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Pressemitteilung vom 12.09.2022
Kultur
Wie zu Beginn des Jahrtausends: Ein literarisches Wochenende in Wissen
Was macht man, wenn man für eine Lesung einen Autor einlädt, der einzige freie Termin aber bereits mit einer Lesung belegt ist? Ganz einfach: Man macht aus einer Lesung am Abend ein Literaturwochenende und bringt somit an einem Tag beide Lesungen unter. Sehr zur Freude des Publikums.
Hanns-Josef Ortheil und Andrej Kurkow. (Fotos: Frank Bauer und Pako Mera Opale Bridgeman Images)Wissen. Was soll man machen, wenn für die Einladung des meistgelesenen ukrainischen Autors Andrej Kurkow nach Wissen aufgrund der großen Nachfrage nur ein einziger Termin zur Verfügung steht: 16. Oktober? Der Termin aber war seit Monaten für Hanns-Josef Ortheil mit seinem neuen Buch reserviert, vielfach veröffentlicht und auf seinem Blog bekanntgegeben. Da bleibt der Inhaberin des "buchladens" doch nur die Möglichkeit, bedauernd abzusagen, was sie auch tat.

Als Hanns-Josef Ortheil davon erfuhr, überraschte er Maria Bastian-Erll mit einer Idee, die seine früheren Aktivitäten als Gründer der Westerwälder Literaturtage wieder aufleben lässt: Wie wäre es mit einem Literaturwochenende in Wissen, wie in alten Zeiten? In den Jahren 2001 bis 2010 hatte der Schriftsteller zu literarischen Wochenenden und zu Sonntagsmatineen zahlreiche Autoren eingeladen, darunter berühmte wie Pascal Mercier und vielversprechende - damals noch unbekannte - wie Mariana Leky.

Kurzerhand verlegte Ortheil seine Lesung auf den späten Vormittag und gab den frühen Abend für Kurkow frei. Als besonderen Bonus wird es am Samstagabend die Möglichkeit eines Herbstgesprächs in der "SALA Ortheil" in der Mittelstraße geben. Hierfür ist eine Anmeldung ausschließlich über seinen Blog erforderlich. Für die beiden Lesungen am Sonntag gibt es ein verbilligtes Kombiticket, das von Lesern des Blogs schon fleißig genutzt wurde. Sie nehmen teilweise weite Anreisen in Kauf und übernachten in Wissen oder Hamm, um das Literaturwochenende auskosten zu können.

Hanns-Josef Ortheil wird am 16. Oktober um 11 Uhr sein neues Buch vorstellen: "Charaktere in meiner Nähe". Es enthält 50 literarischen Miniaturen und kurze Erzählungen, in denen Hanns-Josef Ortheil eine Reise an die Quelle seiner literarischen Arbeit unternimmt: die Kunst der genauen Beobachtung und Wahrnehmung. Als Pate dient ihm der Aristoteles-Schüler Theophrast. Der wurde mit seinem kleinen Büchlein Charaktere, 319 vor Christus entstanden, zu einem bis heute gelesenen Meister der Porträtkunst.

Wie Theophrast registriert Ortheil in seinem Umfeld typisch menschliche Eigenwilligkeiten. Mit feinem Humor und Lust an der Präzision formt er daraus Figuren, die dem Leser verblüffend vertraut scheinen: Kennt nicht jeder einen Enthusiasten, der sich in einen Rausch schwärmt - oder eine notorische Aber-Sagerin, mit der eine Diskussionen kein Ende findet? Den Sport-Fetischisten, der notfalls gegen sich selbst antritt - oder die Promovendin, die jede Kleinigkeit in alle denkbaren Teile zerlegen muss?

Im Laufe des Buchs erweitert Ortheil die Porträt-Miniaturen zu eigenständigen kleinen Geschichten: Seine Charaktere spielen mit in jener großen Comédie humaine, die zwischen Leben und Literatur nicht unterscheidet.

Andrej Kurkow, der in St. Petersburg geboren ist und bis zu Kriegsbeginn in der Nähe von Kiew lebte (danach in der Westukraine) hat nach zahlreichen aktuellen Romanen in diesem Sommer einen historischen Kriminalroman veröffentlicht, der in Kiew 1919 spielt: "Samson und Nadjeschda". In den Wirren nach der Russischen Revolution stößt der junge Samson, gerade zur Vollwaise geworden, beinahe durch Zufall zur neuen sowjetischen Polizei. Sein erster Fall ist gleich äußerst mysteriös: Ein abgeschnittenes Ohr, ein Knochen aus reinem Silber und ein Anzug aus feinem englischem Tuch geben ihm Rätsel auf. Doch die Zeiten sind gefährlich und halten jeden Tag neue Überraschungen bereit. Zum Glück lernt Samson die patente Nadjeschda kennen, die ihm bei den Ermittlungen hilft und an die er schon bald sein Herz verliert.

Begleitet wird Andrej Kurkow vom Moderator Bernhard Robben, der auch in diesem Roman zahlreiche aktuelle Bezüge entdecken wird. Eine Übersetzung des Gesprächs wird nicht notwendig sein: Kurkow spricht fließend Deutsch und liest die ausgewählten Passagen selbst.

Lesungen mit Hanns-Josef Ortheil um 11 Uhr und mit Andrej Kurkow um 17 Uhr im Kulturwerk Wissen: Jeweils 15 Euro. Vorverkauf über alle Reservix- und TR-Vorverkaufsstellen, Ticketshops unter kulturwerkwissen.de oder ticket-regional.de.
Beide Lesungen zusammen 24 Euro (nur bei TR). Info- und Kartentelefon: 02742 1874 (buchladen Wissen). (PM)
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