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Nachricht vom 20.02.2016
Politik
DGB Podiumsdiskussion interessierte nur wenige
Im Hinblick auf die bevorstehende Landtagswahl am 13. März hatten der DGB des Kreises Altenkirchen und die IG Metall Geschäftsstelle Betzdorf am Mittwoch, 17. Februar zur Podiumsdiskussion mit Vertretern der demokratischen Parteien in den Knappensaal eingeladen.
MdL Michael Wäschenbach und MdL Sabine Bätzing-Lichtenthäler. Fotos: annaHerdorf. Das Interesse an der Veranstaltung ließ allerdings sehr zu wünschen übrig, nur etwa 30 Wahlberechtigte Bürger waren gekommen. Die Podiumsteilnehmer waren MdL Michael Wäschenbach (CDU), MdL Sabine Bätzing-Lichtenthäler (SPD), MdL Anna Neuhof (Bündnis 90/Die Grünen), Julien Fleckinger (Die Linke, im Stadtrat Herdorf), und Dr. Axel Bittersohl (FDP Kreisvorsitzender, in Vertretung für Sandra Weeser) außerdem Erik Eisenhauer (DGB Koblenz), Bernd Becker (DGB Kreisvorsitzender) übernahm die Moderation und Fragestellung.

Erster Themenschwerpunkt war die Bildung und die Frage, ob diese auch weiterhin kostenfrei bleiben solle von der Kita bis zum Studium. Für die Kostenfreiheit der Bildung von Anfang an sprachen sich alle aus. Gleichwohl gab es noch einige Unterschiede im Detail. So erklärte Wäschenbach, dass Kitabeiträge für besserverdienende von der CDU befürwortet werden. Und Dr. Bittersohl sieht die Kostenfreiheit nur so lange gewährleistet, wie sie finanziert werden kann. Bätzing-Lichtenthäler möchte die generelle Kostenfreiheit ohne Ausnahme bei besser verdienenden, über Schulgeld rede ja auch niemand mehr. Neuhof sprach sich für einen weiteren Ausbau der Inklusion aus und Fleckinger forderte mehr soziale und psychologische Betreuungsangebote in Schulen.

Als nächstes wollte Becker von den Politikern wissen, wie sie zu dem doch recht bunten Schulangebot in Rheinland-Pfalz stehen. Hier befand der Vertreter der FDP dass allein 16 Bildungsministerien in Deutschland schon 15 zu viel wären. Seine Partei möchte ein einheitliches Bildungssystem für ganz Deutschland, wobei sich alle am besten Länderergebnis messen müssten. Seitens der SPD ist man vom Schulangebot im Land überzeugt und möchte daran festhalten. Ob nun Förderschulen oder unterschiedliche Abiturangebote (G8 oder klassisch) die Wahlfreiheit soll erhalten bleiben.

Die Grünen sehen ebenfalls das Schulangebot in RLP als gut aufgestellt an und möchten auch am eigenen Bildungsministerium nicht rütteln. Für die CDU ist die Frage der Bildungsqualität eher entscheidend, darüber werde viel zu wenig gesprochen. Abschlüsse müssten vergleichbar sein. Zudem fielen zu viele Stunden aus (fast jede 10.), weshalb die CDU 600 neue Stellen für Lehrer vorgesehen habe. Außerdem würden bessere Bedingungen für Lehrer gebraucht, ordentliche, unbefristete Arbeitsverträge.

Die Linke kritisiert das dreigliedrige Schulsystem in Deutschland generell. Dieses selektiere viel zu früh und bis heute sei es noch immer eine Sache des Geldes der Eltern ob ein Kind studieren könne. An Wäschenbach gerichtet stellte Becker die Frage nach dem von der CDU geplanten Familien- oder Betreuungsgeld. Wäschenbach erklärte, dass dies ein und das selbe sei und nur für Kinder unter drei Jahren in Betracht komme. Man wolle nicht Kita und Familie gegeneinander ausspielen aber bis zum Alter von drei Jahren sollten die Familien die Wahl haben ein Kind selbst zu betreuen oder in die Kita zu geben. Neuhof sprach sich gegen Betreuungsgeld aus und erklärte das vom Bund gemachte Gesetz als schlecht gemacht. Hinsichtlich der schon recht fortgeschrittenen Zeit behandelte Becker die weiteren Themen in drei Thesen zu denen die Diskussionsteilnehmer dann möglichst kurz antworten sollten.

Thema Flüchtlinge: 1. Angela Merkel hat im September 2015 alles richtig gemacht. 2. J. C. Junker sage, die Geschichte werde Merkel Recht geben. 3. Man müsse sich den Sozial- und Rechtsstaat nochmal genau ansehen, Probleme habe es auch schon vor der Flüchtlingskrise gegeben. Vier der fünf Politiker beantworteten die Fragen mit Ja, hatten aber eigene Begründungen und Erläuterungen dazu. So war Dr. Bittersohl überzeugt, dass Angela Merkel aus ihrer Erziehung als Pastorentochter heraus gehandelt habe. Doch müssten auch die Gesetze des Landes eingehalten werden und die EU Außengrenzen seien nicht geschützt worden. Die EU drohe zu zerfallen und Deutschland brauche ein Einwanderungsgesetz.

