| AK-Kurier |
| Ihre Internetzeitung für den Kreis Altenkirchen |
|
| Nachricht vom 29.12.2025 |
|
| Region |
| Vision: Schafft das Krankenhaus Altenkirchen „Aufstieg“ vom MVZ zur Regioklinik? |
|
| Kann das Altenkirchener Krankenhaus - mittelfristig betrachtet - doch mehr bieten als den Betrieb der Kinder- und Jugendpsychiatrie, der Schmerztagesklinik und eines Medizinischen Versorgungszentrums? Ein womöglich ausbaufähiger Silberstreif am Horizont könnte die Genehmigung von zwei Arztsitzen durch die Kassenärztliche Vereinigung Rheinland-Pfalz fürs MVZ darstellen. |
|
Altenkirchen. Mühsam ernährt sich das Eichhörnchen. Die Redewendung besagt nichts anderes, als das bei der Verfolgung von Zielen eine Portion Geduld und Ausdauer hilfreich sein kann. Gewiss ist: Das in großen Teilen dicht gemachte Altenkirchener Krankenhaus kann nicht von heute auf morgen wieder mit deutlich mehr Leben erfüllt werden. Wenigstens wurden nach dem kompletten Kahlschlag des stationären Angebots als Folge der Insolvenz des Trägers, der DRK gemeinnützige Krankenhausgesellschaft mbH Rheinland-Pfalz, und des kompletten Rückzugs des DRK-Landesverbandes als Klinik-Betreiber, nun zwei Arztsitze von der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Rheinland-Pfalz dem zum 1. Januar 2026 agierenden neuen Träger, der Diakonie in Südwestfalen, genehmigt. Vorausgegangen war gleichfalls die Zahlungsunfähigkeit der DRK gemeinnützige Gesundheitsbetriebsgesellschaft Südwest mbH, unter der die MVZ organisiert waren. Noch im Detail muss abgestimmt werden, wie die beiden Arztsitze definiert werden – abseits der Kinder- und Jugendpsychiatrie (KJP) und der Schmerztagesklinik. Erste Gespräche zwischen lokaler Politik und der Spitze der Diakonie, die bekanntlich gleichfalls das Krankenhaus in Kirchen übernommen hat, fanden statt, aus denen jedoch bislang nichts verlautbart wurde. Nun ploppt hin und wieder der Begriff einer „Regioklinik“ auf, die vor allem im ländlichen Raum helfen soll, ein Angebot an basis-stationären Leistungen vorzuhalten. Selbst der rheinland-pfälzische Minister für Wissenschaft und Gesundheit, Clemens Hoch (SPD), spricht solchen Einrichtungen einen gewissen Charme nicht ab. Sie sollen ebenfalls ambulante Versorgungsleistungen anbieten. Ob er nun ernsthaft hinter solchen „abgespeckten“ Hospitälern steht, sei einmal dahingestellt. Wer weiß schon, ob er über den 22. März 2026 hinaus, also nach den kommenden Landtagswahlen, dieses Amt überhaupt noch ausüben kann und darf, sich eventuell unter einer neuen Führung des Ministeriums (Person oder Partei) ganz andere Überlegungen in Richtung Krankenhausbedarfsplanung ergeben.
Kein Personal für 1700 Kliniken
Alle derzeitigen Gedankenspiele sehen sich einem gewichtigen Schlagwort gegenüber: die geplante Krankenhausreform. Welches Krankenhaus in Rheinland-Pfalz wird künftig wen behandeln? Es sagen sich tiefgreifende Veränderungen an und das in Zeiten des Sparzwangs. In 2026 werden entscheidende Weichen gestellt - mit Folgen auch für Kliniken zwischen Zweibrücken und Kirchen. Angesichts noch vieler nicht beantworteter Fragen mit Blick auf die Reform ist die Planung nicht einfach. Das Land steht in den Startlöchern für die Umsetzung, auch wenn längst noch nicht alle Details auf Bundesseite geklärt sind. Klar ist: Das Projekt dürfte nicht ohne Konflikte über die Bühne gehen. Hoch attestierte dem CDU-geführten Bundesgesundheitsministerium auf dem Weg zur Umgestaltung ein zu geringes Tempo und zu wenig Planbarkeit. Der Entwurf des Krankenhausreformanpassungsgesetzes aus dem Haus von Ministerin Nina Warken berge zu viel Unsicherheit für Länder und Krankenhäuser, sagte Hoch. Aus Sicht der Bundesregierung drohten ohne Änderungen Klinik-Insolvenzen, schlechte Behandlung und weite Wege. Deutschland habe weder den medizinischen Bedarf noch das Personal für 1700 Krankenhäuser. Ziel des Bundes ist es daher, den wirklich benötigten Häusern eine auskömmliche wirtschaftliche Basis zu sichern.
