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Nachricht vom 26.09.2022
Region
Altenkirchen: Kreistag wählt Fred Jüngerich zum neuen Kreisbeigeordneten
Nach einer 25-tägigen Unterzahl ist der eigentlich vierköpfige Kreisvorstand nach einer „Einwechslung“ nunmehr wieder komplett: Fred Jüngerich (parteiunabhängig) wurde zum neuen (dritten) Kreisbeigeordneten gewählt. Er ist Nachfolger von Gerd Dittmann (Bündnisgrüne), der zum 31. August zurückgetreten war.
Landrat Dr. Peter Enders (links) verpflichtete und vereidigte den Neuzugang im Kreisvorstand: Fred Jüngerich ist nunmehr (dritter) Kreisbeigeordneter. (Foto: vh)Altenkirchen. Die personelle „Schwächung“ im Kreisvorstand des Kreises Altenkirchen gehört der Vergangenheit an: Mit 30 Ja- bei 6 Nein-Stimmen und zwei ungültigen Voten wählte der Kreistag Altenkirchen in seiner jüngsten Sitzung am späten Montagnachmittag (26. September) Fred Jüngerich (parteiunabhängig) zum (dritten) Kreisbeigeordneten und zum Nachfolger von Gerd Dittmann. Der Bündnisgrüne hatte infolge der Pleite der Greensill-Bank im März 2021 und der fraglichen Zukunft von 3,6 Millionen Euro, die der Abfallwirtschaftsbetrieb (AWB) des Kreises bei dem Bremer Geldinstitut angelegt hat, zum 31. August die politische Verantwortung für das Geschäft mit dem Bankhaus übernommen und war zurückgetreten. Der 57-jährige Jüngerich ist Bürgermeister der Verbandsgemeinde Altenkirchen-Flammersfeld und übernimmt den Geschäftsbereich IV mit dem AWB und dem Referat 60 (außer der Landesplanung), der sich durchaus als schweres Erbe herausstellen kann. Zum Kreisvorstand gehören Landrat Dr. Peter Enders (CDU) und die drei ehrenamtlich tätigen Kreisbeigeordneten Tobias Gerhardus (CDU), Klaus Schneider (SPD) und nunmehr Jüngerich.

AWB hat Ruhe verdient
„Vielen Dank für das klare Votum“, ergriff Jüngerich das Wort, „ich weiß das zu schätzen.“ Er sei von dem Anruf der Grünen überrascht worden, in dem ihm die Rolle als „Personalvorschlag“ angeboten worden sei. „Das war ein Zeichen der Wertschätzung“, fügte er an, betonte indes auch, dass er als Bürgermeister der nach Einwohner drittgrößten Verbandsgemeinde in Rheinland-Pfalz sich nicht über Langeweile beklagen könne. Er betrachte den Landkreis, die Verbands- als auch die Ortsgemeinden als „kommunale Familie“, und „in einer Familie muss man sich gegenseitig helfen“. Nach anderthalb Wochen des Nachdenkens inklusive vieler Gespräche habe er entschieden, seine Zusage zu geben. „Ich möchte über Parteigrenzen hinweg sachorientiert arbeiten“, nannte Jüngerich das Ziel seines Engagements, das zunächst einmal bis zum Ende der aktuellen Wahlperiode des Kreistages im späten Frühjahr des Jahres 2024 mit den nächsten Kommunalwahlen dauert. Der AWB habe seine Ruhe verdient – intern und in der Außendarstellung. Wenn das gelinge, könne die Vergangenheit ruhen. „Ich danke Gerd Dittmann für seine Arbeit in den vergangenen Jahren“, richtete er wenige Worte an die Adresse seines Vorgängers.

Von der Pike auf gelernt
Jüngerich hat die Arbeit in einer Verwaltung von der Pike auf gelernt. Geboren am 3. Februar 1965 in Altenkirchen, trat er mit der Mittleren Reife im Gepäck im August 1981 die Ausbildung zum Verwaltungsfachangestellten bei der ehemaligen VG-Verwaltung Altenkirchen an. Nach mehreren Aus- und Weiterbildungen war er von 2010 bis Ende 2017 Büroleiter der Ex-VG-Verwaltung Altenkirchen. Vom 1. Januar 2018 bis zum 31. Dezember 2019 fungierte Jüngerich als hauptamtlicher Bürgermeister der (alten) VG Altenkirchen und wurde dann für acht Jahre zum Bürgermeister (Hauptamt) der fusionierten VGs Altenkirchen und Flammersfeld mit Amtsantritt am 1. Januar 2020 gewählt, so dass diese Dienstzeit am 31. Dezember 2027 endet. Unter anderem ist Jüngerich noch Dozent an der Kommunalakademie Rheinland-Pfalz in Boppard und Vorsitzender der Kreisgruppe Altenkirchen des Gemeinde- und Städtebundes.

