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Nachricht vom 25.11.2018
Region
Mit Sport und Fisch gegen den Darmkrebs
Im Hüttensaal der Siegerlandhalle referierten Dr. Gisela Labenz, Ernährungs- und Präventionsexpertin am Medizinischen Zentrum Siegerlandflughafen in Burbach, und Chefarzt Prof. Dr. Joachim Labenz, Direktor der Inneren Medizin am Diakonie-Klinikum Jung-Stilling. Für Beratungsgespräche stand Janine Huber, Ernährungswissenschaftlerin der AOK Nordwest, bereit.
Der Vorsorge, Früherkennung und Behandlung von Darmkrebs widmeten sich (von links)  Jochen Groos (AOK), Ernährungsmedizinerin Dr. Gisela Labenz, Ernährungswissenschaftlerin Janine Huber und Professor Dr. Joachim Labenz, Direktor Innere Medizin am Diakonie-Klinikum Jung-Stilling, bei einem Vortragsabend im Hüttensaal der Siegerlandhalle. (Foto: Diakonie in Südwestfalen gGmbH)Siegen. Was viel rotes Fleisch für den Darm bedeutet und wie fatal sich eine „Vogel-Strauß-Mentalität“ entwickeln kann, haben Interessierte bei einem Infoabend zum Thema Darmkrebs erfahren, den das Diakonie-Klinikum Jung-Stilling in Siegen und die AOK Nordwest veranstalteten. Im Hüttensaal der Siegerlandhalle referierten Dr. Gisela Labenz, Ernährungs- und Präventionsexpertin am Medizinischen Zentrum Siegerlandflughafen in Burbach, und Chefarzt Prof. Dr. Joachim Labenz, Direktor der Inneren Medizin am Diakonie-Klinikum Jung-Stilling. Für Beratungsgespräche stand Janine Huber, Ernährungswissenschaftlerin der AOK Nordwest, bereit.

Auf die Vorsorge kommt es an
Mit einer guten Nachricht startete Professor Dr. Labenz in den Abend: „Niemand müsste an Darmkrebs sterben.“ Allein auf die Vorsorge komme es an. Allerdings sei die Angst vor einer Darmspiegelung (Koloskopie) immer noch weit verbreitet: „Das Verfahren war in der Vergangenheit auch manchmal unangenehm oder sogar schmerzhaft. Früher gab es aber auch noch keine entsprechenden Maßnahmen zur Betäubung“, so der Mediziner. Und weiter: „Heute kann diese Untersuchung auf Wunsch im wahrsten Sinne des Wortes im Schlaf durchgeführt werden.“

Labenz zufolge sterben jährlich in Deutschland zehnmal mehr Menschen an Darmkrebs, als bei Verkehrsunfällen. Dabei ist der Chefarzt davon überzeugt, dass es möglich sei, die Krankheit weitgehend auszurotten: „Dabei hilft es nicht weiter, den Kopf nach Vogel-Strauß-Mentalität in den Sand zu stecken.“ Besonders Männer würden erst einen Arzt aufsuchen, wenn sie Beschwerden verspüren, die nicht von selbst verschwinden: „Diese sind bei Darmkrebs im frühen Stadium aber die Ausnahme und bei den gutartigen Vorstufen, den Polypen, praktisch nie vorhanden.“ Je früher der Krebs - oder noch besser seine Vorstufen - gefunden würde, desto besser die Heilungschancen, führte der Mediziner aus, „das trifft allerdings auf jede Krebsart zu.“ Deshalb sollte jeder - unabhängig von familiären Risiken - das gesetzlich verankerte Angebot zur Darmkrebsvorsorge und -früherkennung annehmen.

