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Nachricht vom 18.10.2012
Region
AK-Kreis bietet Perspektiven im Handwerk
Die Wirtschaftsfördergesellschaft des Kreises Altenkirchen hatte am Donnerstagnachmittag zum Informationsgespräch des Landrates in die Westerwald-Akademie der Handwerkskammer Koblenz in Wissen eingeladen, um über den Fachkräftemangel im Handwerk zu informieren und zu diskutieren.
Berieten sich über den Fachkräftemangel im Handwerk: WFG-Geschäftsführer Berno Neuhoff, Bernd Hammes, Berufsbildungszentrum HwK Koblenz, HwK-Ausbildungsberater Thomas Leiner, HwK-Präsident Werner Wittlich, Landrat Michael Lieber, Schulleiter Wilfried Rausch, WFG-Clusterreferent Slawomir Swaczyna und Christoph Kirschbaum, Kirschbaum Bäder und Heizsysteme, Horhausen (v.l.). (Foto: Bianca Klüser)Wissen. Am Donnerstagnachmittag hatte die Wirtschaftsfördergesellschaft des Kreises Altenkirchen zum Informationsgespräch des Landrates zum Thema „Fachkräftemangel im Handwerk“ in die Westerwald-Akademie der Handwerkskammer Koblenz in Wissen eingeladen. An diesem Gespräch nahmen neben Landrat Michael Lieber auch Werner Wittlich, Präsident Handwerkskammer Koblenz, Bernd Hammes, Berufsbildungszentrum Handwerkskammer Koblenz, Thomas Leiner, Ausbildungsberater Handwerkskammer Koblenz, Berno Neuhoff, Geschäftsführer Wirtschaftsförderungsgesellschaft Kreis Altenkirchen, Wilfried Rausch, Leiter Realschule plus Altenkirchen, Christoph Kirschbaum, Kirschbaum Bäder und Heizsysteme, Horhausen, und Slawomir Swaczyna, Clusterreferent Wirtschaftsförderungsgesellschaft Kreis Altenkirchen, teil.

„Sie sehen: das Handwerk ist da, wo die Menschen sind, ob in Koblenz oder im Westerwald“, so HwK-Präsident Werner Wittlich in seiner Begrüßungsrede und verwies sogleich darauf, dass die Handwerkskammer Koblenz bemüht sei, nah bei den Menschen zu sein, um diesen dadurch den Aus- und Weiterbildungsalltag zu vereinfachen. Dies sei im Kreis Altenkirchen durch die Institution der Westerwald-Akademie gegeben und trage maßgeblich zur Fachkräftesicherung bei. „Angehende Meister bilden sich in Wissen fort“, so Wittlich und erklärte, dass jährlich 80 Menschen die Meisterschule in der Westerwald-Akademie durchlaufen. Man müsse den Menschen vor Ort Lebenschancen und die Möglichkeit einer beruflichen Zukunft aufzeigen. Zudem sei man bemüht, keine Leerstellen offen zu lassen, gleichzeitig jedoch keine jungen Menschen auf der Strecke zu lassen. In diesem Zusammenhang sei auf die für die nächsten Jahre etwa 1300 offenen Lehrstellen zu verweisen, die es zu besetzen gelte. „Überall dort, wo das duale Ausbildungssystem nicht etabliert ist, haben wir eine ganz hohe Jugendarbeitslosigkeit“, erklärte Wittlich weiter und wies sogleich auf das Projekt der Handwerkskammer Koblenz hin, im Rahmen dessen junge Spanier ausgebildet werden und das somit zur stärkeren Erschließung von Menschen mit Migrationshintergrund beitrage. Gleichzeitig unterstütze die Handwerkskammer die Entsendung junger Handwerker ins Ausland. Aufgabe sei es, junge Menschen für das Handwerk zu begeistern und sie darüber zu informieren, so etwa mit der „Nacht der Technik“, die am 3. November in Koblenz stattfindet. Dabei können die Handwerkskammer sowohl Jugendliche als auch ihre Eltern begrüßen. „Die Eltern beeinflussen ihre Kinder erheblich darin, was sie beruflich machen“, so Wittlich.

Landrat Michael Lieber schloss sich sogleich an und sprach dem Handwerk Dank für das große Engagement im Landkreis Altenkirchen aus, das nicht zuletzt auf einem Kooperationsabkommen beruhe. „Dieses Kooperationsabkommen wird auch gelebt“, so Lieber. Das Handwerk suche nach jungen Menschen, die gewillt sind, eine Ausbildung in diesem Bereich zu absolvieren. Dem Kreis sei daran gelegen, diese Suche bestmöglich zu unterstützen.

Mit Blick auf den demografischen Wandel verwies WFG-Geschäftsführer Berno Neuhoff auf den Bevölkerungsrückgang im Landkreis Altenkirchen, ebenso wie auf den in anderen Regionen. Aktuell zähle man 134.000 Köpfe in der Bevölkerung des Landkreises. „Wir sind bestrebt, frühzeitig junge Menschen an die Region zu binden“, so Neuhoff, „Das Handwerk bietet technisch hochqualifizierte Arbeitsplätze.“ Dafür gelte es die Jugendlichen zu begeistern.

