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Nachricht vom 07.07.2007
Region
Kanuten "strandeten" an Brückenpfeiler
Das war "Siegtal pur" für ein Ehepaar aus dem Ruhrgebiet (47 und 43 aus Voerden). Am Samstag hingen sie nach einem Kanuausflug mit Freunden auf der Sieg über drei Stunden bibbernd vor Nässe und Kälte am Brückenpfeiler nahe Nisterbrück in Wissen fest, nachdem ihr Bötchen unter einen Baumstamm geraten war und sie "aussteigen" mussten. Das THW (die SEG - Schnelleinsatzgruppe) bekleckerte sich, ebenso wie die "Abenteuertouristen", nicht gerade mit Ruhm. Man war der Situation auf beiden Seiten offenbar nicht gewachsen. Dennoch ging die Sache schließlich noch gut aus.
Wissen. THW-Einsatzleiter Wolfgang Loest ist stocksauer. Über seine Mitarbeiter. Dass ein Ehepaar, das leichtsinnigerweise ohne Schwimmwesten auf der zwar nicht hochwasserführenden, aber zumindest "vielwasserführenden" strömungsstarken Sieg unterwegs war, ist die eine Sache. Dass es dreieinhalb Stunden dauerte, um die beiden Idioten aus dem Pott per Boot zu bergen, eine andere.
Loest schilderte die Problematik gegenüber dem AK-Kurier so: Die Situation sei wegen der starken Strömung extrem schwierig gewesen. So etwas, so der Einsatzleiter, "kann man nicht üben." Zudem verfüge das heimische THW, anders als die Kollegen im Bereich der Lahn etwa, nicht über ausreichend starke Boote, da die Sieg kein schiffbares Gewässer ist. Was sich für die beiden Ruhrpöttler ja eindrucksvoll bewahrheitet hat. Die hatten die "falsche Seite" genommen, als sie die Brücke unterquerten und waren unter einen über zwei Meter in das Flussbett ragenden Baumstamm, der am Pfeiler festhing, geraten.
Und in der Tat: Erste Versuche, die beiden Schiffbrüchigen per Boot zu bergen, schlugen fehl. Einmal, weil die starke Strömung extrem gute Manövrierkunst erforderte, zum anderen, weil der Bootsführer offenbar immun war gegenüber den Anweisungen des Einsatzleiters. Erst gegen 15.50 Uhr - der Unfall geschah nach Polizeiaussagen gegen 12.40 Uhr - konnten die Havaristen per Boot ans sichere Ufer gebracht werden. Eine lange Zeit bis zur Bergung - was auch Bürgermeister Michael Wagener, der vor Ort sich das Drama anschaute, schier zur Weißglut brachte. Aber das, was schiefgelaufen sei, werde man intern klären, erklärte Wagener.
Alternativen standen natürlich zur Hand, waren aber, wie Loest zu Recht bemerkt, auch nicht so einfach zu realisieren. Hubschrauber: Man hätte die Bahnlinie für längere Zeit sperren lassen müssen. Kurzfristig hatte man das auch getan, um die beiden bibbernden Kanuten per Seil mit Decken und Alufolie zum Einpacken zu versorgen.
Dennoch: Dass das THW am Samstag in Wissen keine Glanzleistung vollbracht hat, ist klar. Aber kein Grund, Menschen, die sich für das Leben anderer einzusetzen bereit sind, niederzumachen. Weil gerade das THW, wenn es um Lebensrettung geht, immer damit rechnen muss, auf Menschen zu treffen, die nicht nachdenken und sich unfreiwillig oder auch freiwillig in höchste Gefahr begeben. Allein, dass die beiden Kanuten ohne Schwimmweste unterwegs waren, lässt Loest nur mit dem Kopf schütteln: "Das war unverantwortlich." Insgesamt waren am Samstag im Einsatz 33 Feuerwehrleute und zehn THWler, vier DRK-Mitarbeiter und drei Polizeibeamte. Die B 62 wurde während der gesamten Bergungsarbeiten einseitig gesperrt. Zu größeren Verkehrsbehinderungen kam es aber nicht. (Reinhard Schmidt)
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Gerettet: Sie wird ihr Siegabenteuer so bald nicht vergessen. Fotos: Reinhard Schmidt
     
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