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Nachricht vom 13.06.2021
Kultur
Buchtipp: Verfolgung und Widerstand in Rheinland-Pfalz 1933 - 1945
Die Landeszentrale für politische Bildung gibt den Gedenkband heraus, mit Gruß- und Vorworten von Ministerpräsidentin Malu Dreyer und Professor Konrad Wolf, Minister für Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur, dem Direktor der Landeszentrale für politische Bildung RLP und Referentin Angelika Arenz-Morch.
Buchtitel. Gestaltung: VerlagDierdorf/Oppenheim. Die Gedenkstätte KZ Osthofen enthält ein Dokumentationszentrum für die NS-Zeit in unserem Bundesland. Es dient mit vielen Dokumenten und Fotos der historischen Bildung und der pädagogischen Auseinandersetzung mit der NS-Diktatur. Die Ausstellung „Verfolgung und Widerstand in Rheinland-Pfalz 1933 - 1945“ gliedert sich thematisch und räumlich in drei Ausstellungsbereiche: Das KZ Osthofen, das SS-Sonderlager / KZ Hinzert und Verfolgung und Widerstand.

Die Errichtung des KZ Osthofen ordnete der Staatskommissar für das Polizeiwesen in Hessen, Dr. Werner Best zum 1. Mai 1933 an. Das zweiseitige Dokument ist abgebildet. Opfer der Nationalsozialisten waren damals in erster Linie Kommunisten, Sozialdemokraten, Gewerkschafter und Angehörige des „Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold“ und der „Eisernen Front“. Juden wurden verfolgt, Angehörige der Zentrumspartei, Katholiken, Sieben-Tags-Adventisten, Separatisten, Zeugen Jehovas und andere Regimegegner.

Bereits bei Errichtung des KZ Osthofen wurden jüdische Geschäftsleute in großem Umfang zum Unterhalt und zur Finanzierung des Lagers herangezogen. Ihr Besitz wurde nach Belieben der Lagerwache beschlagnahmt. Trotzdem waren die Unterbringung und die hygienischen Verhältnisse äußerst primitiv. Es war andauernd kalt in den zugigen und nassen Fabrikhallen, wodurch viele Häftlinge litten und erkrankten. Die regionale Presse berichtete anhaltend von Verhaftungen und Deportationen nach Osthofen, sodass die Existenz dieses Lagers keinem Zeitgenossen verborgen blieb. Es sollte eine abschreckende Wirkung auf die Bevölkerung erzielt werden. Der Propaganda dienten auch Fotografien von bekannten politisch oder religiös engagierten Männern, die als Gegner des Regimes galten. Der bekannteste Häftling war der Reichstagsabgeordnete und Pressereferent im hessischen Innenministerium Carlo Mierendorff.

Die Wachmannschaft setzte sich in den ersten Monaten aus SS- und SA-Männern aus Osthofen, Worms und Umgebung zusammen. An ihre Stelle traten SS-Mitglieder der Sonder- und Wachkommandos aus Darmstadt und Offenbach. Sie waren wegen ihrer Brutalität im Lager besonders gefürchtet. Keiner wurde hinterher zur Rechenschaft gezogen.

Der zweite Teil des Buchs befasst sich mit dem SS-Sonderlager KZ Hinzert, das ein Vorläufer des späteren Konzentrationslagers war und dienstverpflichtete Arbeiter für den Autobahnbau und die Befestigungsanlage „Westwall“ aufnahm. Es wurde 1939 acht Kilometer nordwestlich von Hermeskeil im Hunsrück errichtet und bestand bis zum März 1945. Zwangsarbeit war während der Kriegsjahre im „Dritten Reich“ allgegenwärtig, „Fremdarbeiter“ und „Fremdarbeiterinnen“ waren in allen Betrieben, in Landwirtschaft und Privathaushalten ebenso wie in staatlichen und kirchlichen Einrichtungen überall zu finden. Am härtesten waren die Lebensbedingungen für die sogenannten „Untermenschen“ aus den osteuropäischen Ländern.

Bei der Einrichtung des Sonderlagers Hinzert im Herbst 1939 wurden ausschließlich Angehörige der Waffen-SS als Wachmannschaft eingesetzt. Ab 1943 kamen Polizisten und Wehrmachtsangehörige hinzu. Durch Abkommandierungen zum Kriegsdienst gab es oft Personalwechsel. Quälereien, barbarische Strafen und Folterungen, die zum Tode führten, gab es häufig im SS-Sonderlager/KZ Hinzert. Die dokumentarischen Berichte, Zeichnungen und Fotos sprechen eine eindeutige bedrückende Sprache.

„Verfolgung und Widerstand“ ist das Thema des dritten Teils. Die Verfolgung der Juden steigerte sich, anfangs legten es die Nazis darauf an, Menschen jüdischer Abstammung gesellschaftlich und geschäftlich zu isolieren. Die im September 1935 erlassenen „Nürnberger Gesetze“ boten die Grundlage für weitere Verfolgungsmaßnahmen. Reichspropagandaminister Goebbels löste den Pogrom aus, dem am 9./10. November 1938 2.676 zerstörte Synagogen, 7.500 verwüstete Geschäfte und 91 tote sowie etwa 30.000 verhaftete männliche Juden zum Opfer fielen.

Auf Anweisung von Reichsinnenminister Wilhelm Frick wurden ab 1936 auch Sinti und Roma diskriminiert und wegen sogenannter „Rassenschande“ in Konzentrationslager eingewiesen. Morde an kranken und behinderten Menschen wurden mit Erbbiologie und „Rassenhygiene“ begründet.

Der Widerstand gegen den Nationalsozialismus wurde von Männern und Frauen aus allen sozialen Schichten und politischen Lagern getragen. Von allen politischen Gruppierungen leisteten die Kommunisten den umfangreichsten Widerstand gegen das Regime. Auch aus dem Exil, von den Sozialdemokraten und Gewerkschaften und sogar aus dem Militär formierte sich Widerstand. Im Widerstand gegen das NS-Regime mussten viele religiöse oder jüdische Deutsche Freiheit und Leben lassen.

Im Anhang an die Ausstellungsdokumentation findet man Landkarten und eine Beschreibung des schwierigen Wegs zur Gedenkstätte KZ Osthofen, der 1972 mit einer Kundgebung von einer Gruppe ehemaliger Häftlinge vor dem Gebäude des früheren Konzentrationslagers beschritten wurde.

Erschienen ist das Buch im Nünnerich Asmus Verlag, ISBN 978-3-96176-14-6.
(htv)
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