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Nachricht vom 25.01.2009    

Theologe sprach über Gott und Darwin

Beim zwölften gemeinsamen Neujahrsempfang der beiden Hammer Kirchengemeinden und der Verbandsgemeinde erläuterte Professor Dr. Dr. Dieter Hattrup, Lehrstuhlin­haber an der Theologischen Fakultät Paderborn, zentrale Aspekte zum Thema "Darwins Zufall oder Wie Gott die Welt erschuf". Vorausgegangen war ein ökumenischer Gottesdienst, bevor der Naturwissenschaftler und Theologe sich mit der Evolutionstheorie und ihre Auswirkungen auf die Religion befasste.

hammer neujahrsempfang

Hamm. In Hamm ist es zur Tradition geworden, das neue Jahr im Zeichen der Gemeinsamkeit und der Gemeinschaft zu beginnen. Zum Neujahrsempfang hatten Manfred Geldsetzer als Vorsitzen­der des Presbyteriums der Evangelischen Kirchengemeinde Hamm, Pfarrer Josef Rottländer als Vorsitzender des Kirchenvorstandes der Katholischen Kirchengemeinde Hamm sowie Bürgermeister Rainer Buttstedt für die Verbandsgemeinde Hamm eingeladen, um den im vergangenen Jahrzehnt mit und unter den Vereinen, Kommunalpolitikern, Abgeordneten, Ver­bänden, Institutionen, Vertretern aus Handel, Gewerbe und Industrie begonnenen Dialog im Dietrich-Bonhoeffer-Haus fortzuführen. Vorausgegangen war ein ökumenischer Gottesdienst in der katholischen Kirche "St. Joseph". Nach der Begrüßung der 120 Anwesenden durch den Presbyteriums-Vorsitzenden Manfred Geldsetzer und Pfarrer Josef Rottländer vermittelte Professor Dr. Dr. Dieter Hattrup das sicherlich nicht einfache Thema mit einer Brise Humor, versuchte dabei, den "giftigen Darwin" zu "entgiften" und einen "Umschwung" einzuleiten.
Das Jahr 2009 liefert im Hinblick auf Charles Darwin (1809–1882) ein Doppeljubiläum. Darwin wurde vor200 Jahren geboren und änderte vor 150 Jahren mit einem einzigen Buch über die moderne Evolutionstheorie die Anschauung vom Leben grundlegend. Einfach, indem er den Ursprung des Lebens ein wenig anders, ein wenig besser erklärte, als es bis dahin Wissenschaftler, Philosophen und Theologen getan hatten. Kopernikus (Theorie von den Umläufen der Himmelskörper), Kepler (Entdeckung der Planetengesetze), Galilei (Fall- und Pendelgesetze), Newton (Einheit von Erd- und Himmelsmechanik), ihnen allen macht Darwin einen Strich durch die Rech­nung, freilich ohne es selbst zu wollen. Er durchbrach mit seiner Evolutionslehre das Denkmuster der Neuzeit, wonach in der Natur alle Prozesse mit vorhersagbarer Notwendigkeit ablaufen sollten. Die Zeitrechnung der Evolutionsbiologen beginnt im Jahre 1859 mit der Veröffentlichung des Darwin-Werkes "Über die Entstehung der Arten". Darwin hatte aufbauend auf dem Gedankengut seiner Zeit einen Mechanismus "entdeckt", der die Entstehung von Arten ganz aus sich selbst heraus erklärte, ohne das Zutun einer überirdischen Macht. Die herausragende Stellung des Menschen im Zentrum der Schöpfung hatte schon vor Darwins Werk durch drei wichtige wissenschaftliche Entwicklungen "gelitten". Die kopernikanische Wende hatte die Erde und ihre menschlichen Bewohner aus dem Mittelpunkt des Kosmos gerückt. Sie verdeutlichte, dass nicht alles, was in der Bibel steht, wörtlich zu nehmen ist. Die Ergebnisse der Geologie, vor allem die Arbeiten von Charles Lyell verwiesen darauf, dass die Erde bereits wesentlich älter ist als dies einige Gelehrte nach Angaben der "Heiligen Schrift" errechnet hatten. Schließlich lieferten die ersten Fossilfunde Hinweise dafür, dass die belebte Welt eben nicht seit Anbeginn der Schöpfung unverändert geblieben ist. Dann kam Charles Darwin und deutete nur vage an, was ihm bei der Veröffentlichung seiner "Entstehung der Arten" längst klar war: "Licht wird auch fallen auf den Menschen und seine Geschichte". Genau wie alle Tierarten hatte auch die menschliche Spezies nicht unverändert seit Beginn der Zeit auf dem Planeten gelebt, sondern war das Produkt einer Evolution, einer allmählichen Entwicklung.
