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Nachricht vom 28.01.2020
Region
Ungereimtheiten bei Krankenhaus-Standortfrage – Ministerin nimmt Stellung
AKTUALISIERT | Die Diskussion um den Standort für ein noch zu bauendes DRK-Krankenhaus ebbt nicht ab. Die Entscheidung, das neue Hospital am Standort 12 (Bahnhof Hattert), der zur Verwunderung vieler vor Weihnachten urplötzlich noch um Flächen in Müschenbach erweitert wurde, entstehen zu lassen, ist in Absprache mit der rheinland-pfälzischen Gesundheitsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler (SPD) erfolgt. Die nimmt nun Stellung.
In dieser Richtung am oder hinter dem Horizont liegt der Standort 11 (Giesenhausen), der möglicherweise wieder zu neuen Ehren kommen könnte. (Foto: hak)Altenkirchen. Wo wird das neue DRK-Krankenhaus Westerwald denn nun wirklich gebaut? Die Frage schien mit dem Standort 12 (Bahnhof Hattert) beantwortet, war doch dieser durch das von der rheinland-pfälzischen Gesundheitsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler (SPD) eingeholte Gutachten auf Platz 1 gesetzt worden. Fakt ist: Die Hospitäler in Altenkirchen und Hachenburg sollen, so der Betreiber, die DRK-Trägergesellschaft Süd-West, aus finanziellen Gründen zusammengeführt werden. An einem neuen Standort soll eine Klinik entstehen, die auch in Zukunft eine medizinische Versorgung der Bevölkerung gewährleisten soll. Zwei Gutachten (eins vom Träger, eins vom Ministerium in Auftrag gegeben) aber ergaben für den Neubau aufgrund unterschiedlicher Gewichtung von Kriterien unterschiedliche Rangfolgen von Arealen, die die Kommunen vorgeschlagen hatten.

Letztendlich kam in einer "Elefantenrunde" wenige Tage vor Weihnachten ein "Kompromiss" heraus, auf den sich die Teilnehmer des Treffens im Altenkirchener Kreishaus "einvernehmlich", so die Sprachregelung, geeinigt hatten. Allerdings war nicht mehr vom Standort 12 (Bahnhof Hattert) die Rede, sondern das Gelände in Müschenbach kam wie Phönix aus der Asche hinzu. Zuvor war Standort 6 (Hachenburg Gewerbegebiet Kleeberger Hof), der die Tabelle im Gutachten des Trägers anführte, "gescheitert", weil Bätzing-Lichtenthäler kreisübergreifend keine Akzeptanz ausgemacht hatte. Der Standort 11 (Giesenhausen) kam nach der ministeriellen Bewertung mit 0,1 Punkten Rückstand auf Platz 2.

Diverse Ungereimtheiten
Der Altenkirchener Ralf Käppele hat sich in den zurückliegenden Wochen eingehend mit beiden Ausarbeitungen zur Standortfrage beschäftigt und diverse Ungereimtheiten festgestellt. "Nach den Entwicklungen der vergangenen Jahre, die bereits deutlich gemacht hatten, dass der Betreiber der Krankenhäuser in Altenkirchen und Hachenburg schon immer den Standort in Hachenburg favorisiert hat, ist es nicht verwunderlich, dass das von diesem Betreiber in Auftrag gegebene Gutachten auch zu diesem Ergebnis kommt", sagt Käppele. Das von der Ministerin in Auftrag gegebene Gutachten favorisiere den Standort 12 (Bahnhof Hattert).

Zu diesem Ergebnis gelange man aber nur, wenn unter anderem in dem Kriterium „Attraktivität für Personal“ die aus dem ersten Gutachten ermittelten Fahrzeiten von den jeweiligen Standorten in „Großstädte“ übernommen werden. „Dass ich aber nicht von Bahnhof Ingelbach 20 Minuten länger nach Koblenz fahre als von Bahnhof Hattert, erschließt sich jedem Westerwälder“ so Käppele. Werde nur das Kriterium Entfernung „Großstädte“ in Minuten korrigiert, ergebe sich schon ein Punktgleichstand zwischen den Standorten 12 und 11. Die Überprüfung durch das ministerielle Gutachten fordere ferner aus Zeit- und Kostengründen bei Umsetzung eines solchen Projektes ein höheres Augenmerk auf die Flächenverfügbarkeit. Eine höhere Bewertung dieses Kriteriums sei aber nicht erfolgt. Dies wiederum hätte zur Folge, dass Standort 11 (Giesenhausen) in der Bewertung an Standort 12 (Bahnhof Hattert) vorbeiziehe, da dort die Flächen sich überwiegend in kommunaler Hand befänden.