Regiokliniken in wichtiger Rolle
Für eine moderne Gesundheitsversorgung, die regional ganz nah wirke, sah Hoch laut Homepage seines Ministeriums schon im März 2025 eine wichtige Rolle bei der Regioklinik. „Unsere Idee ist, dass eine Regioklinik die Anforderungen an einen sektorenübergreifenden Versorger erfüllt, der durch das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz als neue Versorgungsform ermöglicht wird. Wir sehen in dieser neuen Versorgungsstruktur jedoch auch die Chance, eine umfassende, an die örtlichen Erfordernisse angepasste Gesundheitsversorgung zu gestalten. Die Regioklinik gewährleistet den richtigen Mix aus ambulanter und stationärer Versorgung gerade auch für den Alltagsnotfall sowie das bedarfsgerechte Zusammenwirken unterschiedlicher Gesundheitsberufe“, erklärte Hoch. So seien in deutschen Notaufnahmen 2023 etwa 12,4 Millionen ambulante Notfälle behandelt worden. Bis zu 30 Prozent dieser Fälle hätten dabei nicht in einer voll ausgestatteten Notaufnahme behandelt werden müssen. Solche „Alltagsnotfälle“ könnten schnell gut und umfassend in den Regiokliniken behandelt werden. „Für alle Notfälle gilt: Die Schwere muss schnell und qualifiziert eingeschätzt werden, damit die richtige Rettungskette in Gang gesetzt werden kann. Eine solche Einschätzung nehmen Rettungsdienste vor. Bei Menschen, die selbst die Regioklinik aufsuchen, kann das Fachpersonal dort ebenfalls sehr schnell einschätzen, ob eine spezialisierte Versorgung notwendig oder die Behandlung vor Ort sinnvoll ist. So werden vor allem die 10 bis 15 Prozent wirklich schweren Fälle einer schnellen und medizinisch angemessenen Behandlung in spezialisierten Zentren zugeführt“, betonte er.
Pilotmodell in Hermeskeil
Seit nunmehr über vier Monaten arbeitet die erste Regioklinik in Rheinland-Pfalz: In Hermeskeil wurde als Pilotmodell Mitte August das Marienhaus St. Josef Krankenhaus in Marienhaus Regioklinik St. Josef umbenannt. Die Homepage „Marienhaus Campus Hermeskeil“ beschreibt: „Neben der Marienhaus Regioklinik St. Josef mit 20 Akut-Betten bietet der Campus eine psychiatrische Tagesklinik, ein Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) mit sieben Fachrichtungen und eine geriatrische Rehabilitation mit 70 Betten. Rund um die Uhr sind stets eine Ärztin oder ein Arzt sowie qualifizierte Pflegekräfte vor Ort, die für die stationären Patientinnen und Patienten, aber auch für Menschen da sind, die mit akuten Alltagsnotfällen ins Haus kommen. Für sie stehen geeignete Räume und kompetentes Personal für die Erstversorgung zur Verfügung. An Werktagen werden im Haus Röntgenuntersuchungen, Laboranalysen und weitere diagnostische Verfahren durchgeführt. Zusätzlich ist der Notarztstandort am Marienhaus Campus Hermeskeil rund um die Uhr besetzt und garantiert eine 24-Stunden-Einsatzbereitschaft in der Region rund um Hermeskeil. Am Marienhaus Campus Hermeskeil gibt es zusätzlich ein ambulantes Operations-Zentrum. Hier werden unter anderem in Kooperation mit dem Klinikum Mutterhaus der Borromäerinnen und dem Orthopaedicum in Trier regelmäßig gynäkologische Operationen und orthopädische Eingriffe an Schulter, Knie und Füßen vorgenommen.“
„Freiwillige Leistung“
