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Nachricht vom 25.04.2022
Region
Landgericht Koblenz verhandelt schwere Brandstiftung in Wissen
Bis auf die Grundmauern war das Haus in der Wissener Mozartstraße am 31. Oktober niedergebrannt. Nun hat am Landgericht Koblenz der Prozess wegen schwerer Brandstiftung begonnen. Im Zentrum der Verhandlung steht ein damaliger Mieter, der ein zertrümmertes Möbelstück mit Brandbeschleuniger und Benzin angezündet haben soll.
Bis auf die Grundmauern war das Haus in der Wissener Mozartstraße am 31. Oktober niedergebrannt. (Foto: kkö/Archiv)Region. Sehr ereignisreich verlief der erste Verhandlungstag bei der 14. Strafkammer am Landgericht Koblenz, bei dem es um eine schwere Brandstiftung in Wissen ging. Dem heute 57-jährigem Angeklagten wird von der Staatsanwaltschaft vorgeworfen, am 31. Oktober 2021 aus Wut über eine kurz zuvor erhaltene Kündigung seiner Wohnung in dem Mehrfamilienhaus in seinen damaligen Räumlichkeiten einen Schrank zerschlagen und das zertrümmerte Möbelstück mit Brandbeschleuniger und Benzin angezündet zu haben. Das Haus brannte in Folge bis auf die Grundmauern nieder, eine Person musste wegen Verdacht auf Rauchvergiftung behandelt werden. Der Sachschaden beträgt rund 550.000 Euro. (Der AK-Kurier berichtete hier.)

Der Angeklagte befindet sich zurzeit wegen psychischer Auffälligkeiten in der Klinik Nette-Gut für Forensische Psychiatrie in Weißenthurm. Er wurde in Handfesseln in den Sitzungssaal geführt. Als Pflichtverteidiger sind ihm Rechtsanwalt Michael Hürth aus Koblenz sowie Rechtsanwalt Volker F.C. Fritze aus Bonn beigeordnet.

Rupert Stehlin, der Vorsitzende Richter der 14. Strafkammer, erklärte vor Eintritt in die Beweisaufnahme, dass keine Erörterungen zur Herbeiführung einer tatsächlichen Verständigung (Deal) stattgefunden haben.

Rechtsanwalt Fritze verlass anfangs eine Verteidigererklärung zu der Anklage und erklärte, dass der Angeklagte sich auch später den Fragen des Gerichts stellen werde. Rechtsanwalt Fritze: "Der Angeklagte ist geständig, er weiß, dass er große Schuld auf sich geladen hat." Sein Mandat schäme sich sehr für seine Tat. Durch den Umzug nach Wissen sei der Angeklagte total erschöpft gewesen. Zudem habe er ein sehr schlechtes Verhältnis zu den Vermietern gewesen. Dann kam noch hinzu, dass er schriftlich die Kündigung des Mietverhältnisses erhalten habe. Fritze weiter: "Er war schockiert und verzweifelt und wusste nicht mehr, was er tat. Er war auch total wütend und zündete einen kleinen Karton in der Wohnung an und verließ die Wohnung in dem Glauben, dass nichts weiter passieren würde." Erst als er am anderen Morgen wieder zur Wohnung zurückkehrte, habe er die Bescherung, die er angerichtet hatte, erfasst.

Schuld an der Katastrophe wären die Vermieter gewesen
Der Angeklagte bestätigte die Verteidigererklärung und schob die Schuld für die Katastrophe mehr oder weniger auf die Vermieter weiter. Diese wären sehr egoistisch gewesen und hätten ihn von Anfang an massiv unter Druck gesetzt. Wörtlich fuhr der Angeklagte weiter fort: "Die Vermieter haben regelmäßig meinen Briefkasten geöffnet und meine Post nachgeschaut. Ich habe nicht aus Wut oder Rache gehandelt. Ich gebe zu, dass ich zunächst randaliert habe, unter anderem zwei Glaslaternen auf dem Boden zerschmettert habe. Das ganze Palaver dauerte rund 20 Minuten. Ich habe lediglich einen kleinen Karton angezündet, wobei ich mir nicht vorstellen kann, dass diese kleine Flamme das ganze Feuer entfacht hat. Ich habe auch keinen Brandbeschleuniger eingesetzt. Ich hätte niemals dort einziehen dürfen. Die Vermieterin lügt und manipuliert. Sie hat auch behauptet, dass meine Freundin ihr gesagt hätte, ich wäre gewalttätig. Die Vermieterin hatte auch eine Überwachungskamera installieren lassen. Sie konnten sogar durch die neue Technik sehen, was im Haus passierte, auch wenn sie nicht zu Hause war."