Bernd Hammes, Berufsbildungszentrum Handwerkskammer Koblenz, erklärte, dass der Schwerpunkt der zu leistenden Arbeit darin bestehe, den Menschen Beratung vor Ort anzubieten: „Wir müssen Perspektiven bieten können.“ Diese sei maßgebliche Voraussetzung dafür, junge Menschen in der Region halten zu können. „Wir brauchen hochqualifizierte Fachleute“, so Hammes. Mit Blick auf die über 1500 Handwerksbetriebe im Kreis Altenkirchen, sei auf die in jedem fünften Betrieb in den nächsten Jahren anstehende Übernahme zu verweisen. Dies betreffe im AK-Kreis rund 300 Betriebe. Man müsse also sowohl fachlich qualifizierte als auch Führungspersönlichkeiten ausbilden und jungen Leute zur Existenzgründung motivieren. „Wenn wir junge Unternehmer in der Region halten, halten wir auch jungen Familien und damit Arbeitskräfte“, so Hammes.

Thomas Leiner, Ausbildungsberater Handwerkskammer Koblenz, verwies darauf, dass für das Jahr 2012 noch immer 27 Lehrstellen im Landkreis Altenkirchen offen seien. Die Zahl der bereits abgeschlossenen Ausbildungsverträge belaufe sich auf 252 und liege damit über dem Wert von 201. Zudem seien für 2013 bereits 64 Ausbildungsplätze offiziell gemeldet. Das zeige eine deutliche Trendwende hin zur frühzeitigen Sicherung von Auszubildenden, wohingegen bis vor einiger Zeit die Suche sehr viel kurzfristiger gestartet worden sei. Zudem seien die Betriebe mit dem Einstiegsniveau rapide nach unten gegangen, da die Stellen sehr schwer zu besetzen seien. „Es gibt wesentlich mehr freie Stellen als Bewerber“, so Leiner, „Die Bereitschaft einzustellen ist gigantisch.“ Arbeit gebe es ohne Ende, es fehle jedoch an Menschen. Führende Bereiche im Kreis Altenkirchen seien derzeit das KFZ-Gewerbe mit 116 Auszubildenden, Anlagenmechaniker mit 64 abgeschlossen Ausbildungsverträgen und Metallbauer mit 62 Auszubildenden. Auch der Beruf des Bäckers sei mit derzeit 20 abgeschlossenen Ausbildungsvertragen relativ stark.

Zur Fachkräftesicherung bedürfe es dem Konzept zur Berufsorientierung, so Wilfried Rausch, Leiter Realschule plus Altenkirchen. Dessen Hauptaufgabe bestehe darin, die Gleichwertigkeit von Ausbildung und Schule zu vermitteln, da die aktuelle Tendenz mehr zur weiterführenden Schule hin gehe. Jedoch öffne das Handwerk, was vielen nicht klar sei, die Pforte zum Studium auch ohne Abitur. Dazu müsse man bei den jungen Menschen das Interesse an den Ausbildungsberufen des Handwerks wecken. „Wir müssen den Schülern mehr Praxis bieten“, so Rausch, „Das Interesse kommt aus der Praxis.“ Durch eine Verbindung von Praxis und schulischem Lernen werde Motivation geschaffen. Deshalb werde von Schülerinnen und Schülern der Realschule plus Altenkirchen in der achten Klasse über die Dauer eines Jahres an einem Tag pro Woche ein Praktikum in einem potenziellen Ausbildungsbetrieb absolviert. Individuelle Beratung sei wichtig, um Interesse und Motivation zu erzeugen. „Wir können nicht mehr davon ausgehen, dass Schüler, Schulen und Eltern das alleine bewerkstelligen können“, so Rausch. Man sei außerdem stark darin bemüht, vor allem Mädchen mehr für technische Berufe zu begeistern und in diesem Bereich zu fördern. Zudem versuche man Betriebe zu finden, die entweder ihrerseits den Unterricht besuchen oder ihre Fläche für Besuche von Schulgruppen zur Verfügung stellen. Man müsse Ansprechpartner für Schüler und Eltern sein.
„Die Eltern wollen für ihre Kinder immer einen höheren Abschluss als sie selbst haben“, ergänzte HwK-Präsident Werner Wittlich, „Wir können niemanden zwingen ein Handwerk zu lernen.“ Viele Eltern sähen in der dualen Ausbildung des Handwerks eine Sackgasse. „Deshalb ist die Zusammenarbeit zwischen Schulen jeder Art wichtig“, so der HwK-Präsident.

Christoph Kirschbaum, Kirschbaum Bäder und Heizsysteme in Horhausen, erklärte, dass er im Handwerk extrem viele Perspektiven sehe. „Wir bilden überdimensional aus“, so Kirschbaum mit dem Verweis auf den immensen Anteil handwerklicher Auszubildende im Betrieb. Man gehe verstärkt an die Schulen heran, um dadurch besser Auszubildende für sich gewinnen zu können. Jedoch seien Bewerbungen überwiegend kurzfristig und qualitativ rückläufig. Der Auszubildende sehe sich häufig mit extrem hohen Ansprüchen bei teilweise geringer Ausbildungsvergütung konfrontiert. Auch Entfernung stelle eine Herausforderung an die Auszubildenden dar.
„Die Mobilität ist entscheidend für den Standort“, ergänzte Landrat Michael Lieber.

„Wir haben hier eine Perspektive“, schlussfolgerte WFG-Geschäftsführer Berno Neuhoff, „Wir haben jungen Menschen etwas zu bieten.“
Abschließend sprach HwK-Präsident Werner Wittlich seitens der Kammer seinen Dank aus und regte dazu an, über eine Wiederholung eines derartigen Austauschs im Rahmen eines Informationsgesprächs nachzudenken. (bk)
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