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Nachricht vom 02.12.2009    

Die Innere und die Notarztstandorte nicht aufgeben

Information und Diskussion um die ärztliche und notärztliche Versorgung, und um die beabsichtigte Schließung der Inneren Abteilung inklusive Intensivstation am Wissener Krankenhaus führte auf Einladung der CDU mehr als 500 Peronen ins Kulturwerk Wissen. Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass sich die Verantwortlichen auf Land-, Kreis und kommunaler Ebene für den Erhalt der Inneren mit dem Schwerpunkt Geriatrie einsetzen wollen, einer Zusammenlegung der Notarztstandorte nicht zustimmen werden und sich mit Lösungskonzepten beschäftigen wollen. Auch will man über ein medizinisches Versorgungszentrum nachdenken und Gespräche führen.

Wissen. Im Kulturwerk in Wissen ging es am Dienstagabend, 1. Dezember, um existentielle Fragen der Bevölkerung in der Region, nicht um Unterhaltung. Mehr als 500 Menschen füllten die Halle, und es mussten zusätzliche Stuhlreihen aufgestellt werden. Das Thema hausärztliche und notärztliche Versorgung in der Region sowie die beabsichtigte Schließung der Inneren Abteilung am St. Antonius-Krankenhaus standen zur Diskussion. Eingeladen zur Podiumsdiskussion hatten der CDU-Kreisverband, die CDU-Gemeindeverbände Wissen und Gebhardshain sowie der CDU-Stadtverband. Berno Neuhoff stellte das Podium vor und skizzierte kurz die Situation. Die ärztliche Versorgung in der Mitte des Kreises wird in den kommenden Jahren eine gravierende Veränderung erfahren, da Ärzte in den Ruhestand gehen. Wie soll die ärztliche Versorgung der Menschen in der Region gesichert werden? Was bedeutet die beabsichtigte Schließung der Inneren und der angebundenen Intensivstation am Wissener Krankenhaus für die Bevölkerung? Was heißt es für die Bevölkerung, wenn es nur einen Notarztstandort in Bruchertseifen für Altenkirchen und Wissen gibt?
Die Diskussionsteilnehmer unter der Moderation von Dr. Alfred Beth waren: Dr. Sigrid Ultes-Kaiser, Vizepräsidentin der Kassenärztlichen Vereinigung Rheinland-Pfalz, MdL Dr. Peter Enders, MdL und rheinland-pfälzischer CDU-Generalssekretär Dr. Josef Rosenbauer, Bürgermeister und CDU-Kreistagsfraktions-Vorsitzender Michael Wagener, Dr. Michael Theis, niedergelassener Arzt, Notarzt und Vorsitzender des medizinischen Qualitätsnetzes Hamm-Wissen, Dr. Katrin Salveter, Ärztin und Karl Geßmann, Verwaltungsdirektor des Wissener Krankenhauses.
Zu Beginn stand klar die beabsichtigte Schließung der Inneren mit der Intensivstation auf dem Programm. Beth hatte eingangs daraufhin gewiesen, dass es um Informationen gehe und mahnte eine sachlich-faire Diskussion an. Der Krankenhauszielplan im Land wird fortgeschrieben und sieht eine weitere Reduktion der Bettenzahl von aktuell 3000 im Land vor, führte Rosenbauer aus. Er argumentierte, dass die Innere mit Intensivstation für Wissen unabdingbar sei, allein mit Blick auf die Altenheime im Wisserland. Man dürfe den Träger jetzt nicht mit den entstandenen Problemen alleine lassen, hier seien das Land und auch die Kostenträger gefordert. "Die wirtschaftlichen Probleme sind da, und dass die große Kasse im Land die Ausweisung der Geriatriefachabteilungen im Land verhindert, ist ein weiteres Desaster, darüber müssen wir reden", sagte Rosenbauer. Für Dr. Michael Theis ist es eine Katastrophe, wenn die Intensivstation und die Innere wegfallen. "Wir haben hier die Seniorenheime und sind auf eine ortsnahe Unterbringung der Patienten angewiesen. Man stelle sich vor, dass nach einer Herz-Lungen-Wiederbelebung keine Intensivstation mehr da ist und die Leute durch den halben Kreis gefahren werden müssen", gab er zu bedenken. Unterstützung erhielt Theis von Hausärztin Dr. Katrin Salveter: "Wir haben doch jetzt schon Probleme, unsere älteren Patienten in den Krankenhäusern unterzubringen, häufig genug gibt es nur eine Platz auf dem Flur", kritisierte sie.
Für Wagener kam der Antrag zur Schließung überraschend. "Ich bin zwar über die Probleme informiert worden, so auch, dass nicht mehr genügend Ärzte zu bekommen waren", sagte er. Eine Chance für den Erhalt sieht er im Ausbau und der Anerkennung der Geriatrie. Ein Brief an die zuständige Ministerin in Mainz sei bereits geschrieben.
Verwaltungsdirektor Karl Geßmann nahm ebenfalls Stellung. Wissen ist der älteste Standort der heutigen Gesellschaft der Franziskanerinnen zu Olpe (GFO) und man hänge am diesem Standort. Die neue Entwicklung der Finanzierungen lasse keinen Spielraum mehr, sie sei nicht refinanzierbar. "Wir können nicht genügend Assistenzärzte an den Standort Wissen binden, alle, die hier arbeiten leisten längst mehr als erlaubt", sagte Geßmann. Man brauche in Wissen rund zwei Drittel mehr Patienten, und die voll pauschalierten Entgeltsysteme führten letztlich zum wirtschaftlichen Problem am St. Antonius. "Wir arbeiten mit einer Unterfinanzierung von rund 800.000 Euro pro Jahr", so Geßmann. Er sei seid rund 30 Jahren im Geschäft, aber wenn sich ein Bundesland wie Rheinland-Pfalz eine Krankenkasse leiste, die vor jede Schiedsstelle und vor jedes Gericht ziehe, bevor ein Euro fließe, gebe es irgendwann keine Diskussionen mehr. Während bis zu diesem Zeitpunkt alle nur von einer großen Kasse redeten, nannte die Vertreterin der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) das Kind beim Namen. "Die AOK muss aus unserer Sicht ihr Verhalten ändern, so ist das alles nicht länger hinnehmbar", sagte Dr. Ultes-Kaiser. Sie wollte von Geßman wissen, wie die Zukunft am Standort Wissen aussehe. "Wir haben versucht die Geriatrie aufzubauen, trotz Gerichte und der vielen Verfahren, es gab keine Abschlüsse mit der Kasse. Außerdem finden wir zurzeit deutschlandweit keinen Facharzt", antwortete Geßmann.



