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Nachricht vom 02.03.2017    

Kreis-SPD: Politischer Aschermittwoch der etwas anderen Art

Testosterongeladene Bierzeltstimmung und viel Häme für den politischen Gegner. All das gab es auf dem politischen Aschermittwoch der Kreis-SPD nicht. Stattdessen die Rede einer SPD-Generalsekretärin, die mit Authentizität und Aussagen zu Martin Schulz bei den Genossen punktete – die mit ihrer Partei im Reinen zu sein scheinen.

Die Generalsekretärin der Bundes-SPD Katarina Barley (Mitte) begeisterte auch ohne laute Parolen. Kreisvorsitzender Andreas Hundhausen (links) und Bundestagskandidat Martin Diedenhofen (rechts) scheinen eine Partei im Rücken zu haben, die mit sich im Reinen ist. Foto: ddp

Daaden. Ein voller Saal, gelöste Stimmung – die Umfragewelle, ausgelöst durch die Ausrufung von Martin Schulz zum designierten Kanzlerkandidaten, hat auch das AK-Land erfasst. Die Atmosphäre auf dem politischen Aschermittwoch im Daadener Gasthof Koch mit der Hauptrednerin Bundes-Generalsekretärin Katarina Barley lässt keinen anderen Schluss zu. In Worte fasste dies gleich zu Beginn der Daadener Ortsbürgermeister Walter Strunk, natürlich SPD-Mitglied: Man könne wieder erhobenen Hauptes durch den Ort gehen als Sozialdemokrat, erklärte er. Und der ebenfalls anwesende Bundestagskandidat für den hiesigen Wahlkreis, Martin Diedenhofen, stellte einen Bezug zur aktuellen Lage her. Der 22-jährige Lehramtsstudent aus Erpel griff das Kampagnenmotto seines Namensvettern auf und bezog es auf sich selbst. Es sei Zeit für Gerechtigkeit. Es sei Zeit für Martin 2.0. Diedenhofen begrüßte, dass die SPD soziale Gerechtigkeit in den Mittelpunkt des Wahlkampfs stelle.

Bis hierhin fiel kein böses Wort über die politischen Wettbewerber, kein Seitenhieb oder Ähnliches. Und dabei sollte es auch nahezu bleiben in der Rede von Generalsekretärin Katarina Barley. Sie selbst schreibe sich eher einen ausgleichenden Charakter zu. Die Gäste dürften nicht erwarten, dass sie Seehofer oder Merkel "abwatsche". Stattdessen die Freude über die derzeitige Lage für die SPD: So eine Stimmung wie jetzt habe sie noch nie erlebt. Allein innerhalb der ersten Stunde nachdem bekannt wurde, dass Schulz Kanzlerkandidat werden soll, hätte die Parteizentrale 200 Neubeitritte verzeichnen können. Über 6.500 Menschen hätten seitdem allein online SPD-Mitglied werden wollen – ungefähr so viele wie in einem normalen Halbjahr.

Wieso Schulz so gut bei den Menschen ankommt? Barley zufolge, weil der ehemalige EU-Spitzenpolitiker die Zuhörer zu berühren vermag. Und dies sei auch auf seine Biografie zurückzuführen, die Höhen und Tiefen aufweise. Hinzu komme sein langjähriges politisches Engagement vor Ort. Immerhin war der designierte Kanzlerkandidat lange Bürgermeister in Würselen. Doch ausschließlich führt Barley nicht die derzeitige Umfragesituation auf den Schulz-Hype zurück. Von der Parteizentrale in Auftrag gegebene Erhebungen hätten schon länger auf diesen Trend hingewiesen – und zwar bevor der Noch-Parteichef Sigmar Gabriel öffentlich Schulz als seinen Nachfolger und Kanzlerkandidaten empfohlen hatte.

Und außerdem: Die SPD sei in der Großen Koalition die treibende Kraft gewesen und habe ihre Versprechen eingehalten. Und vor dem Hintergrund des weltweiten Siegeszugs von Populisten verspürten viele Menschen den Drang, sich nun erst recht einzubringen – ganz nach dem Motto: "Wenn wir jetzt nicht den Arsch hochkriegen, dann kann uns das auch passieren." Laut Barley ginge es nämlich jetzt um das "große Ganze". Auch ein Beweggrund, wieso sich unter den Neumitgliedern viele fänden, die schon einmal ein SPD-Parteibuch besessen hätten.