Wichtiger Arbeitgeber geht
Weitere Kriterien seien, soweit bekannt, nicht eingeflossen, die aber für die Bewertung eines Standortes ebenso gewichtige Kriterien darstellten. "So ist nicht bekannt, welche medizinischen Schwerpunkte in der neuen Westerwaldklinik gesetzt werden sollen. Ein Krankenhausneubau im Westerwaldkreis würde auch dazu führen, dass künftig dieser Kreis über vier Krankenhäuser verfügt, dem Kreis Altenkirchen verbleibt nur das angeschlagene DRK-Krankenhaus in Kirchen. Es stellt sich daher auch die Frage, ob das Land Geld für einen Standort ausgibt, der dazu führt, dass eine Region, nämlich Altenkirchen und Umgebung, die ohnehin strukturschwach und vom Kern von Rheinland-Pfalz abgehängt ist, einen der wichtigsten Arbeitgeber verliert“, verdeutlicht Käppele.

Der Landkreis Altenkirchen liege im Landkreis-Ranking von „Focus Money“ unter 31 in Rheinland-Pfalz bewerteten Landkreisen und kreisfreien Städten auf Platz 20, der benachbarte Westerwaldkreis auf Rang 2: "Hatte die Bundesregierung nicht erst vor kurzem eine Kommission ,Gleichwertige Lebensverhältnisse' eingesetzt? Spielt dies innerhalb des Landes Rheinland-Pfalz keine Rolle?“, fragt sich Käppele.

Problem Grunderwerb
Wenig Aussichten auf Erfolg scheint dem nächsten Schritt beschieden, die erforderlichen Grundstücke in Hattert/Müschenbach zu erwerben. "Erstaunlich sind die Aussagen der betroffenen Landwirte aus dem Bereich des Standorts ,Hattert', dass man mit keinem von ihnen überhaupt gesprochen habe. Ist es nicht eine substanzielle Voraussetzung dafür, Standorte für einen Krankenhausneubau zu benennen, dass die Grundstücksfrage geklärt ist? Offensichtlich nicht für die agierenden Hachenburger Kommunalpolitiker. Waren es nicht genau diese Kommunalpolitiker, die anlässlich einer Veranstaltung zu diesem Thema die Grundstücksfrage dem interessierten Publikum als geklärt ausgaben?!", schaut Käppele zurück, "wer sagt die Unwahrheit? Die Landwirte oder die betreffenden Kommunalpolitiker aus dem Westerwaldkreis?". Allerdings wurde auf diese Problematik zumindest in dem durch die Ministerin veranlassten Gutachten bereits hingewiesen, ohne dass dies Beachtung fand.

Wie in einem Schachspiel
Ein Hinweis in eine ganz andere Richtung ergebe sich, wenn man sich den Schwenk vom Standort Hattert hin zum Standort im Hachenburger Gewerbegebiet an der B 413 betrachte. "Wird hier nicht eine Strategie deutlich, in der - gleich einem Schachspiel - die Bauern nach vorne geschickt werden, um den Standort Hattert schwer umsetzbar zu machen und gleichzeitig - oh welch ein Zufall - den Standort in Hachenburg wieder in die Pole-Position zu bringen?", wirft Käppele eine interessante Frage auf. Ein weiterer, dazu passender Schachzug werde von der Verbandsgemeinde Hachenburg vollzogen, um den Kompromissstandort Bahnhof Ingelbach (Standort 11) lahmzulegen. "Im Bericht von der Ortsgemeinderatssitzung in Giesenhausen vom 16. Oktober 2019 ist nachzulesen: ,Die Fläche Staudtchen wurde in der Vergangenheit immer wieder als Gewerbegebiet vorgeschlagen, aber mangels Zustimmung des Verbandsgemeinderates Hachenburg nicht in den Flächennutzungsplan eingebracht. Der Standort ist potentieller Standort für einen Krankenhausneubau'", verweist Käppele auf die Homepage der Ortsgemeinde Giesenhausen.

