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Nachricht vom 24.02.2015    

Zwei misshandelte Kinder ohne Schutz - Wer ist verantwortlich?

Trotz der eigenen Einschätzung des Jugendamtes des Kreises Altenkirchen zur aktuellen Gefährdung der Kinder im Haushalt der Mutter, entschied das Jugendamt Altenkirchen am 23. Februar, die beiden zwei- und vierjährigen Jungen (laut mehrerer medizinischen Gutachten: unklare Verletzungen) vorläufig wieder in die Obhut der Kindesmutter zu überführen. Ein Gerichtstermin vom 24. Februar, der per Eilverfahren den Verbleib der Kinder klären sollte, wurde wegen einer Erkrankung des zuständigen Richters auf den 4. März vertagt.

Möge Justitia nicht völlig blind bleiben und sich dem Schicksal der beiden Kinder annehmen. Symbolbild: AK-Kurier

Kreis Altenkirchen. Es ist ein Fall, der das Jugendamt im Kreis Altenkirchen bereits seit März 2012 beschäftigt, denn bereits zu diesem Zeitpunkt kommt es bei Familie Wagner (Name von der Redaktion geändert) zu Vorfällen häuslicher Gewalt, die das Kindeswohl des damals knapp zweijährigen Lukas (Name von der Redaktion geändert) stark gefährden. Was folgt, ist ein Spirale aus Trennung, tätlichen Auseinandersetzungen, sowie einer Verweigerungshaltung sämtlicher Hilfsangebote des Jugendamtes seitens der Kindesmutter, so dass bereits im August 2012 Lukas im Rahmen vorläufiger Schutzmaßnahmen erstmals in die Obhut der Großeltern väterlicherseits gegeben werden muss, auch auf den Konsum von Betäubungsmitteln seitens der Kindesmutter, wird mehrfach hingewiesen.

Zwischenzeitlich wurde im Januar 2013 der zweite Sohn Leon (Name von der Redaktion geändert) geboren, es folgte im Februar 2014 die endgültige Trennung der Eltern, beide Kinder wurden im Zuge einer Überprüfung des Jugendamtes in Obhut der Mutter in einem stark geschwächten Zustand, Lukas mit stark auffälligen Atemgeräuschen und Fieber, aufgefunden und in ein Krankenhaus eingewiesen. Die dort durchgeführten Untersuchungen ergaben bei dem mittlerweile dreieinhalbjährigen Lukas eine Lungenentzündung. Trotzdem wurden die Kinder in der Folge wieder in die Obhut der Mutter entlassen. Bereits Ende Juni 2014 erreichte das Jugendamt abermals ein Hinweis, dass die erneut schwangere Kindesmutter Betäubungsmittel konsumiere, eine Kontaktaufnahme zum Kindergarten ergab, dass Lukas “häufig im Kindergarten fehle und Verletzungen unklarer Genese aufweise“.

Daraufhin wurden Lukas und Leon abermals in ein Krankenhaus eingewiesen, welches beiden Kindern einen “mäßigen Pflegezustand“ (ärztliche Berichte liegen dem AK-Kurier vor) und bei Lukas Verletzungen im Hals und Gesichtsbereich “unklarer Herkunft“ attestierte. Leon litt an einer ausgeprägten Neurodermitis, die seitens der Kindesmutter nicht oder nur unzureichend behandelt wurde. Erneut werden beide Kinder in die Obhut der Kindesmutter entlassen. Im September 2014 klettert eines der Kinder auf das Balkongeländer, welches sich in drei bis vier Metern Höhe befindet, ein Nachbar informiert das Jugendamt. Weder die Kindesmutter, noch ihr Lebensgefährte sind zu diesem Zeitpunkt zu Hause, die Kinder sind allein in der Wohnung.

Als im Januar diesen Jahres den Erzieherinnen des Kindergartens bei Lukas abermals ausgeprägte Hämatome im Gesichtsbereich, als auch eine Verletzung im Genitalbereich auffallen und der Junge davon spricht, Markus (Lebensgefährte der Mutter, Name von der Redaktion geändert), hätte ihm den “Pipimann langgezogen“, werden die Kinder seitens des Jugendamtes erneut in ein Krankenhaus überwiesen. Bei der Inobhutnahme fällt auf, das Leons Kinderzimmer augenscheinlich eine Abstellkammer ist und die Matratze von Lukas Kinderbett mit Urin getränkt ist. Die erneuten Untersuchungen bescheinigen bei Leon eine ausgeprägte Neurodermitis und einen reduzierten Pflegezustand, während bei dem vierjährigen Lukas mehrere Hämatome und Schürfwunden, auch im Bereich des Pubes (Schambereich) "eine grobe Manipulation nicht ausschließen".

