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Nachricht vom 21.03.2012
Region
VG Hamm wurde für Diplomarbeit ausgewählt
Integration und Segregation von Migranten im ländlichen Raum am Beispiel der VG Hamm für ihre Diplomarbeit wählt Eva Jacobs von TU Kaiserslautern. Die Arbeit überreichte sie Bürgermeister Rainer Buttstedt. Die VG Hamm wurde ausgewählt, da rund 20 Prozent der Bevölkerung einen Migrationshintergrund hat. Defizite weist die Studie in der sozialen Integration der Erwachsenen auf.
Eva Jacob (2.v.l.) überreichte ihre über Segregation und Integration von Migrantinnen und Migranten im ländlichen Raum am Beispiel der Verbandsgemeinde Hamm geschriebene Diplomarbeit an Bürgermeister Rainer Buttstedt (links). Weiter im Bild: Diplom-Geografin Susanne Tschirschky von der Entwicklungsagentur Rheinland-Pfalz und Sozialamtsleiter Dietmar Henrich. Foto: Rolf-Dieter RötzelHamm. Die Segregation und Integration von Migrantinnen und Migranten im ländlichen Raum am Beispiel der Verbandsgemeinde Hamm untersuchte Eva Jacob von der Technischen Universität Kaiserlautern im Rahmen ihrer Diplomarbeit zum Studium „Raum- und Umweltplanung“.
Die 28-jährige Kaiserslauterin überreichte das 150 Seiten umfassende Expose nun auch der Hammer Verwaltung.
„Integrationsforschungen wurden bisher fast ausnahmslos auf Großstädte fixiert. Solche Untersuchungen sind auch für kleinere Kommunen interessant, da diese ebenfalls vor Integrationsherausforderungen stehen“, so Eva Jaobs. Die Verbandsgemeinde Hamm sei deshalb von ihr ausgesucht worden, weil hier im Vergleich zu den meisten anderen Kommunen des ländlichen Raums ein hoher Migrantenanteil, nämlich über zwanzig Prozent der Gesamtbevölkerung, lebe.
Der Diplomarbeit liegen theoretische Beurteilungen und praktische Analysen zu Grunde. Die Verfasserin, begleitet von Diplom-Geografin Susanne Tschirschky (Entwicklungsagentur Rheinland-Pfalz) gewann bei ihren Recherchen zentrale Erkenntnisse zu den Lebensbereichen Bildung, Arbeit, Sprache, soziales Miteinander und Wohnen.

„Diese zeigen“, so die Diplomverfasserin weiter, „dass in der Verbandsgemeinde Hamm sowohl zwischen der alteingesessenen und der zugewanderten Bevölkerung als auch zwischen Angehörigen verschiedener Migrantengruppen Unterschiede bestehen, welche auf verschiedene Faktoren zurück zu führen sind.“
Die beiden größten Bevölkerungsgruppen mit Migrationshintergrund in der Verbandsgemeinde Hamm sind (Spät-)Aussiedler und Mitbürger türkischer Herkunft.
Beim ausländischen Bevölkerungsanteil liegt die Ortsgemeinde Hamm an der Spitze, gefolgt von den Ortsgemeinden Breitscheidt und Fürthen. Der höchste Anteil von (Spät-)Aussiedlern ist in den Ortsgemeinden Hamm, Pracht, Etzbach und Roth zu verzeichnen. Nur gering sind diese beiden Bevölkerungsgruppen in den Ortsgemeinden Birkenbeul, Niederirsen, Forst, Bitzen und Seelbach beheimatet.

Defizite hat Eva Jacob in der Hammer Studie bezüglich der sozialen Integration erkannt. Erwachsene verschiedener Migranten-Gruppen pflegen danach kaum Kontakte untereinander. Dem gegenüber verbringen Jugendliche häufig Zeit miteinander, wenn auch die engen Freundeskreise durch Personen gleicher Herkunft geprägt werden.
Die geringen sozialen Interaktionen der erwachsenen Migranten und Einheimischen werden auf das Zusammenspiel vieler Faktoren zurückgeführt, darunter insbesondere Unsicherheiten und Ängste, aber auch schlicht größere Gemeinsamkeiten mit Mitgliedern der gleichen Ethnie. „Manchmal sind auch Vorurteile entscheidende Hinderungsgründe“, merkt Eva Jacob an. Als auffällig wurden Ressentiments von (Spät-)Aussiedlern gegenüber Türkischstämmigen und umgekehrt festgestellt. Die religiösen Zugehörigkeiten bewirken dabei eine starke Orientierung auf die eigene Gruppe.
Während der Türkisch-Islamische Kulturverein überaus häufig als Ansprechpartner für verschiedene Themen fungiere, zeige sich die Mennoniten Brüdergemeinde zurückhaltender, auch wenn sie prinzipiell Gesprächsbereitschaft signalisiere. Wichtige sozialintegrative Funktionen übernähmen in der Verbandsgemeinde Hamm die Vereine im sportlichen Bereich. „Es wäre wichtig, wenn sich weitere Vereine öffnen würden und auf diese sollten dann auch mennonitische Mitbürger zu gehen“, so Eva Jacob weiter.
Im Wohnungsbereich erkannte Eva Jacob weitere Unterschiede. Türkischstämmige Personen leben häufig an verkehrsreichen Straßen. (Spät-)Aussiedler wohnen zumeist ländlicher und überwiegend in neu errichteten Häusern und damit qualitativ hochwertiger.
Die Sprachkenntnisse der Aussiedler werden als sehr gut eingestuft, die der Spätaussiedler jedoch nicht als optimal. Erhebliche sprachliche Mängel weisen türkische Kinder im Vorschul- und Grundschulalter auf, selbst wenn sie bereits in der dritten Generation in Deutschland leben. Jugendliche aus diesem Migrantenbereich haben vor allem grammatikalische Schwierigkeiten. Gute Deutschkenntnisse werden den türkischen Männern mittleren Alters bescheinigt; bei den Frauen hängt es von deren Aufenthaltsdauer und dem beruflichen Wirkungsgrad ab.
Im Bildungsbereich erreichen Aussiedler gegenüber anderen Zuwanderern gute schulische Leistungen. Vielleicht ein Indiz dafür, dass Aussiedler nur selten arbeitslos sind.
Zur gezielten und dauerhaften Verbesserung der festgestellten Integrationsdefizite empfiehlt Eva Jacob weitere Qualifizierungen ausländischer und türkischstämmiger Mitbürger. „Gemeinsame Veranstaltungen sollten organisiert, Treffpunkte für die Frauen eingerichtet und Vereine sensibilisiert werden.“

Als vorteilhaft sieht die Diplomschreiberin in weiteren Handlungsempfehlungen die Beachtung und das Aufgreifen des Themas in kommunalpolitischen Gremien, die Einrichtung eines Beirates für Migration und Integration sowie die Benennung eines Ansprechpartners für Integration in der Verwaltung an. Auf Kreisebene schlägt sie die Erstellung eines Integrationskonzeptes und die Stärkung der Rolle des Integrationsbeauftragten vor. (rö)
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