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Nachricht vom 21.05.2019
Region
Der alte Kerker in Mehren - ein geheimnisvoller Ort
Es gibt sie noch, verwunschene Orte im Westerwald. Beispielsweise in Mehren, einem romantischen Fachwerkdorf in der Nähe von Altenkirchen. Dort, unterhalb der alten Schule, befindet sich ein 1547 erbautes Verlies. Der Kerker, auch Bulles’Je genannt, diente früher als Ortsgefängnis und kann tagsüber bei freiem Eintritt besichtigt werden. Gänzlich ohne Fenster und ohne Licht wurden die Gefangenen dort früher in einem separaten Kerkerraum gefangen gehalten.
Eingang zum ehemaligen Kerker von Mehren. Fotos: GRIMehren / Kreis Altenkirchen. Etwas mulmig war uns zumute, als wir vom AK-Kurier das alte Verlies unterhalb der alten Schule in der Mehrbachtalstraße im Fachwerkdorf Mehren betreten haben. Am Eingang weist uns eine auf Stein gedruckte Schrift darauf hin, dass es sich dabei um das alte Dorfgefängnis aus dem Jahr 1547 handelte. Oberhalb der Tür ist ein Zunftzeichen in den Stein gehauen, dessen Symbol wie ein von einem Pfeil durchstochenes Herz aussieht. Sehr zutreffend, wenn man sich die Funktion des alten Kerkers vorstellt. Gänzlich ohne Fenster und ohne Licht wurden die Gefangenen dort früher in einem separaten Kerkerraum gefangen gehalten. Ein an der Decke angebrachter Eisenring gibt Zeugnis davon, dass man die dort inhaftierten Gefangenen wahrscheinlich sogar in Ketten gelegt hat.

Den Vorraum zum Verlies betritt man nach unten über eine Natursteintreppe. In diesem etwas größeren, aus Natursteinen gebauten Raum, hat sich früher wahrscheinlich das Wachpersonal aufgehalten. Hier wäre genügend Platz für Tische, Bänke und sogar Betten. Rechts am Ende des Raumes führt eine schmale Steintreppe, wie in einen Berg gehauen, nach oben. In der Treppenmitte ist rechts ein schmaler Gang, der über eine weitere Treppe halbrechts nach unten führt. Am Ende angekommen befindet sich dort der eigentliche Kerkerraum, etwa sechs bis acht Quadratmeter groß. Die Kerkerwände und sogar das Gewölbe sind aus Naturstein gemauert. Der Boden ist mit Lehm bedeckt. Der Raum sieht wahrlich nicht einladend aus. Wir stellen uns bildhaft vor, welches Dasein der Gefangene früher hier wohl gefristet haben muss. Ein Entkommen jedenfalls war hier unmöglich.

Merkwürdig kommt uns vor, dass man den alten Kerker um das Jahr 1547 „Bulles’Je“ genannt hat. Schon unter „Bulles“ kann sich niemand etwas vorstellen. Und ein „Je“ oder „chen“ an ein Wort angehängt, verniedlicht doch eigentlich einen Begriff. Bei der Recherche im Internet werden wir fündig. Dort ist in einschlägigen Dialektwörterbüchern das Wort „Bulles“, allerdings ohne „Je“ als Bezeichnung für Gefängnis angegeben. „Bulles“ ist demnach ein moselfränkischer Ausdruck und ist dort wie auch im Hunsrück bekannt. Und auch im nord-nassauischen und nord-mittelhessischen wurde dieser Begriff für das Dorfgefängnis verwendet. Weshalb die Mehrener das „Je“ zur Verniedlichung angehängt haben, bleibt wahrscheinlich für immer ungeklärt. Doch wer die Einwohner von Mehren näher kennen lernt gewinnt den Eindruck, dass das ehemalige Dorfgefängnis wohl doch nicht so schlimm war wie angenommen. Auch wenn das Verlies sich heute in Privatbesitz befindet, so ist die Tür des alten Dorfgefängnisses tagsüber unverschlossen und Besucher sind bei freiem Eintritt herzlich willkommen. (GRI)
       
       
       
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