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Nachricht vom 30.09.2025 |
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Region |
Kreistag erfährt: Wirtschaft im AK-Land ist alles andere als auf Rosen gebettet |
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Die wirtschaftliche Lage im Land an Sieg und Wied ist alles andere als rosig: Dieses Resultat stand am Ende einer Analyse der Situation im AK-Land, die die Wirtschaftsförderung Kreis Altenkirchen dem Kreistag in dessen Zusammenkunft am Montagnachmittag (29. September) zur Kenntnisnahme vorlegte. |
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Altenkirchen. Weltweit gerät die Wirtschaft in immer neue Turbulenzen dank US-amerikanischen Zöllen oder bewaffneten Auseinandersetzungen. Lieferketten brechen zusammen, Unternehmen stehen vor immens hohen Bergen von Problemen. In Deutschland stöhnen Firmen unter der ausufernden Bürokratie. All diese Begleitumstände sind auch für heimische Betriebe Gift, wie der Kreistag Altenkirchen in seiner Sitzung am Montagnachmittag (29. September) von Lars Kober, dem Leiter der Wirtschaftsförderung Kreis Altenkirchen, erfuhr. „Seit Anfang der 2000er-Jahre hat sich der Kreis Altenkirchen von den Nachbarkreisen wirtschaftlich entkoppelt“, verwies Kober vergleichend auf die regionale Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Demnach belaufe es sich im Land an Sieg und Wied auf 29.945 Euro je Einwohner, im Kreis Neuwied auf 36.923 und im Westerwaldkreis auf 38.963 Euro (Stand jeweils 2022). Beim frei verfügbaren Einkommen rangiere der Kreis auf Platz 21 von 24 in Rheinland-Pfalz: 24.729 Euro gegenüber beispielsweise 25.718 und 27.134 Euro im Kreis Neuwied und Westerwaldkreis (Stand 2022). Dabei handele es sich um den Geldbetrag, der nicht für feste Ausgaben benötigt werde und für Hobbys, Ausgehen oder andere flexible Ausgaben verwendet werden könne. Dass viele Menschen aus welchen Gründen auch immer in heimatlichen Gefilden jeweils nicht ihren Arbeitsplatz haben, machte die Pendlerstatistik deutlich: Im Jahr 2024 habe die Auspendlerquote 50 Prozent (26.300) betragen, 13.250 Menschen seien zum Arbeiten in den Kreis gekommen. „Wesentliche Zielregionen für Auspendler waren der Kreis Siegen-Wittgenstein mit 8500 und die Region Köln/Bonn mit 4200 Pendlern“, stellte Kober dar.
Erneuerbare Energien immer wichtiger
In Sachen Branchenstruktur sei der Kreis beim produzierenden Gewerbe mit 32,8 Prozent vorne mit dabei (Land 27,8/Neuwied 30,6/Westerwaldkreis 31,9), bei den Dienstleistungen erreiche er mit 63,5 Prozent nicht ganz das Niveau der „Konkurrenten“ (Land 68,6/Neuwied 65,9/Westerwald 64,5). „Im Jahr 2024 sank die Bruttowertschöpfung im produzierenden Gewerbe in Rheinland-Pfalz um 5,1 Prozent“, merkte Kober an, die Landwirtschaft spiele nur eine untergeordnete Rolle. In puncto Insolvenzen schneide das AK-Land besser ab, wie die Statistik der Jahre von 2020 und 2024 beweise; alle drei hätten gemeinsam, dass die Entwicklung der Neugründungen bereits seit 2010 kontinuierlich rückläufig sei. „Die Verfügbarkeit von erneuerbaren Energien entwickelt sich zunehmend zum entscheidenden Standortvorteil für unternehmerische Investitionsentscheidungen. In der Folge stellt der konsequente Ausbau vor allem der Wind- und Solarenergie einen zentralen Beitrag zur Standortattraktivität und zum Erhalt bestehender Unternehmensstandorte dar“, leitete er zu einem immer mehr an Bedeutung gewinnenden Aspekt über. Vor diesem Hintergrund hinkt der Kreis hinterher (produzierte kWh): Altenkirchen 134.615 (entspricht ca. 27 Windrädern), Neuwied 166.785 (33 Windräder), Westerwald 465.392 (93 Windräder), wobei der Westerwaldkreis rund 50 Prozent größer ist als der Kreis Altenkirchen. In den Rankings von Analyse- und Beratungsunternehmen belegt der Kreis Ränge im hinteren Mittelfeld: Prognos 308 (von 400) mit dem Zusatz „leichte Risiken“ (Wirtschaft und Arbeitsmarkt 351); Neuwied 242 mit dem Zusatz „ausgeglichene Chancen/Risiken“ (318); Westerwald 222 mit dem Zusatz „ausgeglichene Chancen/Risiken“ (326). Das „Institut der Deutschen Wirtschaft“ wertet: Altenkirchen Rang 306 (Index-Wert 48,6), Westerwald 201 (49,8), Neuwied 210 (49,7).
