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Nachricht vom 14.08.2025
Region
Wiedereröffnung der Altenkirchener Stadthalle: Ambiente fast wie im "Spiegelzelt“
Geschafft! Die Wiedereröffnung der Altenkirchener Stadthalle, von vielen lang ersehnt, ist Realität geworden. Die Zeiten, in denen ein größerer Saal für kulturelle Veranstaltungen und große Feierlichkeiten fehlte, sind vorbei. Eine vor wenigen Wochen erst installierte neue Lüftungsanlage auf dem Dach macht es möglich, dass die Türen seit Mittwochabend (13. August) wieder für die Öffentlichkeit geöffnet werden können.
Rund 220 Gäste nahmen die umgestalteten Säle der Altenkirchener Stadthalle bei der Wiedereröffnung in Augenschein. (Foto: vh)Altenkirchen. Mehr als vier Jahre, genauer gesagt seit 31. Juli 2021, fehlte in Altenkirchen ein großer Saal für kulturelle Veranstaltungen und Feierlichkeiten jedweder Art. Die Schließung der Stadthalle wegen asbestbelasteter Klappen in der Lüftungsanlage traf die Verantwortlichen und mögliche Nutzer bis ins Mark. Erst ein Hilferuf aus dem Kultur-/Jugendkulturbüro Haus Felsenkeller zum Ende des vergangenen Jahres, das laut dessen Geschäftsführer Helmut Nöllgen über keinen Spielort mehr verfüge, setzte die Maschinerie der Problemlösung in Gang. In nur wenigen Wochen konkretisierte sich der Plan, mit einem neuen Lüftungsgerät auf dem Dach und Komplettabschottung der alten Verschlüsse der Stadthalle neues Leben einzuhauchen. Mit der feierlichen Wiedereröffnung am Mittwochabend (13. August) fand das Projekt, das in Windeseile alle bürokratischen Hürden genommen hatte, seinen gebührenden Abschluss. Neben dem Areal im ersten Obergeschoss (beide Säle, eine Trennung gibt es nicht mehr) und weiteren erforderlichen Räumen wie Künstlergarderobe hängen auch das Treppenhaus und das Foyer an der neuen „luftigen“ Ver- und Entsorgung. Für die Toiletten im Erdgeschoss wurde eigens eine Belüftung eingebaut. Weiterhin nicht genutzt werden können in Parterre Küche und Restaurant sowie der „Keller“, in dem einst die beiden Kinos, die vier Kegelbahnen und die Bierstube ihr Dasein fristeten. Die Stadt investierte rund 220.000 Euro in die Maßnahme. Per Vertrag regelten die kommunal Verantwortlichen und das Kultur-/Jugendkulturbüro Haus Felsenkeller die Nutzung, die beiden Seiten einräumt, die Halle auch in Eigenregie zu vermieten, wenn es die Terminplanung zulässt. „Wie das laufen wird, muss sich einschleifen. Es ist ein Experiment“, sagte Altenkirchens Stadtbürgermeister Ralf Lindenpütz.

Staunen war angesagt
Viele der rund 220 Gäste staunten beim Betreten der Säle nicht schlecht, sahen sie sie sich doch eher in einen „Spiegelzelt“ denn in einem stinknormalen Veranstaltungsrefugium angekommen. Nöllgen und Mitstreiter hatten in einem achtwöchigen Marathon „fast Tag und Nacht und mit wenig Schlaf“ für die Verwandlung gesorgt – und das alles ohne einen einzigen Plan, wobei der Innenraum des „Crystal Palace“, das elfmal auf dem Schlossplatz als Spielstätte für kulturelle Events aufgeschlagen worden war, Pate stand und „aus dem Kopf“ (Nöllgen) kopiert wurde. Die Zuschauer können nunmehr vom hinteren Bereich, der auf zwei unterschiedlich hohen Ebenen angelegt ist, viel besser das Geschehen auf der Bühne verfolgen. An den Seitenwänden regieren große Paravents, die im oberen Bereich jeweils mit farblich unterschiedlicher Beleuchtung daherkommen. Der große hölzerne, von Nöllgen gezimmerte und vielen bekannte Thekenbereich (im ehemals kleinen Saal) war schon im richtigen Spiegelzelt und im Kultursalon im Burgwächter-Matchpoint auf der Glockenspitze im Einsatz. „Wir bringen in die Region, was die Stadt verdient, was die Halle verdient“, betonte Nöllgen mit Blickrichtung Programm und ergänzte: „Die acht Wochen waren ein einziges Abenteuer.“ Ein Aspekt seiner Motivation sei auch das bevorstehende 40-jährige Jubiläum des Kultur-/Jugendkulturbüros im kommenden Jahr gewesen. Er war und ist froh, dass die Dekoration zunächst einmal „immer stehen bleiben kann“. So ganz nebenbei lobte Nöllgen den Komiker und Kabarettisten Torsten Sträter, einen „Freund der Familie“, der in den finalen Tagen der Umgestaltung bewiesen habe, dass er auch mit einem Akkuschrauber wie bei der Montage der Raumteiler umgehen könne. Ob das neue Dekor, ob sein Stil allen Nutzungen und Nutzern gerecht werden kann, sei zunächst einmal dahingestellt. Die Zeit wird diese Fragen beantworten. Fest steht ohne Wenn und Aber: Die Stadthalle weist in ihrem neuen Gewand ein Alleinstellungsmerkmal im weiten Umkreis rund um Altenkirchen herum auf. Apropos Spiegelzelt: Es war zum (wahrscheinlich) letzten Mal 2022 Gastgeber für ein rund dreiwöchiges Programm an der Stelle, wo einst das Schloss stand. „Ich war nicht mehr bereit, das finanzielle Risiko einzugehen“, beschrieb Nöllgen die Abkehr von einem doch lieb gewonnenen „Dauerbrenner“.