Beispiele für den weltweiten Stimmungsumschwung zugunsten der Populisten? Insbesondere der Brexit, also der Ausstieg Großbritanniens aus der EU. "Ich war erschüttert, wie sich dieses Land verändert hat", sagte Barley, die als Tochter eines Engländers neben dem deutschen auch den britischen Pass hat. Aber auch Entwicklungen in anderen Ländern bereiten der Generalsekretärin Sorgen – insbesondere in den USA, wo Donald Trump mit Appellen an niedere Instinkte der Menschen erfolgreich war. Dabei gelte allerdings, gerade für Deutschland: "Die große Mehrheit tickt anders."



Ein großes Problem hätte Deutschland, wenn die Rechtspopulisten Geert Wilders und Marine Le Pen in den Niederlanden beziehungsweise Frankreich bei den nahenden Wahlen Erfolg hätten. Grundsätzlich fragte Barley rhetorisch: "Wollen wir zulassen, dass Menschen gegeneinandergestellt werden?" Für die SPD stehe das Verbindende statt des Trennenden im Vordergrund. An diesen Grundwerten habe die Sozialdemokratie schon immer festgehalten – die einzige Partei in Deutschland im Übrigen, die noch nie ihren Namen hätte ändern müssen.

Mit Blick auf die bisher bekannten Aussagen zu einem Programm von Martin Schulz stellte Barley fest: Dem Land gehe es zwar gut, insbesondere im Vergleich. Aber die SPD schaue auf jede einzelne Lebenssituation und frage, ob es sozial gerecht zugehe. Deshalb wollten Schulz und die SPD auch die Möglichkeit der sachgrundlosen Befristung von Arbeitsverträgen abschaffen. Arbeitnehmer bräuchten Planungssicherheit, um Familien zu gründen oder den Hausbau in Angriff zu nehmen. Und für Alleinerziehende habe die SPD bereits viel erreicht. Weiter stünden die Sozialdemokraten für eine Aufwertung der Pflegeberufe ein. Außerdem verteidigte Barley die Forderung von Martin Schulz, die Bezugsdauer des Arbeitslosengelds I für ältere Menschen zu verlängern. Daneben warb die SPD-Politikerin dafür, dass gleichgeschlechtliche Paare heiraten dürften. Zudem sei es die Aufgabe der Sozialdemokratie, dass sich Arbeitszeiten nicht ins Unendliche ausdehnten, Stichwort Verfügbarkeit rund um die Uhr.

Während die Konservativen gegen Veränderungen seien, zeigte Barley Sympathie für die Grünen, machte allerdings Unterschiede im Menschenbild aus: "Die erklären uns die Welt." Auf die Linkspartei oder die FDP ging sie konkret gar nicht ein. Wieso? Diese Parteien kümmerten sich nur um einen kleinen Teil der Gesellschaft. Und die AfD? Erzeuge den Eindruck, als könnten Entwicklungen in die 50er Jahre einfach zurückgedreht werden. Gleichwohl liege die Partei mit ihren Problembeschreibungen manchmal nicht falsch. Aber ein genauerer Blick auf die Programmatik scheint zu ernüchtern. So sei die AfD gegen den Mindestlohn (gewesen), für eine Privatisierung der Arbeitslosenversicherung, gegen Rentenerhöhungen oder für eine Liberalisierung des Waffenrechts. Auch wolle die AfD die Erbschaftssteuer abschaffen oder den Spitzensteuersatz senken.

Die Generalsekretärin schloss mit einem Appell: Bei dieser Wahl käme es noch mal ganz anders drauf an als beim letzten Mal. Die Genossen sollten das Haus nicht verlassen, ohne mindestens fünf Mitgliedsanträge dabei zu haben. Es gebe viele Menschen, die sich engagieren wollen und nur darauf warteten, gefragt zu werden. Sie freue sich auf jeden Fall auf den anstehenden Wahlkampf, damit der nächste Bundeskanzler Martin Schulz heißt. Auch Kreisvorsitzender Andreas Hundhausen zeigte sich zuversichtlich aufgrund der bisherigen Rückmeldungen. Und mit Martin Diedenhofen habe man außerdem einen sehr guten Bundestagskandidaten. (ddp)



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