Inwieweit beteiligt sich womöglich der Kreis Altenkirchen an einer finanziellen Unterstützung des MVZ in der Kreisstadt, ist er doch mit viel Geld am Erhalt des Diakonie Klinikums Kirchen (ehemals DRK-Krankenhaus Kirchen) beteiligt? „Eine gesonderte Verlustübernahme für die KJP bzw. die Schmerzklinik war nicht Gegenstand einer vertraglichen Einigung“, hieß es in einer Antwort der Kreisverwaltung auf eine Anfrage des Mitgliedes des Kreistages Ralf Käppele (Wählergruppe Käppele), „der Verlustausgleich wäre nach hier vertretener Auffassung in jedem Fall eine freiwillige Leistung. Trotzdem ist es aus Sicht der Zentralabteilung im Interesse der Gesamtversorgung der aufrecht zu erhaltenden Funktionsfähigkeit der medizinischen Struktur und der Möglichkeit eines potentiellen neuen Trägers, ökonomische Synergie zu nutzen und erforderliche Strukturanpassungen vorzunehmen, geboten, die Verlustübernahmevereinbarung auch auf die MVZ auszudehnen. Die MVZ sind als ein Annex zum Sicherstellungsauftrag zu sehen. In jedem Fall wäre eine Lösung zu präferieren, die den ehemaligen Krankenhausstandort Altenkirchen nicht vollends, von niedergelassenen Ärzten abgesehen, aus der medizinischen Verantwortung herauslöst. … An dieser Rechtsauffassung hält die Kreisverwaltung fest. Zunächst einmal wären Kostenübernahmen des Landkreises für ein MVZ freiwillige Ausgaben, die aufgrund des hohen defizitären Haushaltes rechtlich nicht vertretbar wären. … Ein weiteres Engagement über den Zeitpunkt der Sicherstellung des Krankenhausbetriebes im Landkreis Altenkirchen hinaus wurde seitens der Zentralabteilung in der Beschlussvorlage weder thematisiert noch empfohlen.“
Zwei vertane Chancen
Nach wie vor trauert Käppele der Tatsache nach, dass das Angebot der Diakonie in Südwestfalen im zweiten Insolvenzverfahren, zumindest drei der fünf Kliniken der DRK-Krankenhausgesellschaft Rheinland-Pfalz (Altenkirchen, Hachenburg, Kirchen) zu übernehmen, nicht zum Zuge kam. Aus seiner Sicht hätte der Komplex am Leuzbacher Weg dann ganz anders dagestanden, weil er mit Abstand aus baulicher Sicht die Spitzenposition gegenüber den anderen beiden Hospitälern im nördlichen Westerwald inne hat(te). Das habe auch Diakonie-Geschäftsführer Dr. Josef Rosenbauer bereits so dargestellt. Inzwischen wurde das Krankenhaus Hachenburg zum Mitglied im Verbund der evangelischen Krankenhausgesellschaft Dierdorf/Selters. Bei einer Übernahme der drei Häuser durch die Diakonie hätte sich angeboten, Hachenburg als Fachklinik für Orthopädie und Herzkatheterplätze fortzuführen, Altenkirchen als den Grundversorger der Region mit der im Kreis jetzt nicht mehr vorhandenen Notfallversorgung zu erhalten und Kirchen als Ergänzung zum Jungstilling in Siegen und Freudenberg in das Portfolio der Diakonie einzubinden. Und dann war da ja noch der Einwohnerantrag, maßgeblich von Käppele organisiert, der einen „Heimfall“ der beiden Kliniken im AK-Land den Weg ebnen sollte, so dass beide wieder in die Träger-Obhut des Kreises gekommen wären, das Ansinnen scheiterte jedoch mit großer Mehrheit im Kreistag. „Wäre das Begehren durchgekommen, hätte der Kreis viel mehr für den Standort Altenkirchen in Verhandlungen mit der Diakonie, wenn sie sich denn weiterhin um die beiden Häuser bemüht hätte, tun können“, war und ist sich Käppele noch immer sicher, „es waren zwei vertane Chancen.“ (vh) |
|
| Nachricht vom 29.12.2025 |
www.ak-kurier.de |
|
|
|
|
|
|