Nach dem Krankenhaus-Aufenthalt entscheidet das Jugendamt, die Kinder abermals der Obhut der Großeltern väterlicherseits zu übereignen. In seiner Einschätzung spricht das Jugendamt von “massiven Defiziten in der Elternverantwortung und dem Erziehungsverhalten der Kindesmutter“. Weiter führt es aus, dass "es eine massive Bagatellisierung und Verschleierung der als äußerst kritisch zu bewertenden Gesamtumstände" gibt und auf Grund der bisherigen Familiengeschichte eine weitere Eskalation mit ziemlicher Sicherheit zu erwarten ist. Auch der Bericht der untersuchenden Ärzte sagt aus, dass “eine häusliche Unterbringung nicht empfohlen wird“.



Für den 24. Februar wird am Familiengericht ein Eilverfahren anberaumt, in dem über den weiteren Verbleib der Kinder entschieden werden soll, bis zu diesem Zeitpunkt sollen die Kinder in der Obhut der Großeltern verbleiben. Einen Tag vorher wird das Verfahren jedoch verschoben, da der zuständige Richter erkrankt ist, ein neuer Termin wird erst für den 4. März festgelegt.

Auf Grund der Verschiebung des Termins und der Tatsache, dass die Großeltern ihre Bereitschaft zur Pflege nur bis zum Gerichtstermin signalisiert hatten, meldet sich das Jugendamt des Kreises am 23. Februar bei den Großeltern und verlangt von ihnen die Herausgabe der Kinder an die Kindesmutter noch am selben Tag, mit der Begründung, dass “sie sich nicht mehr kümmern könnten“.

Die Großeltern hatten zwar ihre Bereitschaft zur Pflege lediglich bis zum Gerichtstermin zugesagt, da die Großmutter schwer krank ist und einige Untersuchungen anstehen, jedoch wurde im Vorfeld bereits vom Kindesvater die deutliche Bereitschaft signalisiert, die Kinder bis zur Klärung in seine und die Obhut der neuen Lebensgefährtin zu nehmen. Auch eine Besichtigung der Räumlichkeiten wurde angeboten, Urlaub wurde eingereicht.

Dennoch wurde seitens des Jugendamtes die Herausgabe der Kinder an die Kindesmutter noch am selben Tag verlangt – gegen die eigene Einschätzung, die wenige Wochen zuvor “mit großer Wahrscheinlichkeit eine weitere andauernde Gefährdung der Kinder im Haushalt der Mutter“ attestierte. Diese erschien dann auch am Haus der Großeltern, ein Vertreter des Jugendamtes war bei der Übergabe nicht anwesend. Schließlich mussten Lukas und Leon durch die Polizei in die Obhut der Kindesmutter überführt werden.

Zu einer Stellungnahme zu der Frage, warum Lukas und Leon vorläufig wieder in die Obhut der Mutter übergeben wurden, obwohl nach eigener Einschätzung des Jugendamtes “eine gegenwärtige und in solchem Maße vorhandene Gefahr für das körperliche, geistige und seelische Wohl der Kinder besteht, dass ohne Eingriff in das Elternrecht sich eine Schädigung der Kinder mit ziemlicher Sicherheit voraussagen lässt“ (Antragsschrift des Jugendamtes, liegt dem AK-Kurier vor), war die Kreisverwaltung Altenkirchen nicht bereit. Die Pressestelle verwies auf laufende Verfahren und das Datenschutzrecht. (Eva Klein)

Anmerkung der Redaktion:
Wir haben als Redaktionsteam bewusst um eine Identifizierung nicht zu ermöglichen auf Ortsangaben verzichtet. Auch wurden falsche Namen vergeben, um das Recht der Kinder zu schützen. Auch nennen wir nicht die Namen der Sachbearbeiter der Kreisverwaltung, aber wir kennen sie. Aber und gerade trotz einiger Blockadehaltungen sind wir nicht bereit auf die Veröffentlichung zu verzichten. Es geht um zwei kleine Kinder. Wer hier als Schutz-Institution versagt hat, wird jetzt womöglich geklärt. Hoffentlich zum Wohle der beiden Jungen. Helga Wienand-Schmidt



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