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Nachricht vom 28.03.2021    

Steuer auf E-Liquids: Unverhältnismäßig oder angemessen?

Die Steuer auf E-Liquids ist seit Ende März 2021 beschlossene Sache. Bundesfinanzminister Olaf Scholz sieht in der Rauchalternative zu Tabak eine Quelle für mehr Steuereinnahmen. Erhitzer und E-Dampf wird zukünftig stärker besteuert werden als klassische Tabakprodukte. Ist die Festsetzung der neuen Steuer angemessen oder unverhältnismäßig hoch?

Werden in Deutschland bald viele Raucher von E-Liquids auf Tabak umsteigen? Fotoquelle: pixabay.com © Free-Photos (CC0 Creative Commons)

Tabaksteuern sind Bundessteuern und das bedeutet, dass die Verbandsgemeinde Altenkirchen-Flammersfeld selbst nichts davon hat. Stattdessen fließt das Geld in die Bundeskasse. Die Tabaksteuer ist die Steuer, die in den letzten 20 Jahren am häufigsten nach oben angepasst wurde. Sie wird automatisch erhoben, wenn ein Tabakwarenprodukt verkauft wird. Der Staat hat unterschiedliche Steuersätze je nach Rauchware festgesetzt. So unterscheidet sich die Steuer von Zigaretten, Zigarren und Zigarillos sowie von Feinschnitt und Pfeifentabak. Rund 75 % des Verkaufspreises einer Schachtel Zigaretten und anderer Rauchwaren gehen an den Staat, was im Schnitt rund 14 Milliarden € Steuereinnahmen jährlich bedeutet. Eine Ausnahme in Punkto Besteuerung stellen Schnupftabak und Kautabak dar, hier wird seit 1993 keine Tabaksteuer mehr erhoben. Auch für E-Zigaretten bzw. E-Liquid werden bis Ende 2022 keine Steuern erhoben.

Warum sind E-Liquids so beliebt?
Verbraucher genießen je nach gewähltem Produkt ein Liquid ein Aroma tropischer Früchte, klassisches Vanille oder den süßlichen Geschmack von Eisbonbons. Gerade süßliche und fruchtige Geschmacksrichtungen sind beliebt. So finden beispielsweise Wassermelone, Mango-Himbeere oder Lemmon Ice viele Abnehmer. Doch auch Tabak-, Minz- und Kaffeearomen werden häufig verkauft. Aufgrund der großen Bandbreite der Aromen finden E-Liquids bei vielen Konsumenten Anklang. Außerdem lassen sich E-Zigaretten unkompliziert transportieren und nutzen. Es entsteht wenig Abfall, die Umwelt wird im Vergleich zu Zigaretten erheblich weniger belastet und auch die gesundheitlichen Auswirkungen sind nach aktuellen Erkenntnissen weniger kritisch zu sehen.

Der Staat will profitieren
In Anbetracht der Tatsache, dass sich das Konsumverhalten weg vom klassischen Tabak und hin zum Konsum der weniger gesundheitsschädlichen E-Liquid verlagert, liegt auf der Hand, dass die Ausweitung der Steuern einzig den Hintergrund hat, die Staatseinnahmen zu maximieren. Konträr dazu präsentiert sich der Umstand, dass es im Grunde ein positives Zeichen ist, dass Verbraucher die eindeutig gesundheitsgefährdenden Tabakprodukte wie Zigaretten und Zigarillos mehr und mehr meiden. Weniger Tabakkonsum bedeutet weniger Menschen, die sich mit Blei, Arsen, Kadmium, Kupfer und Benzol vergiften und das Gesundheitssystem mit Kosten belasten, die bei der Behandlung chronischer Bronchitis, Herz-Kreislauf- und Krebserkrankungen entstehen. Zigarettenstummel werden im Übrigen als so giftig angesehen, dass es inzwischen Geldstrafen gibt, wenn sie einfach in die Umwelt geworfen werden. E-Liquids erscheinen vor diesem Hintergrund deutlich unbedenklicher.

Das Statement des Bundesfinanzministeriums (BMF)
Welche Auswirkungen sind von einer Steuer auf E-Liquids zu erwarten? Um diese Frage zu beantworten, müssen die Details der Steuererhöhung näher beleuchtet werden. Auf der Website des BMF ist zur Anpassung der Tabaksteuer wörtlich zu lesen:

„Die steuerliche Anpassung des bestehenden Gefährdungspotenzials nikotinhaltiger Produkte und Substanzen ist auch aus Gründen des Gesundheit- und Jugendschutzes geboten. Nach Ansicht des Bundesinstituts für Risikobewertung ist es auch durch den Gebrauch von nikotinhaltigen Liquids in E-Zigaretten möglich, eine Sucht zu entwickeln. Stark nikotinhaltige Liquids in Kombination mit Fruchtaromen stellen insbesondere für Heranwachsende eine besondere Sucht- und Gesundheitsgefährdung dar.“

Natürlich ist nachvollziehbar, dass aus Jugendschutzgründen Minderjähriger vor dem Konsum von E-Zigaretten bewahrt werden sollen. Doch eine aktuelle Studie unterstützt diese Erklärung nicht, sondern widerlegt sie. Es handelt sich dabei um die Studie „Nutzung von Tabak und E-Zigaretten sowie Methoden zur Tabakentwöhnung in Deutschland (DEBRA-Studie), die das Bundesministerium für Gesundheit selbst in Auftrag gegeben hat. Weniger als 2 % der Minderjährigen, die unter den Jugendschutz fallen, greifen zu E-Zigaretten, Tendenz fallend. Und nur 0,3 Prozent der „Niemalsraucher“ greifen zu E-Liquids. Als Einstieg in den Tabakkonsum dienen E-Liquids ebenfalls nur in sehr begrenztem Maße. Rund 8 Prozent der Tabakraucher haben vorher E-Zigaretten geraucht. Die meisten greifen ohne Umwege sofort zu Tabak. Das bedeutet unterm Strich, dass die Begründung des Jugendschutzes zur Steuererhöhung nicht stichhaltig ist. Der Staat verspricht sich sehr wahrscheinlich ganz einfach höhere Steuereinnahmen.

