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Nachricht vom 27.03.2014
Region
Innenminister Thomas de Maizière bezog Stellung zu aktuellen Themen
Eine Wahlkampfveranstaltung der rhetorischen Gegensätze präsentierte der Kreisverband der CDU in der Betzdorfer Stadthalle. Die regionalen Politiker teilten ordentlich gegen die SPD-geführte Landesregierung aus und lobten gleichzeitig die Bundesregierung. Ein Kontrastprogramm lieferte der Hauptredner: Bundesinnenminister Thomas de Maizière.
Sachlich und differenziert berichtete Thomas de Maiziere zu europäischen und deutschen Themen der Innenpolitik. Fotos: Daniel PirkerBetzdorf. Thomas de Maizière hatte schon zahlreiche politische Funktionen inne. Das aktuelle Amt des Bundesinnenministers ist nur eines von vielen. Manche sahen in ihm sogar schon einen nächsten Bundespräsidenten oder den Nachfolger von Kanzlerin Angela Merkel. Aber mit einem wurde der 60jährige noch nie in Verbindung gebracht: mit einem Bierzeltrhetoriker, der mit griffigen Parolen Applaus erntet. Diesem „Nicht-Ruf“ wurde er auch in der Betzdorfer Stadthalle gestern Abend gerecht.

Ruhig, sachlich und teils in referierenden nahm Ton de Maizière zu grundsätzlichen und aktuellen Problemen Stellung. Kritik übte er an Russland, das sich die ukrainische Krim einverleibt hat: „Wenn wir etwas gelernt haben, dann dass man sich nicht einfach Gebiete unter den Nagel reißt.“ Wer sich mit politischer Organisation auskenne wisse, dass dieses Manöver von langer Hand geplant worden sein müsse. Das könne man dem russischen Präsidenten nicht durchgehen lassen. „Es gilt das Recht – nicht das Recht des Stärkeren“, rief er den rund 200 Zuhörern zu. Beim Thema Krim-Krise durfte natürlich auch nicht das Lob an die Kanzlerin fehlen: Gerade jetzt sei ihre kluge und besonnene, aber harte, Art wichtig.

Zum Schmunzeln brachte de Maizière die Gäste mit dem Vergleich mit Merkels Vorgänger im Amt: „Stellen sie sich hier mal Gerhard Schröder in dieser Lage vor.“ Applaus brandete auf, als der Innenminister Merkel dafür lobte, wie sie mit dem Druck umgehe, der momentan auf ihr laste.

Ansonsten hielt sich das Publikum mit Beifall eher zurück und lauschte konzentriert den Ausführungen de Maizières, der auch beim Problem der Arbeitszuwanderung von Rumänen und Bulgaren populistische Töne umschiffte. Es sei zu akzeptieren, wenn sie Arbeitsfreizügigkeit in der EU nutzen wollten – vorausgesetzt, sie hätten Arbeit und trügen zur „Wertschöpfung“ bei. Allerdings bestehe auch die Gefahr der Ausnutzung. Regelungen müssten hier verschärft werden. Mindestens drei Monate sollten EU-Zuwanderer keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld II haben: „Da könnte ja jeder Urlauber sagen, er habe jetzt Anspruch auf Hartz IV.“ Außerdem solle dem die Wiedereinreise verboten werden, wer das Recht ausnutze.

Aber von grundsätzlicher Ausländerschelte gegenüber rumänischen und bulgarischen Zuwanderern war von de Maizière nichts zu hören. Viele von ihnen würden „hierhin gelotst“ und auch von Deutschen dann hier ausgenutzt. Die Arbeitsmigranten würden dann unter schlechten Umständen für überteuerte Mieten untergebracht. Der Innenminister sprach hier gar von „ Arbeiterstrichen“. Diejenigen, die hierfür verantwortlich seien, „müssen wir an den Hammelbeinen ziehen.“ Wieder einer der wenigen Momente, in denen de Maizière Applaus erntete – erst zaghaft, dann stärker.

