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Nachricht vom 03.08.2025
Rheinland-Pfalz
Bildungsminister Teuber setzt auf datengestützte Schulentwicklung
Rheinland-Pfalz plant eine umfassende Reform der schulischen Bildung, die auf datenbasierte Ansätze setzt, um den individuellen Lernfortschritt zu fördern. Bildungsminister Sven Teuber skizziert seine Vision für die Schule der Zukunft, in der weniger Prüfungen und mehr Individualität im Vordergrund stehen.
Bildungsminister von Rheinland-Pfalz Sven Teuber im Interview. Foto: Helmut Fricke/dpaMainz. Eine datengestützte Schulentwicklung ist das Ziel des rheinland-pfälzischen Bildungsministers Sven Teuber. Im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur erklärte der SPD-Politiker, dass es darum gehe, kompetenzorientierter zu werden und dies durch Datenanalyse zu unterstützen. "Es ist eigentlich wie ein digitaler Schülerausweis mit Speicherplatz." Für die Grundschulklassen in Rheinland-Pfalz gibt es bereits Verfahren zur Erhebung der Kompetenzen der Klasse und jedes einzelnen Schülers, wobei auch die Entwicklung nachvollzogen werden kann. Dies ermöglicht Lehrkräften, gezieltes Feedback zu geben, worauf sie bei wem noch einmal genau achten sollten, so Teuber.

Schüler-ID zur Entwicklung von Bildungsbiographien
Diese Daten könnten von einer KI ausgewertet werden. "Und dann haben wir künftig eine Schüler-ID und die schafft eine kompetenzorientierte Darstellung von einer Entwicklung von Bildungsbiographien." Eltern könnten den Fortschritt ihrer Kinder nachvollziehen, während Lehrer mit Schülern und Eltern die Entwicklungen besprechen können, um Stagnationen zu erkennen und auszugleichen. "Da habe ich doch einen viel größeren Mehrwert, als wenn ich sechs oder sieben Klausuren geschrieben habe, die alle von unterschiedlichen Lehrerinnen und Lehrern sind, aber nie nachhaltig werden."

Immer wieder Lust am Lernen und Neugierde auf Neues
"Wir sind als Gesellschaft im stetigen Wandel. Das heißt, wir brauchen immer wieder Lust am Lernen und Neugierde auf Neues", betonte Teuber. Dies könne nur gelingen, wenn Druck herausgenommen oder Prüfungen verändert würden, sagte Teuber unter Verweis auf wissenschaftliche Studien. "Es geht ja nicht darum, nur weniger zu machen." Unterschiedliche Entwicklungsfelder für jeden Schüler und jede Schülerin seien wichtig, mit Formaten wie Gesprächen, Präsentationen oder kreativen Beiträgen anstelle von Klausuren. "Das schafft Resilienz, das schafft Stärke und Lust darauf, Lernen als etwas Positives zu erzeugen", so Teuber.

Vom Sinn der Schulnoten
"Wir wollen alle Noten und wir wollen im Endeffekt gute Noten erreichen", stellte der Minister fest. "Eine Note ist eine Aussage über die Entwicklung von Kindern. Wir müssen den Kindern aber auch die Entwicklung ermöglichen", unterstrich Teuber. "Das bedeutet, der Leistungsnachweis erfolgt zu einem Punkt X für die Schülerin Y und zu einem Punkt Y für den Schüler Z." Wichtiger sei das Feedback zur Note: "Warum ist das hier eine 1, eine 3 und warum ist das hier mangelhaft?" Dazu gehöre dann: "Was musst du und was solltest du weiter lernen und kompetenzorientiert erarbeiten? Das ist das Entscheidende."

Schüler brauchen Zeit für Bildung und Entwicklung
Curricula müssten regelmäßig überprüft und erneuert werden. "Die Schüler brauchen Zeit für Entwicklung, Zeit für Bildung", sagte Teuber. Seine Überlegungen basieren auf einem gemeinsam mit Bertelsmann und anderen erarbeiteten Papier zur neuen Lern- und Prüfungskultur. Teuber plant, sich im September in Kanada über die dortige datengestützte Schulentwicklung zu informieren, da sie dort besonders weit entwickelt ist.

GEW unterstützt Teubers Vorschläge im Grundsatz
Die Bildungsgewerkschaft GEW unterstützt grundsätzlich die Vorschläge aus dem Bertelsmann-Papier und Teubers Forderungen nach weniger Klausuren, wie die Landesvorsitzende Christiane Herz sagte. Es sei pädagogisch sinnvoll, die Zahl formaler Leistungstests in der Grundschule und in den Klassen der Sekundarstufe I deutlich zu reduzieren. Die Grundschulordnung ermögliche schon seit über 20 Jahren, bis zur Hälfte der gruppenbezogenen Leistungsnachweise durch andere zu ersetzen. Allerdings machten nur wenige Schulen davon Gebrauch.

GEW sieht aber auch ein Problem
Ein wichtiger Faktor werde im Bertelsmann-Papier übersehen: "An unseren Schulen ist aktuell nur dann eine annähernd 100-prozentige Unterrichtsversorgung gegeben, wenn alle Kolleginnen und Kollegen sich im Haus befinden." Es gebe keine Vertretungsreserven für Krankheitsfälle und Fortbildungen. "So ergibt sich jeden Tag ein Vertretungsbedarf zwischen 5 und 20 Prozent, der nur kompensiert werden kann, wenn die an der Schule bestehenden pädagogischen Konzepte aufgelöst werden", sagte Herz. "Wenn flächendeckend eine veränderte Lernkultur erreicht werden soll, müssen die Bedingungen an den Schulen, aber auch schon an den Kitas grundlegend verbessert werden." (dpa/bearbeitet durch Red)
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