Notarztversorgung im AK-Land – Keine Zusammenlegung
Im Kreis gibt es drei Krankenhäuser und somit noch drei Notarztstandorte. Daran soll sich nach dem Willen der CDU und auch der Verantwortlichen beim DRK-Kreisverband nichts ändern. Es hat funktioniert, die Abmeldungen der Notärzte nahm in den letzten Monaten allerdings chaotische Formen an. Einer Zusammenlegung der Standorte Altenkirchen und Wissen werde man nicht zustimmen, führte Enders aus. Das Problem sei die schlechte Bezahlung der diensttuenden Notärzte. Als oberste Behörde sei das Innenministerium zuständig und man werde den Minister nicht aus der Verantwortung entlassen. Bei der Notarztversorgung drehe es sich wie überall um Geld. Da sehe es finster im Westerwald und an der Sieg aus, denn die Nachbarländer zahlten ihren Notärzten deutlich mehr. So bekomme ein Notarzt im nahen Rhein-Sieg Kreis rund 30 Euro brutto pro Stunde, im AK-Land maximal 18 Euro brutto.
In der Diskussion wurde dies deutlich, auch dass ein Notarzt nicht dienstverpflichtet werden kann und dass es für ein Krankenhaus ein freiwillige Leistung ist, einen Notarzt bereit zu stellen. Beth wollte wissen, wie ein Lösungsweg zur Notarztversorgung im AK-Land aussehen könnte. Da gab es wenig Konkretes, außer der Forderung, mehr Geld in das System zu pumpen.
Wagener stellte kurz die geplante Neuordnung der Notarztstandorte vor, für die die Kreisverwaltung Montabaur zuständig ist. Den geplanten Standort Bruchertseifen werde man nicht akzeptieren, auch nicht auf Kreisebene, erklärte Wagener. Theis forderte Lösungen. Man müsse mehr Geld in dieses System bringen und auch neue Ideen.
In der sich anschließenden Diskussion meldeten sich Reiner Hecker und Sohn Norman vom Deutschen Institut für Katastrophen- und Notfallmedizin aus Tübingen zu Wort. Norman Hecker, Projektleiter Notfallmedizin an dem renommierten Institut und Notarzt mit Wissener Erfahrung (er war 2007 in Wissen im Dienst), schilderte dem Plenum und dem Publikum die bislang erfolglosen Versuche, mit dem Konzept Notarztversorgung gehört zu werden. "„Es gibt Lösungen für die Notarztstandorte, wir bieten unsere Hilfe an, sind aber bislang über ein 5-Minuten-Gespräch mit dem DRK-Landesverband nicht weitergekommen", sagte Hecker. Er erhielt die spontane Zusage von Wagener, dass man zusammen mit Konzept und Lösungsvorschlägen zur zuständigen Stelle der Kreisverwaltung nach Montabaur fahren wird.