Differenziert widmete er sich auch dem Thema Kriminalität in der EU. Er selbst wurde mal Opfer. Sein Auto wurde geklaut und später in Polen wieder entdeckt. Es habe sich herausgestellt, dass hinter solchen Fällen eine ganze Wertschöpfungskette der Kriminalität stecke. Das könne eine einzelne politische Ebene aber nicht lösen. Deshalb sei eine Abstimmung innerhalb Europas umso wichtiger.

Den zahlreichen kommunalpolitischen Vertretern im Saal schmeichelte de Maizière, indem er die ehrenamtliche Politik vor Ort lobte. Sie sei das praktischste, konkreteste und auch härteste überhaupt.
Insgesamt betonte de Maizière, wie wichtig es sei „das Ganze“ im Blick zu haben. Er warnte davor, dass sich jede Ebene über die andere beschwere und den „schwarzen Peter“ zuschiebe.

Wahlkampf hört sich normalerweise schon anders an. Der wurde aber von regionalen CDU-Rednern vor und nach de Maizière ausführlich geliefert.
Den Grundton stimmte der Vorsitzende der Betzdorfer CDU, Simon Bäumer, in seiner Begrüßung bereits an: Die CDU interessiere sich auch für das nördliche Rheinland-Pfalz. Er sei dankbar, „dass sich wenigstens die Bundes- und Landes-CDU für uns einsetzt.“

Kreisvorsitzender Josef Rosenbauer prangerte den kommunalen Finanzausgleich in Rheinland-Pfalz an: Hier stünden die Kommunen im Land massiv schlechter da als in anderen Bundesländern. Die Verkehrssituation sei die Kernfrage für den Kreis Altenkirchen. Hier nahm er den Betzdorfer SPD-Bürgermeister Bernd Brato ins Fadenkreuz seiner Kritik. Er habe bei der Demonstration in Alsdorf plakativ gefordert: „Das Ding muss her.“ Aber laut Rosenbauer müsse man Personen auch mal an ihren Taten messen. Aber nun sei die Umgehung gestrichen worden vom Land. Rosenbauer fragte rhetorisch, ob Brato je einen Brief an das Land geschrieben habe, um sich für die Umgehung einzusetzen.
Die Landesregierung kritisierte er für die kostspieligen Projekte, wie unter anderem den Nürburgring oder den Flughafen Hahn. Das verschwendete Geld fehle nun vor Ort. Die CDU kämpfe dafür, dass sich hier etwas ändere, bei der Kommunalwahl, aber auch später bei der Landtagswahl.

In das gleiche Horn blies auch Landrat Michael Lieber. Er kritisierte, dass beim Ausbau der Kindergärten für unter Dreijährige sich die Kommunen und der Bund die Kosten aufteilten, zu zwei drittel und ein drittel. Das Land aber habe sich hier aus der Verantwortung gezogen – obwohl ursprünglich anderes angekündigt worden sei.

Und Lieber nahm ebenfalls den Kommunalen Finanzausgleich vor die Flinte: „Was da kommt ist ein Ausdruck der Hilflosigkeit.“ Und: „So kann ein Land nicht mit seinem Kommunen umgehen.“ Mit geballter Faust betonte er, die CDU sei verankert beim Bürger. Applaus brandete auf, als er hier als Beispiel den Alsdorfer Bürgermeister Paul Schwan nannte („Der Senior unter unseren Bürgermeistern“). Gleichzeitig räumte Lieber ein: „Es gibt keine schwarzen oder roten Kanaldeckel.“ Außerdem lobte er überschwänglich die Bundesregierung für die Unterstützung der Kommunen.
Gleichzeitig appellierte der Landrat an de Maizière, die im Koalitionsvertrag vorgesehenen Gelder direkt an die Kommunen fließen zu lassen – und nicht erst durch die Länder, wo ein Abzug der finanziellen Unterstützungen drohe. (ddp)
   
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