen für Brutgelegenheiten vorzufinden. Mauersegler haben zurückgebildete, kurze Füße, auf die auch ihr wissenschaftlicher Name "Apus" ("ohne Fuß") hinweist und sie verbringen ihr gesamtes Leben lang mit Ausnahme der Brutzeit in der Luft. In ihrem etwa 20-jährigen Leben legen sie dabei rund 180.000 Flugkilometer jährlich zurück, sie nehmen Nahrung und Wasser im rasanten Flug auf, sammeln Nistmaterial, paaren sich und schlafen im Flug und suchen lediglich während der Brutzeit ihre spärlich ausgestattete Niststätte in Felsspalten, Gemäuerhöhlen oder von außen zugänglichen Gebäudeöffnungen auf. Armin Brast, Hochbau-Ingenieur beim Betzdorfer Bauamt und in seiner Freizeit passionierter Hochleistungs-Segelflieger, bewundert die kleinen, aber leistungsmäßig sehr großen Flugkünstler außerordentlich: "Wenn ich sie in großer Höhe entdecke und versuche, ihnen zu folgen, sind sie schon längst wieder weiter, wenn mein Segler auf ihrem Kurs ist. Sie sind die wahren Flugakrobaten..."
Auch Amtsgerichtsdirektor Walter Weber-Monecke ließ sich von dem Umsiedlungsprojekt der Verbandsgemeinde-Verwaltung Betzdorf begeistern und nach intensiven Gesprächen, bei denen auch der Mauerseglerexperte der NABU, Martin Grund aus Neustadt an der Bergstraße, mit seinem Fachwissen hinzugezogen wurde, ging man an die praktische Ausführung: Erstmals sollen in Betzdorf mittels elektronisch abgespielten Lockrufen im Nest sitzender Jungtiere die aus dem Süden zurückkehrenden Zugvögel angelockt werden, um die neuen künstlichen Nisthilfen zu beziehen. In dem gleichzeitig am Betzdorfer Freiherr-vom-Stein-Gymnasium stattfinden Ansiedlungsprojekt soll zusätzlich mit Hilfe einer an den Schul-PC angeschlossenen Kamera das Ansiedlungsprojekt digital dokumentiert werden.
Umweltkoordinator Timo Fries zu diesem erstmalig in der Verbandsgemeinde durchgeführten Ansiedlungsprojekte von Mauerseglern mit Hilfe technischer Hilfsmittel: "Es gilt vor allem, die Jungvögel der Brut des vergangenen Jahres für diese neuen Behausungen zu interessieren, denn Mauersegler, die ,eine Familie gründen wollen’, sind ebenso wie ihre Eltern ortstreu und siedeln bevorzugt in der Nähe bestehender Nistorte. Selbstverständlich kann auch der einzelne Hausbesitzer einiges tun, um den interessanten Vögeln Brutmöglichkeiten am eigenen Haus zu bieten." Im Gegensatz zu Mehl- und Rauchschwalben, die nur noch an ganz wenigen Orten in der Verbandsgemeinde brüten, sind Mauersegler extrem "saubere" Kunstflieger: sie entsorgen ihre Hinterlassenschaft der Brut im Fluge und an den betreffenden Gebäuden verraten keinerlei Spuren, dass sich hier eine Mauersegler-Kinderstube befindet. Wer sich die seit Jahrzehnten bestehenden Betzdorfer Kolonien näher anschaut, kann dies zum Beispiel an der noch rege besiedelten Fassade am oberen Teil des AKA-Gebäudes zur Zeit sehr eindrucksvoll beobachten.
Eine ehemalige größere Mauersegler-Brutkolonie befand sich bis 1989 in den Backsteingebäuden entlang der Wilhelmstraße, an deren Stelle danach die im architektonisch zeitgemäßen Stil entworfene "Siegpassage" bebaut wurde. Hier befand sich unter anderem die ehemalige "Kruppsche Konsumanstalt", wie sie in Peter Wellers Bildband "Das alte Betzdorf in Lichtbildern" (erschienen 1963) auf den Seiten 35 und 36 zu sehen ist. Weitere Vorkommen findet man bis heute an den alten Häusern der Luisenstraße und etlichen vorwiegend älteren Gebäuden im Stadtbereich.
Umweltkoordinator Timo Fries, Walter Weber-Monecke, Manfred Keßler und nicht zuletzt Studienrat Helmut Münzel, der das zweite Ansiedlungsprojekt am Freiherr-vom-Stein-Gymnasium pädagogisch betreut, hoffen, damit einen Beitrag zum Erhalt der Superflieger über Betzdorfs Innenstadt beigetragen zu haben. Timo Fries ist zuversichtlich: "Mit relativ geringem Kostenaufwand konnten wir Ersatzbrutstellen schaffen und wir sind alle schon sehr gespannt, wann die ersten Bruterfolge zu verzeichnen sind." (mk)
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Der Direktor des Amtsgerichts Betzdorf Walter Weber-Monecke (links) und Umweltkoordinator Timo Fries von der Verbandsgemeinde-Verwaltung bei der letzten "Bauabnahme des Hotel Apus" hoch oben auf dem Dach des Gerichtsgebäudes: Alles fachgerecht wind- und sturmsicher montiert, die Anlockelektronik funktioniert - die Jungmauersegler können kommen. Foto: Manfred Keßler



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