Die Idee von einer Evolution des Lebendigen über viele Millionen Jahre hinweg, bei der eine Art aus einer anderen Art hervorgeht, war an sich schon für viele Zeitgenossen Darwins unbegreiflich, auch wenn es bereits vor Darwin Evolutionstheorien gegeben hatte. Dass aber auch der Mensch, das Abbild Gottes, aus einer anderen Art hervorgegangen sein sollte, schien für diejenigen, die die Bibelworte der Genesis als Schöpfungsbericht wörtlich nahmen, undenkbar. Schnell machte ein Satz die Runde und war Anlass für zahlreiche Karikaturen : "Stammt der Mensch vom Affen ab?" Die Vorstellung ließ so manchen erschauern. Als die Frau des Bischoffs von Worcester von den Ideen Darwins hörte, soll sie peinlich berührt und sorgenvoll gen Himmel gefleht haben: "Wenn es wahr ist, dann lasst und beten, dass es nicht allgemein bekannt wird." Ihr Wunsch wurde jedoch nicht erhört.
Darwin führt den unerhört neuen Faktor"„Variation und Selektion" in die Wissenschaft ein und damit auch den Zufall: Das Leben steht für ihn auf den beiden Prinzipien Zufall und Notwendigkeit. Selten zuvor hat sich ein Gedanke wie der Darwins über Mutation und Selektion als so haltbar erwiesen. Nicht einmal Newton mit seiner mechanischen Physik hatte einen solchen Erfolg wie Darwin mit seiner Evolutionstheorie. Der Gedanke ist erfolgreich, aber wird er auch richtig verstanden?
Die Evolutionslehre will Wissenschaft sein, doch führt sie seit Darwin den echten Zufall bei sich und hat ihm einen Platz neben der kausalen Notwendigkeit verschafft. Professor Hattrup – studierte Physik, promovierte in Mathematik und wurde dann Theologe - denkt Darwin konsequent weiter und vertieft den Blick in Darwins Welt mit Zufall und Notwendigkeit als Bausteine der Natur. Der 60-jährige Lehrstuhlinhaber an der Theologischen Fakultät Paderborn meint, Zufall und Notwendigkeit seien als Paar die Anzeichen einer neuen Wirklichkeit. Wie durch Darwins unerhörten Einfall die Freiheit in die Natur einbricht, nimmt sich die Freiheit die Freiheit, in der Natur zu handeln. Zufall sei naturwissenschaftlich dokumentiert – und nicht erst bei Darwin. "Zufall ist nicht ein vermeintliches subjektives Unwissen, das man beiseite schieben kann. Er steckt wirklich in der Natur selbst drin. Das ist theologisch sehr bedeutsam, weil über den Zufall so etwas wie Freiheit in der Natur denkbar wird. Letzten Endes ist die Evolution der Weg Gottes zur Freiheit in der Natur." Heute könne Darwin somit zu Ende gedacht werden, was angesichts dieses irritierenden Paares "Zufall und Notwendigkeit" zu geschehen hat. Wie soll man die Notwendigkeit als Wissensprinzip mit dem Zufall als Nicht-Wissensprinzip vereinbaren? "Es ist möglich", so der Referent. "Die Natur entzieht sich zwar so der Festlegung, doch öffnet sich auf diese Weise der Zugang zu einer anderen Wirklichkeit, zur Freiheit von Gott und Mensch. Natur ist die diejenige Wirklichkeit, die ich ergreifen kann; Gott diejenige Wirklichkeit, der mich ergreift. Wahrheit ist die Fähigkeit, mich und den anderen am Leben zu erhalten; Interesse ist die Schrumpfform der Wahrheit, in der ich nur mich am Leben erhalten will." Die Freiheit Gottes und des Menschen sei dabei direkt nicht anschaubar. Sie zeige sich in der Welt im Schattenspiel von Zufall und Notwendigkeit. In der sich an das Referat anschließenden Diskussion wurden kritische Ansatzpunkte zum Referat vorgetragen und hinterfragt. Hattrup gab dazu weitere Einblicke, blieb bei Darwins Ausführungen und stellte dabei einmal gegenüber einem Fragesteller mit einem Augenzwingern fest: "Tut mir leid, Sie müssen sich noch intensiver mit der Materie beschäftigen."
Den gesanglichen Rahmen in der katholischen Kirche beim ökumenischen Gottesdienst und anschließend im Dietrich-Bonhoeffer-Haus gestaltete der Chor "Nova Cantica" unter Leitung von Achim Runge. (rö)
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Ein Erinnerungsgeschenk überreichte Bürgermeister Rainer Buttstedt an den Referenten.


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