Freud und Leid des Singlelebens
60 Prozent der Menschen in Deutschland leben in Partnerschaften. Rund 22 Millionen Menschen waren im Jahr 2020 Single. Damit lebt ein nicht unerheblicher Teil der Bevölkerung ohne festen Partner. Und die Gruppe der Singles wird dabei nicht einmal von besonders jungen Menschen dominiert. Darüber hinaus sind Singles längst kein Großstadtphänomen mehr. Auch in kleineren Städten wie Altenkirchen leben immer mehr Menschen allein. Doch bedeutet allein zu leben auch unglücklicher zu sein oder hat das Singleleben auch seine guten Seiten?
Vorurteile und Klischees gegenüber Menschen, die alleine leben, halten sich hartnäckig. Ihnen werden Bindungsängste unterstellt und es wird davon ausgegangen, dass sie sich einsam fühlen. Und ab einem bestimmten Alter kommen dann die lästigen Fragen aus dem Familien- und Freundeskreis, wann denn endlich die oder der Richtige kommt.
Dabei ist es unter anderem ein großer Luxus, dass wir unser Leben unabhängig und frei gestalten können und uns bei der Partnersuche Zeit lassen dürfen. Noch vor gar nicht allzu vielen Jahrzehnten war es für Frauen kaum möglich, unabhängig von einem Mann ein erfülltes Leben zu bestreiten. Und ewige Junggesellen wurden belächelt.
Heutzutage bieten sich Alleinstehenden zudem durch Singlebörsen ganz neue Möglichkeiten, sich zu vernetzen und über kurz oder lang den Deckel zum Topf zu finden. Warum sollte man also etwas übers Knie brechen?
Und dass Singles sich einsam fühlen und unglücklich mit ihrer Lebenssituation sind, ist vor allem eins: ein Klischee.
Singles – Zusammen weniger allein
Tatsächlich gibt es sogar eine Untersuchung der US-Psychologin Bella DePaulo, die darauf hinweist, dass ein Großteil der Singles sich ganz und gar nicht einsam fühlt und dass viele Alleinstehende sogar mehr intensive Kontakte pflegen als verheiratete Paare. Denn in vielen Fällen haben Singles ein engeres Verhältnis zu ihren Eltern, Geschwistern und Freunden und halten mehr Kontakt zu Nachbarn und Kollegen als verheiratete Menschen.
Die Vorteile des Alleinseins werden häufig übersehen. Dabei liegen sie auf der Hand. Singles können beispielsweise häufiger Entscheidungen unabhängig treffen. Vielleicht ist das der Grund, aus dem viele Singles einen besseren Job haben als Menschen mit Partner oder Familie.
Doch bei allen Vorzügen hat das Singleleben auch seine Schattenseiten. Nicht umsonst gibt es viele Menschen, die auf der Suche nach einem festen Partner sind. Eine Partnerschaft hat positive Auswirkungen auf Wohlbefinden und Lebenszufriedenheit. Gemeinsam auch schlechte Zeiten durchzustehen und sich auf einen Partner verlassen zu können, stärkt das Selbstvertrauen.
Darüber hinaus sind Menschen in einer Partnerschaft stetig dazu veranlasst, sich selbst zu reflektieren. Denn ihr Verhalten spiegelt sich in der Reaktion des Partners. Daher haben Menschen in einer Partnerschaft die Gelegenheit ihre Emotionen und sich selbst besser kennenzulernen und so leichter zu sich zu finden. Und wer in einer langen Beziehung lebt, lernt eine weitere Voraussetzung, die auch für alle anderen Beziehungen im Leben von Bedeutung ist: Kompromissfähigkeit.
Übrigens: Im globalen Durchschnitt, über alle Altersklassen hinweg, hält eine Beziehung gerade einmal vier bis fünf Jahre.
Das sagt die Statistik
Sowohl das Singleleben als auch das Leben in einer festen Partnerschaft hat seine Vor- und Nachteile. Ob und wie jemand in seiner Lebensform glücklich wird, ist individuell verschieden. Doch was sagt eigentlich die Statistik zu Glück und Unglück im Singleleben?
In Deutschland zumindest sind Menschen in Partnerschaften die Glücklicheren. Eine bevölkerungsrepräsentative Umfrage einer Partnerbörse in Zusammenarbeit mit Statista förderte dieses Ergebnis zutage. Zwei Drittel der befragten Menschen in Partnerschaften gaben an, glücklich in ihrer Beziehung zu sein. Hingegen sagten nur elf Prozent der Singles, dass sie froh seine, solo durchs Leben zu gehen.
Singles im Alter
Ein Grund dafür, dass es immer mehr Menschen gibt, die allein leben, ist der demografische Wandel in Deutschland. Dank des medizinischen Fortschritts werden die Menschen immer älter. Auf immer mehr Ältere kommen immer weniger Junge. Und die aktuelle Generation der Rentner gehört bereits zu denen, die nicht unbedingt mit einem Partner gemeinsam alt wurden. Alternative Lebensmodelle zur klassischen Familie, Trennung und Scheidung in jüngeren Jahren, führen dazu, dass rund 34 Prozent der Alleinstehenden älter als 64 Jahre sind. Zudem liegt die statistische Lebenserwartung von Frauen höher als die von Männern. Auch bei verheirateten Paaren bleibt über kurz oder lang ein Partner alleine zurück. Wenn dann auch noch die Familie weit weg wohnt und die Freunde weniger werden, dann kann es zu echter Einsamkeit kommen.
Doch auch im Alter ist es möglich und wichtig, neue Kontakte zu knüpfen. Wer sich in der Onlinewelt auskennt, hat hier einen klaren Vorteil und kann sich Kurse und Veranstaltungen nach seinen Interessen heraussuchen und auf diese Weise Menschen mit ähnlichen Interessen kennenlernen. Auch gemeinnützige Angebote bieten Menschen im Alter eine Anlaufstelle. Über ehrenamtliches Engagement lässt sich Gutes tun mit Menschen kennenlernen verbinden. Und wer nicht gern alleine lebt, findet unter Umständen in einem Mehrgenerationenhaus eine Alternative. (prm)
Agentur Autorin:
Leonie Weber