„Einmalig und ccol“
„Das ist einmalig, das ist cool, wenn ich von hier oben runterschaue“, sagte Lindenpütz von seiner Bühnrnposition am Rednerpult aus. In groben Zügen berichtete er von dem Kraftakt der Realisierung der erneuten Nutzung, der sich über knapp acht Monate hingezogen hatte, und lobte den „kurzen Dienstweg“, auf dem viele Dinge geklärt worden seien, sowie die unkomplizierte Zusammenarbeit unterschiedlicher Behörden. Lindenpütz nannte das ganz einfach „bürgernahe Politik“. Zudem stellte er mit Blick auf den Grund der Schließung klar, dass es eine „Asbestbelastung im regulären Betrieb nie gegeben hat“. Fred Jüngerich als Bürgermeister der Verbandsgemeinde Altenkirchen-Flammersfeld stufte es ein als „wichtig, gut und richtig, dass die Stadt Altenkirchen wieder eine Spielstätte hat und somit ein bisschen konkurrenzfähig zum Umland bleiben kann, das von dem herrlichen Raum partizipiert“. An die Adresse Nöllgens gerichtet, lobte er: „Das hast Du fantastisch gemacht! Vielen Dank!“ Rückblickend tat es Jüngerich schon weh, zum Beispiel für die Abiturfeier des Westerwald-Gymnasiums „keine Spielstätte“ gehabt zu haben, so dass er auch schon nach Herschbach zum Ausweichort fahren musste, „das war nicht schön“.

Drei unterschiedliche Varianten
Wie die Zukunft der „guten Stube“ grundsätzlich daher kommen wird, ist noch unklar. Eine in Auftrag gegebene Machbar- oder auch Wirtschaftslichkeitsstudie soll das weitere Vorgehen vor dem Hintergrund dreier unterschiedlicher Varianten klären helfen: Sanierung, Abriss und Neubau am jetzigen Standort oder Abriss und Neubau auf einem anderen, noch festzulegenden Grundstück, wobei die Investition in die neue Lüftungsanlage auch als Baustein einer möglichen Grundüberholung gesehen werden kann. Erwartet wird, dass im dritten Quartal des Jahres die Gremien den noch nicht bekannten Inhalt der Ausarbeitung diskutieren werden. Nicht auf Speis und Trank verzichten müssen die Besucher (meistens an bestuhlten Bistrotischen). In erster Linie werden Getränke in Flaschen ausgegeben, „feste“ Nahrung ist per Caterer-Anlieferung nach Absprache mit dem jeweiligen Nutzer möglich.

Die Geschichte der Stadthalle
Die Geschichte einer Stadthalle am jetzigen Standort reicht bis in den Anfang der 1920er-Jahre mit dem Baubeginn der ersten Variante zurück, die 1924 noch als „Schützenhaus“ eingeweiht wurde, wie Citymanagerin Anna Laux und Stadtführer Günter Imhäuser in einem kurzen geschichtlichen Abriss darstellten. Wenig später in Stadthalle umbenannt (den Schützen fehlte das Geld, sodass die Stadt die Halle übernahm), überstand sie den Bombenterror der Alliierten Luftstreitkräfte im Frühjahr 1945 so gut wie unbeschadet. Die Umsetzung des neuen Verkehrskonzeptes mit der Innerortsumgehung und der Fußgängerzone bedingte den Abriss des alten Gebäudes, an dessen Stelle nach rund zweieinhalbjähriger Bauzeit das Folgemodell mit der Eröffnung am 14. April 1984 trat. Über Jahre hinweg war der Komplex mit den Sälen, Restaurant, Union-Kino-Center und Kegelbahnen gut ausgelastet, ehe im Frühjahr 2011 die ersten dunklen Wolken am Himmel über dem Treffpunkt aufzogen. Zum 31. Mai schlossen die beiden Lichtspieltheater. Nur ein knappes Jahr später, im Februar 2012, prangerte der Landesrechnungshof das Defizit aus dem Betrieb der Stadthalle an, das sich pro Jahr auf rund 250.000 Euro belief. Parallel wurde dem Pächter des Restaurants zum 30. Juni gekündigt, so dass auch die Kegelbahnen und die Bierstube im Untergeschoss dicht gemacht werden mussten. Versuche, neue Betreiber für die Gaststätte zu verpflichten, scheiterten. So fristete das markante Objekt ein eher bescheidenes Leben. Veranstaltungen mit im Laufe der Jahre unterschiedlichen Caterern waren jedoch möglich, ehe als Folge des Lüftungsklappen-Desasters und noch während der Corona-Pandemie das Aus zum 31. Juli 2021 verfügt wurde. Im Laufe der Jahre waren, so zeigten Laux und Imhäuser anhand alter Fotografien, teils auch hoch gestellte Politiker wie die Bundeskanzler Konrad Adenauer, Willy Brandt oder Helmut Kohl Gäste in dem damals rund 1000 Besucher fassenden Ur-Bau. Ein Schnappschuss ließ schließlich viele schmunzeln: Als „Afrikaner“ verkleidet (zumindest im Gesicht schwarz angemalt), besuchte der ehemalige Altenkirchener Zahnarzt Walter Flemmer, auch „Wutz“ genannt, sogar in Begleitung eines wahrhaftigen Kamels, das er sich von einem in der Stadt gastierenden Zirkus geborgt hatte, die „heiligen Hallen“ ... (vh)
       
   
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