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Nachricht vom 23.03.2019
Region
Ärztemangel: Eine Praxis am Kirchener Krankenhaus?
Viele Zuhörer berichteten aus dem Patienten-Alltag, der mit der Theorie von Bedarfsplanung und Co. nicht in Einklang zu bringen scheint bei der Podiumsdiskussion der Bürgerinitiative Ärztenotstand in Betzdorf. Neues gab es kaum. Initiativen, um die Zahl der Ärzte zu erhöhen, greifen erst mit großem Zeitverzug. Alle kurzfristigen Überlegungen teilen das Dilemma: Woher kommen die Ärzte?
Symbolfoto: Archiv AK-Kurier/Tobias KochBetzdorf. Rund 300 Menschen waren da, als am Donnerstagabend (21. März) die Bürgerinitiative Ärztenotstand in Betzdorf zur Podiumsdiskussion in die Betzdorfer Stadthalle geladen hatte. „Geladen“: die richtige Vokabel für das, was sich dort teilweise Bahn brach: Verärgerung, Wut, Unverständnis über die handelnden Akteure und ihre manchmal hilflosen Stellungnahmen der letzten Wochen und Monate. Auf dem Podium: Gesundheitsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler (SPD) , Dr. Peter Heinz, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Rheinland-Pfalz, Dr. Peter Enders (CDU), Vorsitzender des Gesundheitsausschusses im rheinland-pfälzischen Landtag, Bürgermeister Bernd Brato (VG Betzdorf-Gebhardshain), Stadtbürgermeister Andreas Hundhausen (Kirchen), die Hausärzte Stephan Schmidt und Henning Weil, Landrat Michael Lieber und Moderator Dr. Axel Bittersohl.

Wer stellt jetzt Rezepte aus?
Viele Zuhörer berichteten aus dem Patienten-Alltag, der mit der Theorie von Bedarfsplanung und Co. nicht in Einklang zu bringen scheint: Wer stellt Rezepte aus? Wann bekomme ich einen Termin? Wie lange hänge ich in der Warteschleife? Wie weit ist der Weg zum Hausarzt? Und fast alles, was da zu hören war, hatte leider keinen Neuigkeitswert. Die Diagnose: Es gibt seit Jahr und Tag grundsätzlich zu wenige Mediziner. Und die, die selbständig arbeiten wollen, sind rar gesät. Zu wenige Studienplätze gibt es obendrein, und das nicht nur in Rheinland-Pfalz: Rund 10.000 Studienplätzen im Wintersemester 2017/2018 standen bundesweit rund 43.000 Bewerber für einen Medizin-Studienplatz entgegen. Die Entwicklung war absehbar, eine alternde Gesellschaft braucht eher mehr als weniger Ärzte. Und die Therapie? Der Trend heißt Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ), Stipendien sollen geprüft, für den ländlichen Raum soll geworben werden, mancher denkt als Ultima Ratio über kommunale MVZs nach, zusätzliche Studienplätze müssen in jedem Fall geschaffen werden, eine Landarztquote soll die spätere Entscheidung für Westerwald und Siegerland attraktiver machen, das Land baut die so genannte Niederlassungsförderung aus. Das hilft. Aber eben erst in Jahren.

Kurzfristige Alternativen: MVZ oder zwei Ärzte an der Klinik?
Um vor allem den absehbaren Versorgungsengpass durch die Schließung der Gemeinschaftspraxis Schmidt-Kerschbaum in Betzdorf zu bewältigen, laufen derzeit viele Gespräche. Stephan Schmidt ist demnach bereit, gemeinsam mit seiner Frau und dem bereits im Ruhestand befindlichen Dr. Wolfgang Wierny aus Elkenroth für eine Übergangszeit in einem neuen MVZ in Teilzeit zu arbeiten. Die Bedingung: Ein weiterer Arzt müsste in Vollzeit unterstützen. Die Diakonie in Südwestfalen ist bereit, hierfür ab 2020 einen Arzt zu stellen. Deshalb hat man die KV gebeten, ihrerseits bis zu diesem Zeitpunkt einen Arzt zu stellen. Ob sie darauf eingeht, blieb zumindest am Donnerstagabend noch offen. Diakonie-Geschäftsführer Dr. Josef Rosenbauer hatte einen Vorschlag, der tragen könnte, wenn diese aktuellen Bemühungen ins Leere laufen. Natürlich müsse man weiterhin Ärzte suchen, die bereit seien, sich niederzulassen und gegebenenfalls eine Praxis zu übernehmen oder sich anstellen zu lassen: Das Kirchener Krankenhaus könnte, eine Kostenerstattung vorausgesetzt, für eine Übergangszeit eine Praxis mit zwei angestellten Ärzten im Klinik-Gebäude einrichten. Dazu müssen vor allem die Krankenkassen ins Boot, um die Kostenfragen zu klären. Damit könnte die ambulante Versorgung verbessert werden und das Krankenhaus würde wahrscheinlich selber profitieren, ist Rosenbauer zuversichtlich. (scan)
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