Das Mikrobiom beeinflussen
Tipps, um Krebs erst gar nicht entstehen zu lassen, gab Ernährungsmedizinerin Dr. Gisela Labenz. Sie ging näher auf die Funktion und Zusammensetzung des so genannten Mikrobioms ein. „Dieses besteht aus rund ein bis zwei Kilogramm Mikroorganismen, wie etwa Bakterien, die wir für viele Dinge, beispielsweise die Abwehr, die Kältetoleranz oder die Synthese von Vitaminen und Hormonen brauchen“, so die Expertin. Das Gleichgewicht und die Vielfältigkeit des Mikrobioms lassen sich durch eine gesunde Lebensweise positiv beeinflussen. Risikofaktoren, die dem Mikrobiom schaden und Krankheiten auslösen können, sind starker Alkoholkonsum, Rauchen, Übergewicht, mangelnde Bewegung und zu wenig beziehungsweise zu schlechter Schlaf. „Schnell, viel und billig, das ist heutzutage oft das Motto der Esskultur“, führte die Medizinerin aus. Ihr zufolge müsse ein Wandel her: „Ein gutes Beispiel sind frühere Zeiten, als die ganze Familie zu festen Zeiten am Esstisch saß und gemischte Kost aus der heimischen Region zu sich nahm.“ Der Nahrung müsse wieder eine größere Wertschätzung entgegengebracht werden.

Fetter Fisch aus kalten Meeren
„Was gab es denn gestern bei Ihnen zu essen?“, wollte ein Zuhörer wissen. „Lachs“, so die Antwort des Mediziner-Ehepaares. Dieser gehöre zur Gattung „fetter Fisch aus kalten Meeren“ und eigne sich - neben Obst, Gemüse, Milchprodukten oder Geflügel - als fester Bestandteil auf dem Speiseplan. Zusammenfassend empfahl Dr. Gisela Labenz eine „vegetarisch betonte Ernährung“. Vor allem die Zufuhr von rotem Fleisch sollte deutlich reduziert werden, um Krankheiten, wie etwa Darmkrebs, vorzubeugen. Koffeinliebhaber müssen übrigens nicht auf ihr Heißgetränk verzichten: „Kaffee stand ja früher wissenschaftlich gesehen in der Schmuddelecke. Bis zu vier Tassen am Tag sind allerdings in Ordnung.“ Zudem senke moderater Ausdauersport – etwa eine halbe Stunde am Tag – das Krebsrisiko.

Zeit blieb auch für Fragen der Besucher. Wie die Experten Nahrungsergänzungsmittel, zum Beispiel Probiotika, einschätzen, die etwa gegen das Reizdarmsymptom helfen sollen, wollte ein Gast wissen. Hierbei komme es darauf an, ob entsprechende, wissenschaftliche Untersuchungen die Wirksamkeit nachgewiesen hätten. Dies sei sicherlich nicht für alle Produkte, für die gewoben wird, der Fall. Gut für den Darm, so der Rat, seien etwa Flohsamenschalen: „Diese sind für die Balance des Darms ideal.“ Als „nicht blähende Ballaststoffe“ seien sie die einzige Substanz, die sowohl bei Durchfall als auch bei Verstopfung Abhilfe schaffen könne.

Erkrankung ist immer ein Schock
Die Möglichkeiten, Darmkrebs zu behandeln, schlüsselte Professor Dr. Labenz ebenfalls auf. In fortgeschrittenen Stadien sei eine vollständige Heilung oftmals nicht mehr möglich. „Ziel ist es dann, dem Patienten eine längere Überlebenszeit mit mehr Lebensqualität zu ermöglichen.“ Dazu kommen - je nach Befundlage - operative Maßnahmen, Chemo- und Immuntherapie sowie Strahlentherapie allein oder in Kombination in Betracht. „Ob dies gewünscht ist, muss natürlich jeder Patient für sich selbst entscheiden.“

Eine Krebserkrankung sei erst einmal für jeden Patienten ein Schock, so Prof. Dr. Labenz. Deshalb werde in seiner Abteilung im Diakonie-Klinikum Jung-Stilling großer Wert auf die Psychoonkologie gelegt. Denn: „Diese Begleitung kommt in der Medizin oft zu kurz.“ (PM)
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