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Nachricht vom 29.03.2020
Kultur
Buchtipp: „Ich mach dir Betonschuhe“ von Roberto Capitoni
Am Freitag (27. März) sollte der Koblenzer Comedian Roberto Capitoni mit zwei Kollegen bei der immer ausverkauften Melsbacher Comedy-Nacht auf der Bühne stehen. Doch wegen der Pandemie sind beide Hälften des Halbitalieners, sowohl die untere italienische als auch die deutsche Oberhälfte, zur Kontaktlosigkeit verdammt. Comedians und Fans haben derzeit nichts zu lachen. Zum Glück gibt es Bücher und CDs, die über den Corona-Blues hinweghelfen. Roberto Capitonis Buch ist wie erwartet unterhaltsam und witzig, dazu auch noch spannend.
Roberto Capitoni bei seinem Auftritt 2019 in Melsbach. Archivfoto: Wolfgang TischlerKoblenz/Dierdorf. Hauptfigur in der Geschichte ist Robertos Onkel Luigi aus Palermo, als Bühnenfigur bekannt und beliebt und „Urheber“ der Aussage „Ich mach dir Betonschuhe“. Dieser sizilianische Onkel steht eines Tages völlig unerwartet vor dem Haus des Neffen in Isny im Allgäu. Luigi ist das derzeitige Familienoberhaupt der Capitonis und damit die Respektsperson. Der Onkel will mit seinem Neffen in dessen Auto, einem Fiat 500, Baujahr 1972 nach Palermo fahren, um rechtzeitig zur Beerdigung des Onkels Francesco, der kürzlich in Köln „einen kleinen Unfall“ hatte, im Heimatdorf zu sein. Das Problem ist, dass Luigi das Liebhaber-Autochen wegen seiner gewaltigen Leibesfülle fast allein ausfüllt, zudem hat er eine große und schwere Kiste dabei, die mit Spanngurten auf dem Dach befestigt wird.

Ist schon der Onkel geheimnisumwabert und undurchschaubar für Roberto und seine deutsche Frau Monika, so ist es diese verdächtige Kiste erst recht. Enthält sie eine Leiche oder mafiöses Schmuggelgut? Onkel Luigi äußert sich absolut nicht zu ihrem Inhalt und passt während der tagelangen Reise wie ein Schießhund auf sie auf. Die Autofahrt dauert außergewöhnlich lange, weil die Körpermasse des Sizilianers alle zwei Stunden Nahrungszufuhr braucht und Luigi viele Gastronomen kennt, die ihm einen Gefallen schulden. Außerdem ist das Autochen gewichtsmäßig überfrachtet und kräftemäßig an Steigungen überfordert, was das Tempo drosselt.

Der Onkel produziert Geräusche und Körperdüfte wie ein Walross und macht so die gemeinsame Fahrt zu einer Tortur: „Genau jetzt erinnert sich Onkel Luigis Darm daran, dass sein Herrchen an der Raststätte Bier getrunken hat. Es ist furchtbar! So stelle ich mir das Jüngste Gericht vor. Mein Fiat ist eine fahrende finnische Blocksauna, in der gerade ein 100-Liter-Stinkbombenaufguss explodiert ist.“ Dagegen hilft auch ein erzwungener Stopp nicht, weil der Onkel sich gern mit Traktor- oder Ape-Fahrern anlegt.

Mindestens genauso schlimm sind für Roberto die ständigen Herabsetzungen durch den Onkel, der jede Schuld an seinen Fehlleistungen dem Neffen in die Schuhe schiebt und sich selbst immer ins beste Licht setzt. Zudem gerät Roberto noch in den Verdacht, „eine heiße Bruder von die andere Strande“ zu sein. Luigis Spezialität ist das falsche Kombinieren deutscher Redewendungen und Sprichwörter: „Du kanst mich frage die Locher in die Bauch. Und ich antworte wie aus der Pastete geschosse. Frage mir!“

Sehr selbstbewusst meint Onkel Luigi die Fahrstrecke auch ohne Karte und im Dunkeln zu finden, denn „Ich bin eine Fledermause.“ Als die vom Onkel avisierte Tankstelle partout nicht auftaucht, meint er: „Wir sind gleiche da. Sei du unbesorge! Vertraue mich! Wie sage man: Auch eine blinde Kuh finde mal ein Horn. Roberto, du musst wisse, ich bin hier schon oft gewese. Eine Male minimum. Ich kann mich ganz genau erinnere an diese Tankestelle. Die padrone heiße Giacomo. Ist gute Manne. Schulde mir noch eine kleine Gefalle. Machte uns die guteste Preise in die regione.“

Nicht nur Bier ist dem Sizilianer unverträglich, er lehnt alles Deutsche vehement ab und verweist immer wieder auf die Überlegenheit seines Heimatlandes: „Ah, Roberto, scusa, aber muss ich an diese Stelle sage, biste du doch zu viele die Deutsche, eh? Weißte du, die Deutsche, sie konne mache die gute Auto und die gute Maschine, si, aber wenn gehe um die moda, die Deutschelande ist eine Ente Wickelungslande, eh?“

Im sizilianischen Heimatdorf wird den Heimkehrern ein herzlicher Empfang zuteil. Roberto trifft Freunde aus der Kinderzeit wieder, mit denen er in den Ferien, die die Familie Capitoni alljährlich in Papas Heimatort verbrachte, zu spielen pflegte. Und am Schluss findet so manches Geheimnis eine unerwartete Auflösung.

Der äußerst vergnügliche Italo-Roman ist bei Rowohlt erschienen, ISBN 978-3-499-25443-7. Wer das Buch direkt bei Roberto Capitoni unter der Adresse Capitoni@t-online.de bestellt, kann eine Widmung seiner Wahl eintragen lassen und erhält zusätzlich einen „Luigi“-Einkaufswagen-Chip. htv
   
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