Bedenken weniger beachtet
Die Nominierung eines Standortes (Hattert/Müschenbach) hat Käppele nach eigener Aussage zunächst nicht verstanden. So langsam sei ihm jedoch klar geworden, dass in der "Elefantenrunde" von den Vertretern aus dem Westerwaldkreis und Bätzing-Lichtenthäler die Gleichung Bahnhof Hattert = Hattert und (!) Müschenbach aufgestellt worden sei. Die Bedenken damals von Altenkirchens Bürgermeister Fred Jüngerich, dass dies doch dann ein neuer Standort ist, seien weniger beachtet worden. All dies werfe bei ihm eine Reihe von Fragen - insbesondere an die Ministerin - auf: 1. Ist es zutreffend, dass der Standort Bahnhof Hattert, nicht zuletzt wegen fehlender Flächenverfügbarkeit, nicht realisierbar ist? 2. Wie kann ein Standort Müschenbach den erstplatzierten Standort Bahnhof Hattert ersetzen, ohne den Gutachtern benannt oder von diesen geprüft bzw. bewertet worden zu sein? Standort 12 (Bahnhof Hattert) ist eine konkret bezeichnete Fläche von 124.000 Quadratmetern und nicht eine pauschale Bezeichnung einer Gegend (Hattert/Müschenbach). 3. Bedeutet nicht die angekündigte Suche nach einem neuen Standort in Müschenbach, dass die bisherigen Gutachten obsolet sind und das dafür eingesetzte Geld nutzlos war? 4. Ergibt sich aus der Gleichung Bahnhof Hattert = Hattert/Müschenbach nicht eine Ungleichung? War es nicht das K.o.-Kriterium für den Standort Bahnhof Ingelbach (alter Bogenschießplatz), ein Vorschlag aus dem Kreis Altenkirchen, weil er, im Gegensatz zum Standort Giesenhausen, auf der falschen Straßenseite der B 414 lag? Spielt der jetzige Wechsel der Straßenseite keine Rolle?

Unterschiedliche Fahrzeiten
Ob Käppele auch auf die folgenden Fragen jemals Antworten erhält, sei dahingestellt: 5. Ist Ihnen aufgefallen, dass beide Gutachten davon ausgehen, dass eine Fahrt von Bahnhof Hattert nach Koblenz nur 47 Minuten dauert, für eine solche vom Standort 11 (Giesenhausen) 20 Minuten mehr angesetzt werden? (Im Übrigen fährt man laut Gutachten von beiden Standorten in gleichen 52 Minuten nach Siegburg). 6. Führt eine eigentlich notwendige Korrektur der gutachterlichen Petitessen (Rundungen u.a.) nicht ohnehin zum Standort 11 (Giesenhausen)? 7. Ist es daher nicht alternativlos, wenn von Landrat Dr. Peter Enders und von Jüngerich der Standort Giesenhausen gefordert wird? 8. Wie können Sie diesen Vertretern „Kirchturmpolitik“ vorwerfen? Die Vertreter des Kreises Altenkirchen haben die eigenen Standortvorschläge zu Gunsten des aus dem Westerwaldkreis vorgeschlagenen Standortes 11 aufgegeben. Die von Ihnen als notwendig erachtete Akzeptanz der Bevölkerung spielt wohl keine Rolle mehr? 9. Entblättert sich nicht „Kirchturmpolitik“, wenn die Vertreter des Westerwaldkreises gegen den von ihnen selbst vorgeschlagenen (und von Altenkirchen akzeptierten) Standort 11 opponieren? Liegt mit Standort 11 nicht eine einvernehmliche Lösung zur Befriedung jedweden Streits vor? 10. Stehen Sie einem beschleunigten Verfahren (wie von Ihnen angemahnt) nicht selbst im Weg, wenn Sie nicht die Konsequenzen aus den vorliegenden Gutachten ziehen? Stattdessen lassen Sie sich, aus welchem Grund auch immer, auf eine neue zeitintensive Standortsuche in Müschenbach ein? (hak)

Wenige Tage nach Veröffentlichung des Artikels (24. Januar 2020) nimmt die rheinland-pfälzische Gesundheitsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler am 28. Januar wie folgt Stellung:

„Die hier geäußerten Zweifel sind Beleg dafür, wie wichtig es ist, Entscheidungen und kommende Schritte transparent zu gestalten. Dass dies gelingt, ist Aufgabe aller Beteiligten. Seitens des Landes ist dies der Fall und ich sichere diese Transparenz auch weiter zu. Gleiches gilt für die weiteren maßgeblich Beteiligten und das ist auch so. Ich habe die Erwartung, dass wir gemeinsam nach vorne blicken und der weitere Prozess auf allen Seiten von verantwortungsvollem Handeln und Klarheit geprägt ist. Denn das gemeinsame Ziel aller Beteiligten ist es, die gesundheitliche Versorgung der Menschen im Westerwald mit guten und zukunftsfesten Strukturen zu sichern.

Ein neues Krankenhaus – das alle wollen – spielt hier eine zentrale Rolle. Alle Beteiligten, Kommunen, Träger und auch das Land, haben sich auf ein Vorgehen verständigt. Ich bin zuversichtlich, dass dies auch gelingen kann. Ich freue mich, wenn ich ganz aktuell höre, dass die Gespräche in Hattert gut vorangehen, auch beim Thema Grundstücke. Das sind gute Zeichen." (PM)
Nachricht vom 28.01.2020 www.ak-kurier.de