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Nachricht vom 06.12.2025
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Kultursalon Altenkirchen: "Rock4" und die A-cappella-Versionen von "Queen"-Songs
Es war keine Nacht in der Oper, sondern ein Abend in der Stadthalle. Dennoch: Die A-cappella-Formation "Rock4" beamte die rund 300 Zuhörer rund 50 Jahre zurück. Genauer gesagt nach 1975, als die Rockgruppe "Queen" ihr Album "A Night at the Opera" auf den Markt gebracht hatte. So ganz ohne die Begleitung von Klavier, E-Bass, Gitarre und Schlagzeug verzauberte das Gäste-Quartett das Auditorium.
"Rock4" weckte die Erinnerungen an "Queen" (von links): Luc Devens, Lucas Blommers, Phillip Schröter und Miklós Németh. (Foto: vh)  Altenkirchen. 50 Jahre sind eine Menge Zeit, in 50 Jahren wird vieles vergessen. Aber das vierte Studioalbum der britischen Rockband "Queen" zählt noch längst nicht zum alten Eisen. "A Night at the Opera", veröffentlicht am 21. November 1975, gilt als eine der besten Zusammenstellungen von Titeln des Quartetts - auch mit dem von Freddie Mercury geschriebenen Stück "Bohemian Rhapsody". Wer sich ans Nachspielen wagt, wird nicht unbedingt scheitern. Aber den Elfer-Pack (bis auf "God save the Queen") und weitere Songs der "adligen" Vierer-Combo völlig neu und ganz ohne begleitende Musik zu interpretieren, bedarf schon eines gewissen Mutes und Selbstvertrauens in die eigenen musikalischen Fähigkeiten. So ganz wohl war dem einen oder anderen Fan die Aussicht, die Hits des legendären Ensembles von der Insel ganz ohne Klavier, E-Bass, Gitarre und Schlagzeug zu hören, gewiss nicht. Das ungute Gefühl im Magen, womöglich Geld in Tickets für ein mittelmäßiges Event investiert zu haben, aber verflog im Handumdrehen. Im Nu hatte "Rock4" den Altenkirchener Kultursalon in der Stadthalle auf seiner Seite. Die Gedanken, dass die A-cappella-Versionen der "Queen"-Klassiker den Abend verderben würden, waren schon mit den ersten Tönen wie weggeblasen. Und die Freude über und die Wertschätzung für die Darbietungen von Luc Devens, Miklós Németh, Phillip Schröter und Lucas Blommers nahmen von Sekunde zu Sekunde zu. Schon mit "Killer Queen" (nicht von der legendären Langspielplatte) im ersten Song-Dreierblock brachten die beiden Niederländer, der Österreicher und der Ungar den Saal final auf ihre Seite. Und nach und nach zerstob auf bei den letzten Zweiflern der Argwohn, dass diese Interpretation der Musik von "Queen" nichts für rockgewöhnte Ohren sei. Einen der Bühnencrew herauszuheben, wäre Eulen nach Athen getragen zu haben.

Ein Mann der vielen Oktaven
Devens überzeugte als Lead-Sänger mit einer grandiosen Stimme, die mehr als vier Oktaven umfasst, mit der er in einer Weise jongliert, die bisweilen atemberaubend ist. Zudem führte er durch den Abend, was ihn hin und wieder zu der einen oder anderen Anspielung auf das Verhältnis zwischen "Holländern" und Deutschen verleitete ("Wir kommen aus den Niederlanden, ist das überhaupt erlaubt? Aber wir gewinnen doch im Fußball."). Schröter, zu Hause in Wien und nicht wie Devens in Maastricht beheimatet und schlichtweg als Vocal-Percussionist beschrieben, war, teils gemeinsam mit Németh (Budapest), in einem Maße für die "Begleitmusik" verantwortlich, die die Bezeichnung "außergewöhnlich" verdiente. Selbst Devens lobte ihn über den grünen Klee und kreierte mit einem leichten Lächeln wohl ein neues Wort, das noch keinen Eingang in den Duden gefunden hat: "Munderregung". Blommers (aus einem kleinen Dorf in der Nähe von Maastricht stammend), mehr der Mann für die klassischen und ergänzenden Töne, fühlte sich, meistens an der Seite von Devens, eher in der Rolle des unterstützenden und gesanglich komplettierenden Parts wohl. Nicht nur bei "We will rock you" (ebenfalls nicht von dem weltberühmten Album) sang die Halle, vor allen Dingen animiert von Devens, lautstark mit.

"Das ganze Album ist ein Kunstwerk"
Zurück zu "A Night at the Opera", deren Stücke (in erster Linie von Brian May und Mercury geschrieben) den zweiten Teil am Freitagabend (5. Dezember), organisiert vom Kultur-/Jugendkulturbüro Haus Felsenkeller unter Helmut Nöllgen, bestimmten. Und erneut ergriff Devens das Wort. Er sprach von lediglich drei Titeln, die vor 50 Jahren auf der Vinyl-Schreibe erschienen und zu Hits geworden seien. Dennoch: "Das ganze Album ist ein Kunstwerk, so wie es "Bohemian Rhapsody" auch ist. Zwölf kleine Skizzen vereinigen sich zu einem Gemälde. Und "Bohemian Rhapsody" hat Freddie nur für sich allein geschrieben." Es sei das schönste "Queen"-Album überhaupt, "das können wir diskutieren, müssen wir aber nicht". So eröffneten die Songs, die nicht zu Gassenhauern wurden, ganz neue Blickwinkel auf "Queen". Mit "39´" bedienten sie eher das Folk-Rock-Genre, mit dem über acht Minuten dauernden "The Prophet’s Song" (beide von May geschrieben) bewiesen sie eher ihre experimentelle, gewöhnungsbedürftige Seite, vor der Devens, so wie er darstellte, ein wenig Bammel gehabt habe. Sollte der Vortrag nicht gelingen, wollte er einfach immer wieder bei Null anfangen … Was natürlich nicht zu erwarten gewesen war. Mit dem Blick auf 50 Jahre zurück teilte Devens zudem noch die in den Niederungen sitzende Schar in zwei Hälften, die, die älter als 45 Jahre, und die, die jünger als 45 Jahren waren. Große Getue und mit großer Gestik verbunden, hatte er eine einfache Erklärung für das ungewöhnliche Intermezzo: "Das nächste Lied ist von Seite B", erklärte Devens mit Blickrichtung in die Zeit, als es Apple Music, Spotify & Co noch nicht gab, der geneigte, Musik genießende Mensch die schwarzen Scheiben auf dem Plattenspieler noch von Seite A auf Seite B und wieder zurück eigenhändig drehen musste.

"Bohemian Rhaypsody" als Schlusspunkt
"Bohemian Rhapsody" ließ "Rock4" dann als Schlusspunkt der Hommage an "The Night at the Opera" stehen, die beiden Zugaben machten deutlich, dass für das pan-europäische Bündnis auch auf Abwegen keine Abstriche an seiner Klasse Programm sind. "Whole lotta love" knüpfte intensive Erinnerungen an Led Zeppelin, und "Hallelujah" ebnete dem kanadischen Singer-Songwriter Leonard Cohen (gestorben 2016) den Weg in die Köpfe vieler in der Stadthalle, die inzwischen aufgestanden waren und mit lange anhaltendem Beifall den Musikern dankten, weil sich auch eventuelle Vorahnungen ob des A-cappella-Formates in Luft aufgelöst hatten. (vh)
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