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Nachricht vom 20.01.2020
Region
Neuhoff will keine weiteren Beratungen mehr zu WKB in Wissen
Der Stadtrat Wissen soll am 10. Februar 2020 einen Grundsatzbeschluss zum Thema Straßenausbaubeiträge für das Stadtgebiet von Wissen treffen. Weitere Vorberatungen im Haupt- und Finanzausschuss am 23. Januar finden nicht statt, auch die geplanten Bürgergespräche am 6. und 7. Februar werden vorerst zurückgestellt, bis Klarheit herrscht.
In Wissen sind viele Straßen sanierungsbedürftig. (Foto: Archiv IG Bau)Nachdem sich der Haupt- und Finanzausschuss der Stadt Wissen am 14. Januar nach drei Stunden und einem erneut umfassenden Vortrag eines Koblenzer Rechtsanwaltsbüros zum Thema Straßenausbaubeiträge vertagt hatte und keine Vorentscheidung zur künftigen Finanzierung des Straßenausbaus in Wissen getroffen wurde, meldet sich Stadtbürgermeister Berno Neuhoff zu Wort.

Er will den vertagten Punkt von der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses am 23. Januar absetzen und die endgültige Grundsatzentscheidung unmittelbar und am 10. Februar im Stadtrat treffen. Das sehe die Gemeindeordnung aufgrund der Tragweite der Entscheidung sowie des erreichten Diskussionsniveaus so vor, so Neuhoff in einer Pressemitteilung. Eine weitere Beratung im Haupt- und Finanzausschuss sei nicht nötig und bringe auch keine neuen Erkenntnisse. Neuhoff werde zurzeit auch keine weiteren Aufträge mehr an die Anwälte oder Verwaltung erteilen, Berechnungen oder Satzungen vorlegen oder Briefe beantworten, bis die Grundsatzentscheidung gefallen ist. Auch die zusätzlich geplanten Bürgersprechtage am 6. und 7. Februar werden ausgesetzt, bis endgültige Klarheit herrscht. Neuhoff betont jedoch, dass sich Bürger bei Fragen zum Beitragsrecht jederzeit an die Verwaltung wenden können.

Argumente offen und transparent vorgestellt
„Es liegen genügend Informationen, Fakten und Argumente pro und kontra Einmalbeiträge oder Wiederkehrende Beiträge auf dem Tisch, damit der Stadtrat eine Grundsatzscheidung zur künftigen Finanzierung des Straßenausbaus in Wissen treffen kann“, so Neuhoff. „Auch sind alle Argumente öffentlich in zwei Sitzungen und einer Einwohnerversammlung seit August voll umfänglich offen und transparent vorgestellt worden. Im Internet, in zahlreichen Briefen, Gesprächen und im Mitteilungsblatt haben Stadt- und Verbandsgemeindeverwaltung umfänglich und offen über die Vor- und Nachteile beider Systeme informiert. Jeder Bürger und jedes Ratsmitglied weiß, um was es geht.“

Angesichts der Tatsache, dass in den nächsten Jahren weitere Straßen Schritt für Schritt im gesamten Stadtgebiet saniert werden müssen, sei das für die 24 Stadtratsmitglieder alles andere als eine einfache Entscheidung, so Neuhoff weiter. „Ich persönlich glaube eine Entscheidung für einen wiederkehrenden Beitrag würde vielen leicht fallen, wenn das ganze Stadtgebiet eine Beitragseinheit wäre und der Ausbau der größten Straßenbaumaßnahme, nämlich der Rathausstraße, hinterm Pflug wäre.“ Verständnis zeigte Neuhoff aber auch für Argumente der Gegner, auch wenn die Debatte in den vergangenen Monaten in Wissen oftmals emotional geführt wurde.

„Aus den direkten Bürgergesprächen in den letzten Wochen weiß ich“, so Neuhoff, „dass viele für den Straßenbau am liebsten nichts bezahlen wollen und die ‚Solidarität hört nicht am eigenen Gartenzaun auf‘. Das kann aber für einen Stadtrat nicht das alleinige Entscheidungskriterium sein.“

Neuhoff: WKB gerechter und fairer
Neuhoff erinnert an den Beginn der Diskussionen: „Wir haben uns vor zwei Jahren gemeinsam mit den Stimmen aller Parteien im Stadtrat auf einen Weg gemacht, weil wir der Überzeugung waren, ein System wiederkehrender Beiträge sei gerechter und fairer, weil es die Bürger insgesamt weniger belastet und den Straßenbau im gesamten Stadtgebiet voranbringt.“ An dieser Grundargumentation habe sich bis heute auch nichts geändert. In vielen Gesprächen mit Bürgern sei dem Bürgermeister gesagt worden, dass sich viele eine einzige Abrechnungseinheit für das gesamte Stadtgebiet wünschten und der Ausbau der Rathausstraße für sie das Hauptproblem sei. Aber in Wissen seien nun einmal fünf Abrechnungseinheiten aufgrund der Rechtsprechung und örtlichen Gegebenheiten zu bilden. Der Ausbau der Rathausstraße sowie der Eisen- und Hüttenstraße dulde aufgrund vorgegebener Fristen und hohen Fördermittel für die Stadt keinen Aufschub mehr. „Sonst verfallen diese Mittel und die Belastung der Grundstückseigentümer wird möglicherweise noch höher“, so Neuhoff.

