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Nachricht vom 11.07.2019
Wirtschaft
„Die faire Milch“ kämpft gegen Großmolkereien und Banken
Landwirt Stefan Sommerfeld aus Friesenhagen hat am ersten Freitag im Juli in der Fingerhut Akademie Crottorf einen Vortrag über das Gemeinschaftsprojekt deutscher Milchbauern „Die faire Milch“ gehalten. Das Publikum bestand größtenteils aus Laien, die wenig über die Hintergründe der Milch wussten und bei den Ausführungen des Landwirts ehrlich überrascht waren.
Gräfin Hatzfeldt und Stefan Sommerfeld (Foto: privat)Friesenhagen. Viele von ihnen hatten sich schon oft über die meterlange Auswahl an Milchtüten und Flaschen in den Regalen des Supermarkts zu immer niedrigeren Preisen gewundert. Der Vortrag zeigte, sorgfältig belegt, dass diese schier endlose Vielfalt an Produkten durch die Interessen der Molkereien bedingt sind, die ihre Kapazitäten auslasten wollen.

Seit dem Ende der Milchquote 2015 konnte sich kein wirksames, politisches Konzept der Milchregulierung durchsetzen, und seither wetteifern die Molkereien beim in Deutschland stark konzentrierten Lebensmitteleinzelhandel mit ihren Werbeslogans darum, wer am Markt am schnellsten und mit den höchsten Anforderungen an die Milchviehalter punkten kann. Dadurch werden die Bedingungen der Tierhaltung für Landwirte und Tiere zwangsläufig immer unwürdiger, was die Verbraucher aus Unwissenheit fördern, aber keineswegs gutheißen würden, wenn sie es wüssten.

In seinem Vortrag führte Landwirt Sommerfeld aus, wie die Preise von Industrien und Aktienmärkten gedrückt werden, die weder mit Landwirten, noch mit deren Familien und Tieren je in Kontakt kommen, und die auch in den Verbrauchern keine Lebewesen, sondern ausschließlich den Profit sehen. Auch die Milchwirtschaft sei also, wie so viele Bereiche unseres Lebens, im Würgegriff der Globalisierung. Sommerfeld brachte die Zuhörer mit seinen Fragen zum Nachdenken: Sollen wir das alles weiter so hinnehmen? Sollen wir zusehen, wie immer mehr Landwirte resigniert aufgeben? Und wie die jungen Begeisterten, die doch weitermachen wollen, zwangsläufig zu anders Denkenden werden müssen?

Die Organisation „Faire Milch“ wehrt sich dagegen. Als tapferer kleiner David in der Milchindustrie zielt sie mit unscheinbarer Schlinge gegen den Goliath der Konzerne und Banken. Dabei arbeitet sie auch mit ähnlich kleinen, gerade entstehenden Organisationen in Burkina Faso und anderen Ländern Afrikas zusammen. Gemeinsam wollen sie versuchen, von Nord und Süd aus, das Preisdumping zu bekämpfen, das die winzigen Familienbetriebe in den Entwicklungsländern erstickt.

Das Tierwohl steht an erster Stelle
Die „Faire Milch“ setzt auf Transparenz bei ihren Milchviehhaltern: das Tierwohl steht an erster Stelle, kein Futter aus Übersee, also kein genmanipuliertes Futter, flächengebundene Milcherzeugung und ein angewendetes Umweltprogramm der Betriebe. Neben dem Tierwohl geht es gleichermaßen um das Wohl der Familien,denn auf deren Hilfe ist bei dieser Arbeit und Lebensweise jeder Landwirt und jede Landwirtin angewiesen. Damit die faire Tierhaltung und Milchproduktion möglich ist und erhalten bleibt, müssen auch die Preise fair sein und bleiben. Hierbei können die Verbraucher durch bewusstes Einkaufen beitragen. Das aber setzt ihre Informiertheit voraus. Aus diesem Grund bemühen sich die Mitglieder des Gemeinschaftsprojekts „die Faire Milch“, die Verbraucher durch Veranstaltungen und Vorträge zu informieren.

Stefan Sommerfeld zeigte sich vor den Augen der Zuhörer als engagierter David mit einem guten Schuss Till Eulenspiegel drin, als er die Kämpfe der Mitglieder gegen die Intrigen und bodenlosen Tricks der Großmolkereien und Banken schilderte. Dazu erklärte er für unbedarfte Milchtrinker die Bedingungen und Kriterien der Rinderpflege und -züchtung gut verständlich und im liebevollen Detail. Geduldig antwortete er auf alle Fragen, auf die ernsthaft interessierten und auf die manchmal etwas sonderbaren, die solche Vorträge in der Fingerhut Akademie gelegentlich würzen. Dabei baute er viele witzige eigene Erfahrungen mit ein, so dass alle überrasch twaren, wie schnell die Zeit verging. Der Abend wurde, wie immer bei den „Fingerhut Feiert“ Veranstaltungen, lang und lustig. (PM)
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