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Nachricht vom 30.03.2021
Kultur
Corona-Pandemie sorgt für Totenstille im Haus Felsenkeller
Die Bildung im allgemeinen hat in diesen, von Corona mit Beschlag belegten Monaten einen ganz, ganz schweren Stand. Schulen sind so gut wie komplett geschlossen, weitestgehend sind es auch Kindertagesstätten. Das Haus Felsenkeller in Altenkirchen ächzt gewaltig unter dem Diktat des Virus, das jegliches Angebot bereits im Keim erstickt.
Das Haus Felsenkeller ist schon viele, viele Jahrzehnte ein Wahrzeichen der Kreisstadt Altenkirchen und thront auf einer Anhöhe über den Eisweihern im Wiesental. (Foto: privat)Altenkirchen. Es ist ruhig an diesem Vormittag auf einer Anhöhe über Altenkirchens Eisweihern im Wiesental, die dank ruhiger Wasseroberfläche den azurblauen Himmel spiegeln. Im majestätisch über der Szenerie thronenden Haus Felsenkeller herrscht kein Lärm. Dort, wo sich sonst viele (jugendliche) Menschen begegnen, Kurse besuchen, Workshops absolvieren, Nächte verbringen, gemeinsam speisen, ist die Stille schon lange der dominierende Faktor. "Das Tagungshaus ist seit März 2020 geschlossen", berichtet Bildungsreferent Ingo Nachtigall mit einem leichten Schulterzucken. Abseits von Corona zählt das sozio-kulturelle Zentrum des Vereins "anders lernen" im Jahr eigentlich mehr als 1000 Schlaf-Gäste, die beispielsweise für die Arbeit in den verschiedenen Sparten des bundesdeutschen Freiwilligendienstsystems an Seminaren teilnehmen. "Übernachtungen und Lehrgänge sind halt ein großer und wichtiger Part der Haushaltseinnahmen", verdeutlicht er. Um die finanzielle Lage sei es logischerweise nicht zum Besten bestellt. Dennoch macht Nachtigall nicht in Panik. "Wir sind in keiner akuten Notlage, ich bin immer noch zuversichtlich."

Zuschüsse reichen nicht aus
Unterstützende Zuschüsse aus einer ersten Runde sind gezahlt worden, "die aus der zweiten beantragt", ergänzt Nachtigall und schränkt gleichzeitig ein: "Sie decken aber in keinster Weise den Einnahmeausfall, zumal Steuern bezahlt und die Tilgungen für die Kredite in voller Höhe geleistet werden müssen. Unter anderem fallen darunter Ausgaben für die getätigte Brandschutzertüchtigung, die ohne Fremdmittel gar nicht zu bewerkstelligen gewesen wäre. "Für die Fortzahlung der Gehälter gebe es keine Fördermittel, lediglich für Investitionen in die Infrastruktur von Häusern dieser Prägung. Seit November des vergangenen Jahres sind Präsenzkurse wie die gern genommenen Thai-Chi- oder Yoga-Unterweisungen tabu, weil Hygiene- und Abstandsregeln "das große Problem sind". Über die weltweite Datenautobahn wird das eine oder andere Angebot hin und wieder gemacht. "Bei Online-Kursen sehen wir, dass es auch Teilnehmer gibt, die nicht aus der Region kommen", berichtet Nachtigall. Beispiele fürs Ausweichen ins Netz sind die "Eselsschule" (Kommunikation mit Tieren), gelegentlich auch Yoga oder die Supervision für Pädagogen, in Vorbereitung Achtsamkeitsübungen oder Malkurse. Sind es bei Treffen vor Ort bisweilen bis zu 25 Teilnehmer, reduziert sich die Zahl vor den Bildschirmen auf maximal zehn, was natürlich weitere Mindereinnahmen gegenüber dem Normalbetrieb bedeutet.