Tabaksteuermodernisierungsgesetz: Das steht drin
Beschlossen wurde das Tabaksteuermodernisierungsgesetz am 24.03.2021 durch das Bundeskabinett. Dort wird folgendes festgesetzt:

• Zwischen 2022 und 2026 steigt die Belastung für eine Packung Zigaretten (Inhalt 20 Stück) um acht Cent jährlich. Wer losen Tabak als Feinschnitt (40 g) kauft, muss mit einem Anstieg zwischen 13 und 16 Cent pro Jahr rechnen. Auch die Besteuerung von Zigarren und Zigarillos sowie Pfeifentabak wird angepasst.
• Heat-not-Burn-Produkte und nikotinhaltige Liquids werden ebenfalls ab dem 01.01.2022 besteuert. Heat-not-Burn-Produkte werden steuerlich mit Zigaretten gleichgesetzt.
• Nikotinhaltige Liquids werden ab Juli 2022 zunächst mit zwei Cent pro Milligramm Nikotin besteuert. Der Steuertarif wird über zwei Jahre um weitere 2 Cent auf insgesamt 4 Cent pro Milligramm Nikotin erhöht. Das klingt zwar wenig, ist aber faktisch sehr viel.
Das bedeutet die Steuererhöhung in Euro und Cent für Konsumenten
Auf eine übliche 10-Milliliter Flasche mit einem Nikotingehalt von 20 mg/Milliliter werden somit ab Juli 2022 zusätzlich 4 € Steuern erhoben.
• Eine Flasche, die bislang ohne Steuer zu 4 € verkauft wurde, kostet somit 8 € zuzüglich Umsatzsteuer, was bei einem Steuersatz von 19 % einen Verkaufspreis von 9,52 € ergibt.
• Die Anhebung auf 4 Cent bis 2024 bedeutet, dass die Steuer dann pro Flasche 8 € zusätzlich zum Warenwert von 4 € beträgt. Das ergibt zusammen 12 € netto zzgl. 19 % Umsatzsteuer und somit einen Verkaufspreis von 14,28 €.

Für Verbraucher bedeutet die neue Steuer eine Preissteigerung von 357 Prozent oder anders ausgedrückt: Der Verkaufspreis für Liquids, die heute für 4 € zu haben sind, wird schrittweise auf das Dreieinhalbfache angehoben. Liquids die ohne Steuerlast um die 5 € kosten, verteuern sich damit auf 15,47 €, was mehr als das Dreifache ist.

Eine Schachtel Zigaretten (20 Stück) kostet nach Anpassung der Steuerlast gemäß Tabakmodernisierungsgesetz lediglich 7,40 €. Damit wird der Konsum von Liquids wesentlich härter besteuert als der Konsum von Tabakwaren.

Voraussichtliche Folgen der beschlossenen Steuererhöhung
Die Steuer auf E-Liquids ist eine Luxussteuer. Ein Blick über die Grenze nach Italien zeigt, welche Folgen das mit großer Wahrscheinlichkeit nach sich zieht. Dort wurde 2014 eine vergleichbare Steuer erhoben. Konsumenten wechselten in der Folge von der weniger gesundheitsbedenklichen E-Zigarette zu dem erheblich schädlicheren Konsum von Tabak. In Italien sank die Zahl der E-Zigarettenkonsumenten schlagartig um 70 % und Dreiviertel der Fachhandelsgeschäfte mussten schließen. Parallel dazu entwickelte sich ein florierender Schwarzmarkthandel und die Umsätze mit herkömmlichen Tabakwaren zogen an. Vier Jahre später senkte die italienische Regierung die Steuer wieder um 90 %, um diesen unerwünschten Effekt zu bremsen. Italien ist nicht das einzige Land, das einen Vorstoß wie diesen gewagt hat. Gleiches ist auch in Estland und Ungarn zu sehen.

Bezogen auf Deutschland ist zu erwarten, dass die Nachfrager komplett einbricht und die Branche damit keine Perspektive mehr hat. Neben den ausbleibenden und vom Staat wahrscheinlich erhofften Zusatzeinnahmen dürften stattdessen Tausende Geschäfte ihre Pforten schließen und damit auch Tausende Arbeitsplätze vernichtet werden. Es bleibt abzuwarten, was mit den Shops in Altenkirchen oder Wissen in den nächsten zwei Jahren geschieht. Daran können auch Unbeteiligte die Auswirkungen des beschlossenen Tabakmodernisierungsgesetztes erkennen. Möglich, dass ein Run kurz zum Jahresende 2021 erfolgt oder, dass Konsumenten sich ihre e-liquids lieber selbst mischen, um Kosten zu sparen.

Die steigenden Kosten für das Gesundheitssystem, das die Folgen des steigenden Tabakkonsums therapieren und bezahlen muss, werden vermutlich in die Millionen gehen. (prm)

Agentur Autor:
Moritz Heymer



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