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Nachricht vom 25.01.2023
Region
Altenkirchener Seniorenwohnpark: Convivo-Insolvenz hinterlässt vorerst Unsicherheit
Diese Nachricht ist auf den ersten Blick keine gute: Insolvenzanträge von fünf Gesellschaften unter dem Dach der Bremer Unternehmensgruppe Convivo werfen die Frage auch nach der Zukunft des Altenkirchener Seniorenwohnparks an der Hochstraße auf, der noch nicht einmal seit einem Jahr bewohnt wird.
Der Seniorenwohnpark an der Altenkirchener Hochstraße gehört auch zur Convivo-Unternehmensgruppe. (Foto: vh)Altenkirchen. Wie ist es um die Zukunft des Altenkirchener Convivo-Seniorenwohnparks bestellt? Die Frage ist berechtigt, nachdem bekannt wurde, dass fünf Gesellschaften der Convivo-Unternehmensgruppe jeweils wegen (drohender) Zahlungsunfähigkeit am Montag (23. Januar) Insolvenzanträge beim Bremer Amtsgericht gestellt hatten, die die Behörde am Dienstag (24. Januar) bestätigte. Es handelt sich um die Convivo 40 GmbH, die Convivo Holding GmbH, die Convico Life GmbH, die Convivo Parks GmbH und das Pflegezentrum Rotenburg-Scheeßel GmbH (alle unter Geschäftsführer Torsten Gehle). Zu vorläufigen Insolvenzverwaltern wurden die Rechtsanwälte Dr. Malte Köster (Bremen) und Dr. Christoph Morgen (Hamburg) bestimmt. „Die Unternehmensgruppe ist sich ihrer Verantwortung den Menschen gegenüber bewusst und wird die nächsten Schritte gewissenhaft begleiten", hieß es laut TV-Sender n-tv in einer Mitteilung von Convivo. Es seien Maßnahmen eingeleitet worden, um die Versorgung der betreuten Menschen sicherzustellen. Löhne und Gehälter der Mitarbeiter seien über das Insolvenzgeld bis März gesichert. Wie viele Menschen von Convivo betreut wurden/werden, ist nicht genau bekannt. Aus der Website des Unternehmens, auf der bislang keine Silbe über die finanzielle Schieflage zu lesen ist, geht hervor, dass es sich um mehr als 18.000 Menschen kümmere.

Niedrige Belegungszahlen
Als einen Grund für die Insolvenzanträge nannte Convivo, so n-tv, niedrige Belegungszahlen im Bereich der stationären Pflege. Der Einsatz von Zeitarbeitern habe hohe Kosten verursacht. Auch die Pflegereform der Bundesregierung habe sich negativ auf das Unternehmen ausgewirkt. Weiterhin gab Convivo Preissteigerungen, beispielsweise bei den indexierten Pachten, als weiteren Auslöser für die Schwierigkeiten an. Das Unternehmen habe Standorte verkauft und bis zuletzt versucht, Beteiligungspartner zur Stabilisierung des Geschäftsbetriebs einzubinden, zitierte die Süddeutsche Zeitung (SZ) Convivo. Nach Einschätzung von Terranus, einem Beratungsunternehmen und Makler im Bereich von Seniorenimmobilien mit Sitz in Köln, seien die Insolvenzanträge von Convivo, so die SZ weiter, nicht das Ergebnis einer allgemeinen Pflegeheim-Krise. Die Gründe für die Insolvenz lägen bei Convivo selbst, wurde aus einem Thesenpapier zitiert. Convivo sei extrem gewachsen, habe schwierige Einrichtungen übernommen, und viele Häuser hätten keine auskömmliche Belegung.

Startschuss im März 2020
Im zweigeteilten und noch nicht komplett ausgebuchten Komplex in der Kreisstadt gibt es 65 barrierefreie Wohnungen und zwei Gemeinschaften mit jeweils zwölf Apartments. Darüber hinaus wird eine Tagespflege vorgehalten. Das größere der beiden Gebäude wurde am 1. März 2022 eingeweiht, das kleinere wenige Monate später. Sie befinden sich auf Grundstücken der ehemaligen Gärtnerei Schnug und wurden von der Fritz Meyer Bauentwicklung GmbH/Meyer Bauunternehmung GmbH (Altenkirchen) verwirklicht. Während das Haupthaus inklusive Grund und Boden im Besitz einer Tochtergesellschaft (RBF GmbH & Co. KG) der Westerwald Bank ist (das Geldhaus fungierte auch als Investor), ist die kleinere Einheit dem Immobilienbestand der H.G. Meyer Familienstiftung als Gesellschafterin der Meyer-Gruppe zugeordnet. Die Realisierung des großen Projektes in unmittelbarer Nähe zur August-Sander-Realschule plus mit Fachoberschule hatte Mitte März des Jahres 2020 begonnen und war trotz der Corona-Pandemie einigermaßen nach Zeitplan verwirklicht worden.

Appell: Ruhe bewahren
„Es gilt, die Ruhe zu bewahren. Wir werden eine gute Lösung finden“, sagte Markus Kurtseifer als RBF-Geschäftsführer und Mitglied des Vorstandes der Westerwald Bank in einer ersten Reaktion und richtete den Appell vor allem an die Bewohner der Altenkirchener Unterkunft. Für ihn sei der Schritt in die Insolvenz nicht überraschend gekommen, da es seit rund drei Monaten Gerüchte gegeben habe, dass es Probleme geben könnte. „Im Wirtschaftsleben gibt es immer Aufs und Abs“, ergänzte er, „eine Insolvenz ist immer unerfreulich, niemand wartet darauf.“ Auf der anderen Seite biete eine Insolvenz immer die Möglichkeit, etwas neu aufzustellen. Nun gelte es, gemeinsam mit dem Insolvenzverwalter, mit dem er alsbald in Kontakt treten möchte, gemeinsam eine Lösung zu finden. „Die Nachfrage ist hoch, solche Plätze werden gesucht“, fügte Kurtseifer an, langfristig gesehen sei das Seniorenwohnheim ein gutes Projekt, so dass ein neuer Betreiber gefunden werde.

Weitere Einheiten im Bau
Die Convivo-Gruppe gehört nach Angaben des Internetportals „Pflegemarkt.com“ mit 62 Pflegeheimen und mehr als 4400 vollstationären Plätzen nicht nur zu den größten Pflegeheimbetreibern in Deutschland, sondern sei auch der Betreiber mit den meisten Pflegeangeboten im Bau. An 18 Standorten entstünden derzeit sieben betreute Wohnanlagen, drei Pflegeheime, neun Tagespflegeeinrichtungen und 15 Wohngruppen. Die Zukunft der in Betrieb und der im Bau befindlichen Einrichtungen sei derzeit noch offen. Erst im November 2022 habe Convivo bereits drei Wohnparks in Hamburg und Schleswig-Holstein an die newcare-Gruppe verkauft. Die Convivo-Unternehmensgruppe um Gründer Torsten Gehle habe im Dezember 2020 den Wandel vom inhabergeführten Unternehmen zum managementgeführten Konzern im Gesundheitsmarkt vollzogen. Alleiniger Geschäftsführer der Convivo Holding GmbH ist Gehle, der bereits seit 1993 als Geschäftsführer im Pflegemarkt tätig ist. (vh)
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