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Nachricht vom 26.07.2017
Region
IG BAU kritisiert Schieflage am Arbeitsmarkt im Kreis Altenkirchen
Die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU)sieht angesichts der steigenden Zahl der sogenannten "prekären" Jobs im Land, und nicht nur im Kreis Altenkirchen dringenden Handlungsbedarf. Mit Blick auf die Bundestagswahl fordert die Gewerkschaft endlich klare Konzepte für den Arbeitsmarkt.
„Auf dem heimischen Arbeitsmarkt ist einiges in Schieflage geraten“: Walter Schneider, Bezirksvorsitzender der IG BAU Koblenz-Bad Kreuznach, beanstandet die Zunahme prekärer Jobs. Foto: IG BAUKreis Altenkirchen. Immer mehr unsichere Jobs: Rund 19.200 Menschen im Kreis Altenkirchen arbeiten in Teilzeit, Leiharbeit oder haben einen Minijob als alleiniges Einkommen. Damit ist der Anteil der so genannten atypischen Beschäftigung an allen Arbeitsverhältnissen im vergangenen Jahr auf einen Rekordwert von 42 Prozent gestiegen.
Das kritisiert die IG Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU). Die Gewerkschaft beruft sich hierbei auf eine aktuelle Studie der Hans-Böckler-Stiftung, die die Entwicklung am Arbeitsmarkt im Landkreis seit dem Jahr 2003 untersucht hat. Damals lag die Quote atypischer Jobs noch bei 34 Prozent.

IG BAU-Bezirkschef Walter Schneider spricht von einem Alarmsignal an die Politik: „Es kann nicht sein, dass wir einerseits einen wirtschaftlichen Aufschwung erleben, aber andererseits so viele Menschen in prekären Verhältnissen arbeiten“, sagt Schneider. Hier sei grundsätzlich etwas in Schieflage geraten. Der unbefristete Vollzeit-Job müsse dringend wieder zum Normalfall werden, fordert die IG BAU Koblenz-Bad Kreuznach.

Nach Angaben der Böckler-Stiftung hat im Landkreis Altenkirchen besonders die Teilzeit-Beschäftigung drastisch zugenommen: Arbeiteten 2003 noch etwa 4.700 Erwerbstätige in Teilzeit, waren es im letzten Jahr mit rund 8.900 fast doppelt so viele. „Gerade für Frauen ist es nach einer Familienpause enorm schwer, wieder voll in den Beruf einzusteigen. Gegen die Teilzeit-Falle brauchen wir endlich ein verbrieftes Rückkehrrecht in Vollzeit“, ist Walter Schneider überzeugt. Ein entsprechender Gesetzentwurf der großen Koalition war in diesem Frühjahr am Widerstand der Union gescheitert.

Auch bei Minijobs gibt es der Studie zufolge keine Entwarnung: Rund 9.400 Menschen im Kreis waren 2016 ausschließlich geringfügig beschäftigt (2003: 9.100). In der Gebäudereinigung machten Minijobs mittlerweile die Hälfte aller Arbeitsplätze aus, berichtet Gewerkschafter Schneider. Auch hier seien es insbesondere Frauen, die nach einem Jobverlust oder einer Trennung oft schnell in Hartz IV abrutschten.

Mit Blick auf die Bundestagswahl im September fordert die IG BAU Koblenz-Bad Kreuznach von den Parteien klare Konzepte „gegen die Unwucht am Arbeitsmarkt“. Dazu müsse die Abschaffung der Befristungen ohne sachlichen Grund genauso gehören wie die Einbeziehung von Minijobs in die Sozialversicherung. „Dabei sind auch die Arbeitgeber in der Pflicht. Statt aufs Billig-Prinzip sollten Chefs auf Kontinuität setzen“, betont Schneider. Wer heute vollwertige Stellen schaffe, brauche sich morgen nicht um fehlende Fachkräfte sorgen.
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