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Pressemitteilung vom 23.06.2022
Region
Keine Windenergie auf dem Stegskopf: Naturschutzinitiative begrüßt Entscheidung
Es wird keine Errichtung von Windenergieanlagen im Nationalen Naturerbe Stegskopf geben. Das Gebiet ist gleichzeitig europäisches FFH- und Vogelschutzgebiet. Die Naturschutzinitiative (NI) zeigt sich erfreut angesichts dieser Entscheidung und klärender Worte aus dem Bundesumweltministerium.
Alte Hutweide auf dem Stegskopf. (Foto: Harry Neumann/NI, Nationales Naturerbe Stegskopf)Emmerzhausen. Keine Windenergie auf dem Stegskopf: Das geht aus einer Antwort des Bundesumweltministeriums unter Umweltministerin Steffi Lemke an die Naturschutzinitiative e.V. (NI) hervor. Der Umweltverband hatte sich an die Bundesumweltministerin gewandt, da immer wieder Forderungen nach der Errichtung von Windindustrieanlagen im Nationalen Naturerbe erhoben wurden. Hiergegen hatte die NI mehrfach Widerstand angekündigt.

"Natur- und Artenschutz sowie der Schutz der Biodiversität müssen auf diesen Flächen, die zum 'Tafelsilber' der Bundesrepublik Deutschland gehören, Vorfahrt vor allen anderen Interessen haben", betonten Harry Neumann, Bundes- und Landesvorsitzender der NI und Diplom-Biologe Immo Vollmer, Naturschutzreferent der NI. "Nationale Naturerbeflächen dienen ausschließlich dem Schutz der Natur und der Biodiversität, wie es auch im Vertrag zur unentgeltlichen Eigentumsübertragung an die DBU Naturerbe GmbH vorgesehen ist."

In der Antwort des Bundesumweltministeriums an die NI heißt es unter anderem: "Ich stimme Ihnen zu, dass das Nationale Naturerbe an Qualität und Glaubwürdigkeit verlieren würde, sollten diese Flächen nun für eine Nutzung durch Erneuerbare Energien im Raum stehen." Laut Ministerium sei das Nationale Naturerbe das "Herzstück der Naturschutzpolitik des Bundes". Zentral dafür sei, dass die Naturerbeflächen hochwertige Lebensräume und Artenvorkommen beherbergen und auf den Flächen ausschließlich Naturschutzziele verfolgt würden. Der Bau und Betrieb von Windkraftanlagen würden aber der ausschließlichen Naturschutzwidmung des Nationalen Naturerbes widersprechen. Dies gelte vor allem vor dem Hintergrund, dass die Naturerbefläche Stegskopf im FFH-Gebiet "Feuchtgebiete und Heiden des Hohen Westerwaldes" sowie im Vogelschutzgebiet (SPA) "Westerwald" liege und windkraftsensible Brutvogelarten beherberge.

"Wie Sie richtig angemerkt haben", schreibt das Bundesumweltministerium weiter, "ist die ausschließliche Naturschutznutzung vertraglich festgelegt." Deswegen seien auf der Naturerbefläche Stegskopf alle Nutzungen ausgeschlossen, die nicht dem Schutz, der Pflege und Entwicklung der Naturerbefläche dienen. Dies schließe auch die Nutzung als Windenergieanlagen-Standort aus. "Hierüber haben wir auch mit dem Bundeswirtschaftsministerium eine Verständigung erzielen können", so das Bundesumweltministerium. Der Ausbau der erneuerbaren Energien dürfe grundsätzlich nicht zulasten von Natur- und Artenschutz gehen.

Die NI zeigt sich erfreut von dieser Entscheidung. "Wir begrüßen diese eindeutige Klarstellung von Bundesumweltministerin Steffi Lemke", so Harry Neumann. Die Worte aus dem Ministerium entsprächen der seit Jahren von der NI vorgetragenen Argumentation und würden damit der Bedeutung der Nationalen Naturerbe für den Natur-, Arten-, Biodiversitäts- und Landschaftsschutz gerecht. Neben den erneuerbaren Energien an den richtigen Stellen seien dabei naturbasierte Lösungen wie der Moorschutz und eine hohe Biodiversität sowie Artenvielfalt auch für den Klimaschutz von großer Bedeutung.
"Da ich mich seit über zehn Jahren mit aller Kraft für den Stegskopf einsetze, freue ich mich auch persönlich sehr, dass dieses ökologische Juwel vor seiner Industrialisierung gerettet werden konnte", so Harry Neumann.

Kein Industriegebiet im Lager Stegskopf
Der Zustand der Natur sei alarmierend, schreibt die NI: Artensterben, Verlust an Biodiversität, fortschreitende Versiegelung und Zerstörung von Lebensräumen, Überschwemmungen, Waldzerstörung, Klimawandel. Die tatsächliche aktuelle Gefährdungsstufe von Wäldern, Böden, Flüssen, Seen und Meeren entgehe dabei aber weitgehend der öffentlichen Wahrnehmung. Der Erhalt der Biodiversität und intakter Ökosysteme sei überlebenswichtig für Mensch und Natur und müsse Vorrang haben vor allen ökonomischen Überlegungen. Es sei bereits "fünf nach zwölf", betonte die NI.

"Wir fordern daher die Gemeinde Emmerzhausen nochmals auf, ihre Pläne zur Errichtung eines Industrie- und Gewerbegebietes im angrenzenden Lagerbereich aufzugeben", so Neumann und Vollmer. Die BIMA dürfe diese Fläche aus Gemeinwohlgründen nicht an die Kommune veräußern, fordert die NI. Eine Zerstörung durch ein Logistikzentrum mit Schwerlastverkehr passe weder in die Zeit noch in das Nationale Naturerbe. "Sinnvoller Weise sollte nun auch der Lagerbereich in das Nationale Naturerbe eingegliedert werden, nachdem es der Ortsgemeinde Emmerzhausen seit Jahren nicht gelungen ist, naturverträgliche Lösungen umzusetzen", erklärte NI-Vorsitzender Harry Neumann.

Weitere Entwicklung des Nationalen Naturerbes
Für die weitere Entwicklung des Nationalen Naturerbes wünscht sich die NI die Ausweisung der kompletten Naturerbefläche als Naturschutzgebiet durch die SGD Nord. Es sei geplant, dazu die Behörde gesondert anzuschreiben. Zudem strebe man die Einrichtung eines Informationszentrums für die Bevölkerung an, die Einrichtung einer Naturschutzwacht, das Erstellen eines Flyers mit wichtigen naturschutzfachlichen Informationen, behutsames Aufstellen einiger Informationstafeln, naturschutzfachliche Exkursionen für die Bevölkerung, erlebnispädagogische Angebote für Kinder und Jugendliche, für die der Verband auch weiterhin seine Unterstützung anbietet, die weitere Kartierung der Arten und Lebensraumtypen durch die DBU, Rückbau von Entwässerungsmaßnahmen sowie von Verbauungen und Begradigungen von natürlichen Gewässern. (PM)
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