Unternehmen sind zunehmend frustriert
Kober bilanzierte: „Vorhandene Angebote im Bereich der Förderung, Beratung und kostenlosen Unterstützung von Kammer, Wirtschaftsförderungen, Universitäten, Kreishandwerkerschaft und sonstigen Institutionen werden von den Unternehmen nicht ausreichend genutzt. Die Unternehmen sind zwar offen gegenüber Digitalisierungsvorhaben oder der Nutzung Künstlicher Intelligenz, jedoch fehlt es häufig an finanziellen oder personellen Ressourcen.“ Kapazitäten würden nicht geschaffen bzw. könnten nicht geschaffen werden. Unternehmen seien zunehmend frustriert. Sei es aufgrund von Bürokratie, der Transformation oder häufig auch aufgrund nicht gut ausgebildeter Schüler, denen Grundkenntnisse in den Fächern fehlten, die die Grundlage für eine erfolgreiche Ausbildung bildeten. Viele kleine und mittelständische Unternehmen, „die familiengeführt sind und eine gewisse Historie aufweisen, gehen davon aus, dass alles wieder so wird, wie es einmal war, da man schon viele Krisen gemeistert hat. Davon ist jedoch nicht mehr auszugehen, denn es handelt sich um kein konjunkturelles, sondern um ein strukturelles Problem“, erläuterte Kober und stellte einen Verbindung zum gegenwärtigen Zustand (Status Quo) per Schlagworte her. „Schwächere wirtschaftliche Entwicklung im Landkreis Altenkirchen im Verhältnis zu den Nachbarkreisen; vergleichsweise geringer Ausbau im Bereich der erneuerbaren Energien; gestiegene Insolvenzen und geringe Gründungsaktivitäten; geringere Verdienstmöglichkeiten im Vergleich zu den Ballungszentren und Nachbarkreisen erfordern eine Rekrutierung von qualifizierten Arbeitskräften aus dem Ausland; Verlust von Arbeitskräften in die Nachbarregionen; Anteil an Hidden Champions unterdurchschnittlich; erste Produktionsverlagerungen ins Ausland zeichnen sich ab; Bedarf an der Ausweisung weiterer Gewerbeflächen.“
„Traforce“ bietet Unterstützungsangebote
Und da ist ja noch die Transformation als Folge der kompletten Umstrukturierung der Automobilindustrie: „Sie wird den Landkreis Altenkirchen stärker treffen, als andere Regionen in Deutschland und ist mit dem hohen Anteil unserer Unternehmen im Automotivbereich begründet“, legte Kober dar. 36 Regionen in Deutschland seien „besonders vom automobilen Wandel“ (E-Mobilität) betroffen, deshalb sei 2022 „Traforce“ gegründet worden. Die Transformation treffe den Landkreis Altenkirchen aufgrund seiner Abhängigkeit vom Verbrennungsmotor und dessen Komponentenherstellern besonders stark. „Die Transformation in Energie, Mobilität, Digitalisierung und Beschäftigung ist in vollem Gange. Traditionelle Geschäftsfelder bzw. Produkte werden mittel- bis langfristig wegfallen. Wer nicht transformiert, sei es im Bereich der Produktumstellung oder der Nutzung von Künstlicher Intelligenz, wird voraussichtlich nicht mehr am Markt teilnehmen. Transformation verstehen, aktiv gestalten und Chancen nutzen: Nur so sichern wir Wertschöpfung, Arbeitsplätze und regionale Stärke. Unterstützungsangebote für jeden Bereich der Transformation sind vorhanden“, verdeutlichte Kober.
Viele Unternehmen möchten sich vergrößern
Trotz unsicherer Wirtschaftslage sehnen sich Unternehmen im Kreis dennoch auch nach mehr Platz – also größerer Fläche – für ihren jeweiligen Betrieb. Dieses Resultat ergab eine Umfrage der IHK im AK-Land (Januar 2025); Empfänger waren 870 Firmen, 74 nahmen teil (Quote 8,5 Prozent), wie Thomas Bellersheim, IHK-Vizepräsident und Mitglied des Regionalbeirates, darstellte. Demnach hätten 43 Prozent der Firmen angegeben, mehr gewerbliche Fläche zu benötigen, sieben Prozent seien unentschlossen gewesen, 50 Prozent hätten „Nein“ gesagt. Akut Bedarf hätten 27 Prozent angemeldet, 19 Prozent kurzfristig (innerhalb eines Jahres), der Rest zwischen zwei und vier sowie zwischen fünf Jahren und länger. Die größte Gruppe hätte als zusätzliches Areal zwischen 5000 und 10.000 Quadratmetern erwähnt (46 Prozent), 41 Prozent bis zu 5000 Quadratmeter. Ein klares Ergebnis hätte sich bei der Verwendung der neuen Ausdehnung ergeben: 29 Prozent für Lager, 24 Prozent für Büro und Verwaltung sowie jeweils 19 Prozent für Stellplätze und Produktion. Das zeige, dass die Bevorratung steige infolge der instabilen Lieferketten, meinte Bellersheim. Unternehmen suchten vor allem im Nahbereich zum bestehenden Standort Erweiterungsmöglichkeiten: 92 Prozent bis maximal zehn Kilometer Entfernung. Für 59 Prozent der Befragten könne der Flächenbedarf aktuell nicht gedeckt werden (Bellersheim: „Erschreckend diese Aussage“), 24 Prozent hätten Bereiche in Aussicht (Umsetzung bisher ungewiss), acht Prozent teilten mit, dass Gewerbeflächen in der Realisierung seien. Und wenn keine Möglichkeit der Erweiterung am aktuellen Standort bestehe: Dann wollten 38 Prozent die Pläne alternativlos fallen lassen, 31 Prozent ihre Pläne an einem anderen (weiteren) Standort umsetzen, und 25 Prozent zögen eine gänzliche Betriebsverlagerung in Betracht. (vh)
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Nachricht vom 30.09.2025 |
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