Auf Frage der Staatsanwaltschaft, warum er die Flamme am Karton nicht gelöscht habe, meinte der Angeklagte, er hätte gedacht, die Flamme ginge von alleine aus. "Ich hatte zwar einen Benzinkanister in der Wohnung, aber in dem befand sich kein Benzin", meinte der Angeklagte.

Der Angeklagte sagte weiter aus: "Ich bin früher schon mal psychiatrisch behandelt worden, auch stationär, als ich mich von meiner Frau trennte. Ich litt auch an Depressionen. Vor dem Brand habe ich weder Alkohol noch Drogen konsumiert. Mit dem Personal im Nette- Gut komme ich gut zurecht, sie sind auch alle nett zu mir. Im Nette-Gut werde ich mit Psychopharmaka medikamentös behandelt, das nimmt mir die Angst vor Panikattacken."

Als sachverständiger Zeuge bekundete nun ein Arzt aus dem Nette-Gut die Behandlung und den Verlauf des Angeklagten in der Klinik. Der Angeklagte sei auffällig unauffällig, so der Mediziner. Er habe keine Halluzinationen. Seine Erzählungen seien hingegen wahnhaft. Aber trotzdem könne keine Schizophrenie erkannt werden. Der Facharzt attestierte dem Angeklagten eine schizoaffektive Störung, da er sich sehr stark auf die Vermieter fokussiert, und sich daraus wahnhafte Züge ergäben. Er sei sehr misstrauisch und wähle gerne die Opferrolle. Der Angeklagte sei nicht suizidal gefährdet.

Zeugin entkam dem Inferno nur durch Glück und Zufall lebend
Eine weitere Zeugin, die als Mieterin in dem Haus wohnte, bekundete, dass sie sich noch heute wegen dem Brand in psychiatrischer Behandlung befinde, weil ihr das alles sehr nahe gegangen sei. Zufälligerweise war sie an dem Tag des Brandes nicht zu Hause, andernfalls hätte sie wohl keine Chance gehabt, dem Feuer zu entkommen, da sich ihre Wohnung im Dachgeschoss befand, die zudem nur über eine Wendeltreppe aus Holz zu erreichen war. Die Zeugin schilderte auch eindringlich, dass der Angeklagte ihr sehr aggressive Whatsapp-Nachrichten zugesandt habe, nachdem sie sich vorher über die Müllentsorgung gestritten hätten.

Nach der Aussage bat der Angeklagte um das Wort und sagt zu der Zeugin gewandt: "Es tut mir alles unendlich leid was passiert ist, ich möchte mich dafür in aller Form bei dir entschuldigen."

Eine Polizistin, die den Angeklagten festgenommen hatte, sagte aus, dass der Angeklagte 1,1 Promille Alkohol im Blut gehabt habe. Er wäre psychisch angeschlagen gewesen und hätte sich irgendwie verfolgt gefühlt. Seiner Freundin hätte er nachts am Telefon gesagt, dass er Scheiße gebaut und etwas angezündet habe.

Zu seinen persönlichen Verhältnissen vernommen, erklärte der Angeklagte, dass er die Mittlere Reife erlangt habe, danach beim Stadttheater in Bonn die Lehre zum Betriebsschlosser als Geselle beendet habe. Nach der Bundeswehrzeit habe er dann mehrere Jahre als Schlosser gearbeitet und zusätzlich noch die Schweißer-Prüfung abgelegt. Seit 2012 ist er geschieden, aus der Ehe ist ein Sohn hervorgegangen. Er ist seit 2012 in Rente und erhält monatlich 1540 Euro.

Die Hauptverhandlung wurde an diesem Punkt unterbrochen und wird am 16. Mai fortgesetzt. Der AK-Kurier wird vom Fortgang des Verfahrens weiter berichten.
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