Mitarbeiter sind in Kurzarbeit
Auch die Handvoll Mitarbeiter, die alle Teilzeitjobs "bei so gut wie keiner Hierarchie" haben, spüren die Krise. Kurzarbeit ist angesagt. Dennoch lobt Nachtigall den Zusammenhalt: "Wir sind ein Team, und jeder packt mit an, wo es erforderlich ist." Aktuell ist er bei dieser reduzierten Form der Betätigung außen vor. Zurzeit werden die Weichen für das Programm im zweiten Halbjahr (1. Juli bis 31. Dezember) gestellt. "Es liegen schon zahlreiche Anfragen von Interessenten vor, Referenten warten nur auf unser Zeichen und einen Termin, wann sie loslegen können, aber...", ist Nachtigall, der seit 2017 im Felsenkeller beschäftigt ist, genauso wie der Rest der Welt unsicher, wann die Pandemie endlich zu den Akten gelegt werden kann. Wenn es denn wirklich wieder (uneingeschränkte) Phasen der offenen Türen gibt, kann die Maschinerie mit einer Vorlaufzeit von drei bis vier Tagen komplett hochgefahren werden.

Programmheft in der Vorbereitung
Trotz immenser Unsicherheit wird es natürlich wieder eine detaillierte Aufstellung des vielfältigen Angebots für die zweite Hälfte 2021 geben, obwohl das für die ersten sechs Monate des Jahres in großer Stückzahl noch im Keller vor sich hin dümpelt und wertlos geworden ist. Nach eigenen Angaben hat Nachtigall nur wenige Exemplare überhaupt unters Volk gebracht. 4000 Stück wird die neue Auflage wiederum umfassen, "die Kosten werden fast durch die Einnahmen aus den Anzeigenverkäufen gedeckt", erklärt er, "wir verteilen sie in einem Radius von 20 Kilometern um Altenkirchen herum." Was wäre der Felsenkeller ohne sein Vollwert-Restaurant "Na endlich"? Nur die Hälfte wert, wissen viele Stammgäste, die derzeit ebenfalls in die Röhre gucken müssen. "Wenig bis kein Umsatz", beschreibt Nachtigall die geschäftliche Situation. Ein zunächst angebotener Lieferdienst habe sich dank der weiten Strecken als zu teuer erwiesen. Auch bei der Variante, die Speisen abzuholen, bleiben die Umsätze hinter den gewohnten Größen zurück. Derzeit wird lediglich von Freitag bis Sonntag die Möglichkeit der Bestellung und der anschließenden Mitnahme offeriert.

Ein Wahrzeichen der Kreisstadt
Der große Komplex, von dem ein toller Teilblick auf Altenkirchen möglich ist, gilt schon lange als ein Wahrzeichen der Kreisstadt - besonders für Spaziergänger, die im Waldgebiet "Auf dem Dorn" unterwegs sind. Bis ins Jahr 1854 lässt sich die Geschichte des Standortes zurückverfolgen. In jenem Jahr wurde einem Bierbrauer der Stadt der Bau eines Felsenkellers bewilligt. Das Eis zur Kühlung lieferte der nahe gelegene Weiher. Ende des 19. Jahrhunderts erfolgte die Errichtung einer Gartenwirtschaft, die ein wenig später in ein Kurhotel mit großer Liegehalle und 700 Quadratmetern Nutzfläche umgewandelt wurde. Im Laufe der Jahrzehnte diente das Haus diversen Zwecken: als Lazarett, als Kindererholungsheim, als Wäscherei und als Arztpraxis. 1984/85 begann mit einer Messe (an der ersten "Projekta" nahmen 40 Aussteller teil, 2000 Besucher wurden gezählt) nach und nach die Entwicklung zum heutigen sozio-kulturellen Zentrum, das überregionale und regionale Fort- und Weiterbildungen offeriert, ein Tagungshaus mit Gruppenräumen und Übernachtungsmöglichkeiten sowie das Vollwertrestaurant "Na endlich" bietet. Das Kultur-/Jugendkulturbüro Haus Felsenkeller ist aus dem Verein sozio-kulturelles Zentrum Haus Felsenkeller hervorgegangen und versteht sich als Anbieter für die (jugend)kulturellen und kulturpädagogischen Inhalte. (vh)
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