Viel mehr Geld für den ÖPNV
Der Kreis muss, wen wundert es, in Sachen Öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV) deutlich tiefer in die Tasche greifen als vor Jahren ohne Ukraine-Krieg und in der Folge deutlich niedrigeren Treibstoffkosten sowie des alten Manteltarifvertrags für Busfahrer gedacht. Einstimmig gab das Gremium seinen Segen zu überplanmäßigen Ausgaben in Höhe von bis zu 150.000 Euro (Übernahme von Personalkosten) und in Höhe zwischen 750.000 und 1,5 Millionen Euro (Dieselkosten). Der Geschäftsführer des Verkehrsverbundes Rhein-Mosel, Stephan Pauly, hatte zuvor die Konsequenzen dargestellt, sollten Busunternehmen Linienbündel aufgrund wirtschaftlicher Schieflage nicht mehr betreiben können. Die Folge sei eine Notvergabe der Strecken, die für ein Jahr (in Ausnahmefällen auch für zwei Jahre) gelte. Für eine anschließende Neuausschreibung müssten auch EU-Vorgaben für den Fuhrpark beachtet werden. So seien E-Busse oder solche, die mit Wasserstoff angetrieben werden, in die Flotte zu integrieren. Es würden also deutliche höhere Anschaffungskosten entstehen, ganz zu schweigen, wann die Fahrzeuge überhaupt geliefert werden könnten. „Alles das ist unabsehbar und viel teurer“, merkte Pauly an, der wohl vor der Abstimmung gehofft hatte, dass das Haus dem vorgelegten Beschlussvorschlag folge. Zudem erinnerte er, dass Schülertransporte, dank denen der Bus-ÖPNV überhaupt am Leben erhalten werden kann, eine Pflichtaufgabe der Landkreise seien.

Grünes Licht für Bürgschaften
Bei zwei Nein-Stimmen und zwei Enthaltungen genehmigte die Zusammenkunft die Stellung von Bürgschaften als Voraussetzung zur Beantragung von Fördermitteln bei Bund und Land, um die Sanierung eines Abschnittes der Stammstrecke der Westerwaldbahn angehen zu können. Als „gut“ gilt der Zustand zwischen Scheuerfeld und Elben; zwischen Elben, Bindweide und der Rosenheimer Ley müssen der Oberbau und zwei Brücken erneuert werden. Die Kosten sollen sich bei 2,2 Millionen Euro einpendeln. Derzeit ist eine Förderung von insgesamt maximal 85 Prozent möglich. Die Deckung des Eigenanteils (15 Prozent) sei gesichert, hieß es schon in der jüngsten Sitzung des Kreisausschusses. In Aussicht steht, dass mehr Güterverkehr (Holztransporte) zwischen Scheuerfeld und Endstation gefahren werden könnte. Peter Schwan (FWG) zweifelte an, ob bei der Ent- und Wiederwidmung eines Abschnittes innerhalb kürzester Zeit alles regelkonform verlaufen sei.

Müllgebühren steigen
Nun ist es fix: Die Müllgebühren werden vom kommenden Jahr an steigen, wie der Kreistag einstimmig auf den Weg brachte. Um wieviel steht noch nicht fest. Hintergrund sind die deutlich höheren Kosten für die Oberflächenabdeckung der Deponie in Nauroth und höhere Rückstellungen für diesen Part, der noch über 30 Jahre begleitet werden muss. Nicht die kalkulierten 10.156.602 Euro wird die Baumaßnahme kosten, sondern sie wurde für 13.798.254 Euro (jeweils netto) vergeben. Unter dem Strich bleibt ein Gesamtminus in Höhe von 5.651.780 Euro, das in den kommenden fünf Jahren auf die „Kunden“ des AWB und deren zu zahlenden Gebühren umgelegt wird und gleichzeitig als Minus im Jahresabschluss des AWB 2021 fungiert, an dem wiederum niemand etwas auszusetzen hatte. Ohne diese Zwänge wäre der kreiseigene Betrieb mit einem deutlichen Plus von rund 1,8 Millionen Euro vor allem Dank deutlicher gestiegener Erlöse aus dem Verkauf von Pappe, Papier und Kartonagen aus dem Geschäftsjahr herausgekommen.

AfD keine Fraktion mehr
Heiko Schäfer ist nunmehr alleiniger Vertreter der AfD im Kreistag. Da eine Fraktion aus mindestens zwei Mitgliedern bestehen muss, verliert die Alternative für Deutschland diesen Status, weil die ehemaligen für die AfD ins Gremium eingezogenen Markus Fries, Frank Rüther und Norbert Schmitt Landrat Dr. Peter Enders mitgeteilt hatten, dass sie sich zu der Kreistagsfraktion „Unabhängige für Bürgernahe Demokratie“ (Unabhängige) zusammengeschlossen hatten. Vor diesem Hintergrund mussten aufgrund des geänderten Stärkeverhältnisses eine andere Verteilung der Ausschusssitze erfolgen, die, so hatten sich die Fraktionen im Vorfeld geeinigt, zu einem gemeinsamen Wahlvorschlag geführt hatte, dem schließlich auch einstimmig stattgegeben wurde. (vh)
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