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Nachricht vom 21.01.2011
Kultur
Moliére auf der Höhe der Zeit
"Der Geizige" einmal anders: Moliére auf die Höhe der Zeit gebracht und auch ein Handy war dabei - eine gelungene Kombination von zwei Epochen bei der Vorstellung im Hüttenhaus in Herdorf.
Der Vater teilt seinen Kindern seine Hochzeitspläne mit und wen er für sie ausgewählt hat. Fotos: annaHerdorf. Jean Baptiste Poquelin (1622-1673) schrieb unter dem Pseudonym Molière die Komödie "Der Geizige", die das Landestheater Dinkelsbühl jetzt im Hüttenhaus in Herdorf aufführte. So sparsam wie der Hauptdarsteller Harpagon (Frank Piotraschke) war auch das Bühnenbild, das aus schlichten einfachen Holzkisten in verschiedenen Größen bestand.
Die Darsteller überzeugten freilich alle in ihren Rollen. Versicherten sich in der ersten Szene die Tochter Elise (Maike Frank) und ihr Geliebter Valère (Boris Wagner) noch umständlich und wortreich, ganz wie es wohl im 17. Jahrhundert üblich war, ihre Zuneigung zueinander, so wurde der Zuschauer kurz darauf doch sehr überrascht, als Boris Wagner in einer Szene mit Frank Piotrasche ein Handy aus der Tasche zog. Auch der Ausspruch des Harpagon: "Ich lese die Vo...", wird so von Molière wohl kaum geschrieben worden sein.

Die Aufführung war eine gelungene Kombination von zwei Epochen, wie sie wohl unterschiedlicher kaum sein könnten. Sogar eine Video-Schaltung mit Makler Simon (Markus Jajowski) wurde da präsentiert. Ein weiterer Beweis für den Geiz des alten Herren war die Tatsache, dass seine beiden schon erwachsenen Kinder barfuß liefen. Für sie hatte der despotische Vater auch schon passende Eheleute ausgesucht, die jeweils finanziell sehr gut gestellt waren. Sowohl der Sohn, als auch die Tochter hatten aber schon eigene Wunschpartner und nur mit Hilfe der Gelegenheitsmacherin Frosine (Eva Holdorf) gelang es letztlich, die Pläne des Vaters zu durchkreuzen und den Kindern zu ihrem Recht zu verhelfen. Dabei spielte eine im Garten vergrabene hohe Summe an Geld eine nicht unerhebliche Rolle.
Der Diener La Flèche (Boris Wagner) hatte den Schatz ausgegraben und zusammen mit dem Sohn Clèante (Andreas Peteratzinger) versteckt. Zur Aufklärung dieses schlimmen Verbrechens musste dann ein Kommissar hinzugezogen werden. Und auch hier kam nochmals die Sparsamkeit zu tragen, oder war es der besondere Witz des Stückes? Die Rolle des Kriminalisten übernahm eine Person aus dem Publikum. In Herdorf fiel die Wahl auf eine sehr überraschte Frau namens Rita. Sie wurde auf die Bühne geholt, mit Mantel, Brille und Hut verkleidet und mit Hilfe von Andreas Peteratzinger über die Bühne dirigiert. Maike Frank hielt im entscheidenden Moment Textplakate in die Höhe, die von der Laiendarstellerin abzulesen waren. Selbst dem Kommissar gegenüber machte Harpagon falsche Angaben bezüglich der wahren Summe, die ihm gestohlen wurde.
Der Geizige entschied sich letztlich lieber für sein Geld, als für seine junge Liebe Mariane (Janina Kutschan) und als er die Kassette mit seinem Vermögen öffnete, fand er nur die Summe darin, die er zuvor dem Kommissar genannt hatte.
Das Landestheater Dinkelsbühl gastierte in dieser Theatersaison nunmehr zum zweiten Mal auf Einladung vom Kulturring Herdorf im Hüttenhaus und ist auch in den vergangenen Jahren mehrfach dort zu sehen gewesen. Etwas schade war es jedoch, dass die Vorstellung nicht vor vollbesetztem Hause stattfand, die Akteure hätten es verdient gehabt. (anna)
       
   
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