Die ärztliche Versorgung in der Region
"In den nächsten 5 bis 7 Jahren werden sechs Kollegen in den Ruhestand gehen, wie soll es mit der ärztlichen Versorgung weitergehen", fragte Dr. Salveter. Sie erklärte das komplizierte Prozedere der Nachfolgeregelungen und brachte das Thema Medizinische Versorgungszentren (MVZ) in die Diskussion. Der Ärztemangel sei vorhanden und die Studienbedingungen seien da auch wenig hilfreich. Der sogenannte Masterplan für die ärztliche Versorgung stehe nur auf dem Papier.
Die KV-Vertreterin machte deutlich, dass man junge Ärzte nicht zwingen könne, einen Standort anzunehmen. "Der Arztberuf war einmal ein freier Beruf, heute ist er nur noch reglementiert und schlecht bezahlt. Es gibt beim Wirrwar der Gesundheitsreformen keine Planungssicherheit für junge Ärzte", sagte Ultes-Kaiser. Sie erhielt Zustimmung von Theis. Der forderte finanzielle Anreize für Ärzte nach dem Modell, das in NRW jungen Ärzten Starthilfe in Höhe von 50.000 Euro gewährt.
Es gab eine anschließende Diskussion zu den drei Themen, die sowohl Sorgen und Nöte aufzeigte, aber auch die Bereitschaft, für die Daseinsvorsorge im ländlichen Raum einzutreten. Berno Neuhoff fasste im Schlusswort die zentralen Forderungen zusammen, die sich an diesem Abend abgezeichnet hatten.
So sollen sich möglichst alle politischen Parteien gemeinsam um die Problematik der ärztlichen Versorgung kümmern und gemeinsam handeln. Die stationäre Versorgung betreffe nicht nur Wissen, sondern auch die Chirurgie in Altenkirchen. Die Chance, die Innere mit dem Schwerpunkt Geriatrie in Wissen zu erhalten, müsse verfolgt werden. Zum Thema Notarztstandort sollen Gespräche in Montabaur und anschließend in Mainz stattfinden. "Wir sollten alle das Thema ärztliche Versorgung und Praxisnachfolge ernst nehmen und vielleicht über ein Modellprojekt nachdenken, um neue Hausärzte in die Region zu holen. Wir müssen auch über ein MVZ nachdenken", so Neuhoff. (hw)
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Berno Neuhoff begrüßte rund 500 Gäste zur Veranstaltung im Kulturwerk in Wissen, die zum Thema ärztliche Versorgung, Notarztsituation und Schließung der Inneren informiert werden wollten. Fotos: Helga Wienand


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