Nun liegt es am demokratisch legitimierten Stadtrat als höchstes Organ, diese Entscheidung am 10. Februar in die eine oder andere Richtung zu einem Ergebnis zu führen und dafür auch die Verantwortung zu übernehmen und zwar nicht nur für heute, sondern für die nächsten Jahre und vielleicht Jahrzehnte. Dann kehre auch wieder Ruhe ein, ist Neuhoff optimistisch. Aber er sei gewählt worden, um auch unangenehme Diskussionen in den nächsten Jahren zu führen.

Mittel- bis langfristige Folgen bedenken
Neuhoff bittet daher alle Stadtratsmitglieder nochmals genau zu überlegen und mittel- bis langfristig die Folgen für die Stadt Wissen und ihre Bürger zu bewerten. „Wir dürfen nicht nur kurzfristig denken, sondern auch an die, die heute und in Zukunft hohe Einmalbeiträge zahlen werden müssen. Wir sind ein Wohnstandort, haben einen erheblichen Sanierungsstau und müssen in den nächsten Jahren und Jahrzehnten verantwortungsbewusst Stück für Stück unsere Straße im gesamten Stadtgebiet in Abstimmung mit den Werken ausbauen, denn sonst wird es für die Bürger und die Stadt immer teurer“, so der Stadtbürgermeister. Mit der Rathausstraße und der Eisen- und Hüttenstraße sei man nicht am Ende, so Neuhoff. Der neue Stadtrat müsse sein Bauprogramm aktualisieren und dann weiter ausbauen. Das gelte unabhängig von der Frage, ob es Einmalbeiträge oder wiederkehrende Beiträge in Wissen gibt.

Neuhoff stellte nochmals klar, er habe das Thema aufgerufen, kurz nachdem er das Amt des Stadtbürgermeisters vor zweieinhalb Jahren übernommen habe, weil er die Situation in Wissen vorgefunden habe, wie sie jetzt ist. Zudem seien die Kosten im Straßenbau in dieser Zeit extrem gestiegen. Die Aufhebung der Ausschreibung der Eisen- und Hüttenstraße vor zwei Jahren, die mehr als 50 Prozent über den erwarteten Baukosten lag, habe ihn in dieser Auffassung bestätigt.

Andere Kommunen im Kreis machen es vor
Wissen habe viele kaputte Straßen und 60 Prozent der Kommunen in Rheinland-Pfalz hätten bereits vor Jahren wiederkehrende Beiträge und die Diskussion dazu geführt, auch größere Kommunen im Kreis Altenkirchen. Sie alle würden gut damit „fahren“. Aber insgesamt seien Straßenausbaubeiträge ein sehr emotionales Thema wie auch die aktuelle Diskussion in Wissen zeige. Als Demokrat sei es für ihn klar, dass er beide Lösungen mittrage, so Neuhoff.

Auch die CDU und FWG im Wissener Stadtrat bezeichnen das System der wiederkehrenden Beiträge als das solidarischere, sehen dafür aktuell aber keine Mehrheit: „Eine so wichtige Entscheidung verlangt Mut, Weitblick und eine über die Fraktionsgrenzen hinweg gehende breite Mehrheit im Stadtrat. Diese können wir nach der letzten Sitzung nicht mehr erkennen“, äußerten sich der Fraktionsvorsitzende der CDU, Sebastian Papenfuß, und der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der FWG, Paul Nickel, unisono in einer Pressemitteilung am 20. Januar. Und weiter: „Von diesen beiden Beitragssystemen erscheint für die CDU und die FWG das System der wiederkehrenden Beiträge das gerechtere und solidarischere zu sein. Wir wären überwiegend dazu bereit gewesen, die Straßenbaulasten auf viele Schultern zu verteilen. SPD und Grüne wollen dies ganz offensichtlich nicht!“ Insbesondere die Frage um die Wissener Rathausstraße polarisiere die Bürger. „Sich ohne eine breite Mehrheit im Stadtrat über große Teile der Bevölkerung hinwegzusetzen, wird dieser Entscheidung nicht gerecht.“ Die Diskussionen der letzten Monate habe jedoch auch gezeigt, dass der schlechte Zustand der Wissener Straßen ein zukünftiges, konsequentes Handeln erfordere. Straßenbau sei in Wissen unabhängig von der Beitragsart dringend erforderlich und notwendig.

Nun sollen in der Sitzung am 10. Februar im Kulturwerk alle Fraktionen und die Mitglieder im Stadtrat in dieser schwierigen Frage „Farbe bekennen“ und eine freie Entscheidung treffen, fordert Neuhoff, „damit Klarheit herrscht und die derzeit fast nur noch emotional geführte Debatte beendet wird“. Er selbst will seine Position im Stadtrat als Vorsitzender und stimmberechtigtes Mitglied klar darlegen. Die übrige Tagesordnung des Haupt- und Finanzausschusses der Stadt am Donnerstag, dem 23. Januar um 18 Uhr im Kulturwerk bleibt bestehen. (PM/red)
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