Auch Fleckinger stimmte allen drei Thesen zu. Bezüglich des Sozialstaates habe aber seit langem eine Umverteilung von unten nach oben stattgefunden und in der Flüchtlingskrise sollten auch die Steuerflüchtlinge nicht vergessen werden. Neuhof nannte das Verhalten einiger Gegner Merkels aus der eigenen Partei einen Skandal und fand dass nun zu Tage trete, wo in der Vergangenheit im Sozialen Streichungen erfolgt wären. Bätzing-Lichtenthäler meinte die Kanzlerin habe sich nur leider zu spät mit ihren europäischen Kollegen zusammengesetzt und hinsichtlich der Fluchtursachen sei in der Vergangenheit viel geschludert worden. Asylverfahren dauerten zu lange und Rückführungen müssten ebenfalls beschleunigt werden. Auch sie sprach sich für ein Einwanderungsgesetz aus. Wäschenbach stimmte den beiden ersten Thesen zu, wollte aber die Kritik am Sozialstaat nicht stehen lassen. Genau aus diesem Grunde würden die Flüchtlinge ja alle nach Deutschland kommen, weil es hier einen funktionierenden Sozialstaat gebe.

Becker griff noch das Thema des erstarkenden Rechtspopulismus auf und erinnerte an eine große Anzahl von Menschen auch im Kreis Altenkirchen, die unter der Armutsgrenze lebten. Auch Altersarmut werde mehr und mehr ein Thema. Wäschenbach findet es erschreckend, wie viele Menschen aus der Mitte der Gesellschaft dem „Braunen Gesocks“ nach Laufe. Eine Neiddebatte dürfe durch die Flüchtlinge nicht angeheizt werden. Dr. Bittersohl vertrat die Meinung, dass viele Leute von der Politik im Land enttäuscht wären und daher teils aus Protest rechts wählen würden. Nach Gesetzeslage müssten zudem die Flüchtlinge größtenteils später wieder zurück. Fleckinger entgegnete, dass es schon seit Jahren in der gesellschaftlichen Mitte rechte Tendenzen gebe. Dem entgegenzuwirken benötige es mehr Geld für sozialpolitische Projekte. Als Fluchtursachen bezeichnete er auch die zunehmenden Waffenexporte Deutschlands.

Angesprochen auf das CDU Wahlplakat „Integration ist Pflicht“ antwortete Wäschenbach, dass seine Partei dies genau so sehe. Wer in dieses Land komme und hier leben wolle, der müsse sich integrieren, die Sprache lernen und an das Grundgesetz halten. Darauf entgegnete Neuhof, dass zur Einhaltung der Pflicht aber auch entsprechende Angebote gehörten. Der Bund zahle viel zu wenig, die ganze Integration bliebe an den Kommunen hängen oder werde von freiwilligen Helfern geleistet. Bätzing-Lichtenthäler berichtete, dass die Landesregierung in Mainz das Thema nun selbst anpacken wolle, in Ersteinrichtungen gehe und Kurse in Rechtskunde mit freiwilligen Anwälten und Richtern anbiete. Themenwechsel.

Auf die Frage an alle Politiker, ob sie sich ein Zurück zur paritätischen Krankenversicherung vorstellen könnten, antworteten alle mit „Ja.“ Die Bürgerversicherung hingegen hält Dr. Bittersohl für „tot“, Wäschenbach für „zurzeit nicht durchsetzbar“, aber Fleckinger, Neuhof und Bätzing-Lichtenthäler sprachen sich dafür aus. Als Polizeibeamter sprach Becker natürlich auch noch das Thema der inneren Sicherheit an und stellte fest, dass CDU, SPD und Grüne mit etwa 9.000 bzw. 8.900 Polizeistellen im Land sehr eng beieinander liegen. Das habe vor Paris 1 und Paris 2 wohl auch noch gereicht, heute müsse man aber noch einmal ganz neu an die Sache heran gehen. Zur Wahrung der inneren Sicherheit bedürfe es weit mehr Polizeibeamte als bisher vorgesehen. Zu guter Letzt war dann auch die Staatsverschuldung noch Thema. Die Vertreter von CDU und FDP halten diesbezüglich an der Schuldenbremse fest, Die Damen von SPD und Grüne befürworteten höhere Steuereinnahmen und der Vertreter der Linken sieht das Problem im Missverhältnis der Vermögensverteilung. Der Gewerkschaftler Becker sieht allerdings den Staat in der Pflicht Schulden zu machen. Es könne nicht sein dass man in der Wirtschaft ein Wachstum propagiere bei den Steuern hingegen aber ein Null-Wachstum fordere.

Das Schlusswort hatte Uwe Wallbrecher von der IG Metall. Sein Fazit: das Gremium habe bewiesen, dass nicht alle Parteien gleich wären, wie viele Leute immer behaupteten. Er stellte aber auch die Frage in den Raum, wie lange unsere Systeme noch halten würden. Früher sei nicht alles schlechter gewesen und man müsse den jungen Menschen auch noch Mal alte Werte vermitteln. Ein Wert sei es auch, überhaupt wählen zu dürfen, was sich die Leute Mal wieder klar machen müssten. (anna)
     
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