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Nachricht vom 20.04.2020
Kultur
Klara trotzt Corona, XVII. Folge
Die Autoren der Limburg-Krimis um die schrullige Haushälterin Klara Schrupp und ihren gutmütigen Chef, möchten mit ihren täglichen Episoden Ihnen etwas Trost, Unterhaltung und hin und wieder vielleicht sogar ein Lächeln schenken, wenn Sie sehen, wie Klara und van Kerkhof ihren Alltag bewältigen.
SymbolfotoKölbingen. Klara trotzt Corona, Folge 17 vom 20. April
„Klara! Wo sind Sie denn? Halloohoo, meine liebe Klara! Da kommt jemand in unseren Vorgarten.“ Pfarrer van Kerkhof sah aus dem Küchenfenster und freute sich. Eigentlich könnte auch er die Tür öffnen, doch dieser Besuch wurde besser von seiner Haushälterin empfangen. Er hörte sie im Selbstgespräch über die Holztreppe nach unten eilen. „Ich ahne es schon, das wird unser Mädchen mit den Einkäufen sein. Hab ich Recht?“

„So ist es, Klara. Die Schülerin, der Sie gestern Ihre Einkaufsliste gegeben haben. Wie angekündigt, ist sie mit dem Fahrrad gekommen. Ziemlich schwer beladen.“

„Ach“, jammerte Klara, „ach … wie machen wir das denn jetzt, Herr Pfarrer? Hat sie was vor dem Mund? Ich kann sie doch nicht reinlassen, sie war in den Geschäften unter so vielen Leuten, da kann sie doch ein stiller Überbringer von Viren sein ...“ Mit großen Schritten lief Klara im Hausflur auf und ab, ein Zeichen, dass sie völlig ratlos war. „Die jungen Leute nehmen das so leicht. Aber wenn wir das Corona kriegen, liegen wir da und sind schwer krank. - Jetzt überlegen Sie doch mal mit, Herr Pfarrer! Vielleicht gebe ich Ihnen einen Mundschutz und Sie machen auf ...“

Dann stand Klara still und lauschte. „Warum klingelt das Kind denn nicht? Sie haben sich wieder mal verguckt und sie war es gar nicht. Bestimmt finde ich jetzt Werbeblättchen in unserer Briefkastenrolle.“

„So schlecht sind meine Augen noch nicht, Klara. Dieses Mädchen hat gestern vorn an unserem Zaun Ihre Liste und fünfzig Euro abgeholt. Wenn ich nun die Tür öffne, soll ich sie dann draußen stehen lassen? Sagen Sie mir, was ich tun soll, und ich tu's.“

Jetzt klingelte es doch, und Klara fuhr zusammen. Kurz entschlossen zog sie ihr Halstuch von der Garderobe und band es sich um Mund und Nase. Langsam öffnete sie die Haustür. Als sie erfasste, was draußen stattgefunden hatte, war sie hell begeistert. „Nein, was bist du ein rücksichtsvolles Mädchen!“ Klaras Blick glitt abwechselnd über die vier Papiertüten, die auf der oberen Stufe der Außentreppe standen und dann wieder zu der Schülerin, die bis zum Ende des Vorgartens zurückgetreten war und ihr von dort aus zuwinkte. „Hallo, Frau Schrupp! Ich hoffe, ich habe alles so besorgt, wie Sie es haben wollten.“ Dazu deutete das Mädchen mit der Hand auf die Einkäufe links und rechts von Klaras Füßen.

Van Kerkhof im Hausflur entnahm Klaras stummen Bewegungen, wie diese mit sich rang. Das Einfachste für sie wäre, jetzt zu fragen, ob das Geld gereicht hätte, um daraufhin das Wechselgeld entgegenzunehmen und dem Mädchen davon als Dank etwas in die Hand zu drücken. Da er sich ohnehin wunderte, dass seine Haushälterin einem fremden Menschen im Voraus Geld mit auf den Weg gegeben hatte, ahnte er, dass diese Aktion für Klara nun auch einen korrekten Abschluss erforderte.

Ihr Kopf hatte schneller gearbeitet als vermutet. „Herr Pfarrer, stehen Sie nicht einfach da, holen Sie die Tüten ins Haus und bringen Sie sie auf die Terrasse! Und du, liebes Kind, kannst außen rumgehen, am Haus entlang über den Kiesweg und hinten durchs Gartentürchen auf unser Grundstück. Dann sehen wir dort die Einkäufe durch.“ Das Mädchen nickte höflich und setzte sich in Bewegung.

„Was haben Sie vor, Klara?“, fragte van Kerkhof auf dem Weg durchs Haus. „Wollen Sie die Einkäufe draußen auspacken und prüfen, ob alles seine Richtigkeit hat?“

„Genau. Vielleicht muss etwas umgetauscht werden, vielleicht wurde etwas doppelt eingetippt, und wenn nicht, umso besser.“ Während er die Terrassentür öffnete und die Papiertüten draußen abstellte, eilte Klara in die Küche und erschien kurz darauf mit einem großen Glas Rhabarbersaft. „Hier, Mädchen, du hast doch sicher Durst. Dort drüben kannst du dich hinsetzen und dich ausruhen, und der Herr Pfarrer packt mal alles aus und legt es auf den Tisch. - Wie heißt du gleich noch mal? Marion? Marina? Es tut mir leid, aber ihr jungen Leute habt meistens solche komplizierten Namen, dass ich mich wundere, wie eure Eltern sich das merken können.“

„Mareike“, sagte das Mädchen und lachte. „Meine Eltern haben den Namen ja ausgesucht, das wäre ja ein Ding, wenn sie sich das nicht merken könnten.“ Es setzte das Glas an die Lippen und trank mit Genuss von dem gekühlten Saft.

„Den hab ich selbst gemacht“, sagte Klara stolz, „ich kenne keinen, dem mein Rhabarbersaft nicht schmeckt.“ Sie wartete auf Bestätigung, und die kam prompt, indem das Mädchen Mareike den Rest des Glases zügig leerte und sich über den Mund wischte. „Wirklich yummy!“

Klara schaute groß. „Yummy? Na, von mir aus.“ „Das ist englisch und bedeutet lecker“, erklärte Mareike eilig. Van Kerkhof war nicht entgangen, dass es dem Mädchen wichtig war, Klara zu gefallen. Vielleicht aufgrund deren resoluter Art oder aber in der Hoffnung, diesen selbstlosen Einkaufsjob zu behalten, um sich in der aktuellen Situation einmal außerhalb der elterlichen Wohnung aufhalten zu können. Vielleicht wollte es in diesen schwierigen Zeiten aber auch einfach nur Gutes tun. Die Chemie zwischen Mareike und Klara schien jedenfalls zu stimmen.

„So, da haben wir die Milch, die Butter, die Sahne, die Tomaten, die Bananen, die Zwiebeln, den Reis, die Salami ...“ Letztere nahm Klara genauer unter die Lupe. „Sehr gut, extra mager. Weißt du, der Herr Pfarrer muss auf fettreduzierte Nahrung achten“, sagte sie wie nebenbei und hakte einen Artikel nach dem anderen auf der Liste ab. „Wunderbar, alles so, wie ich es aufgeschrieben habe“, lobte sie schließlich. „Jetzt kann der Herr Pfarrer die Sachen in die Küche tragen, am besten für den Weg alles wieder in die Tüten stopfen“, sagte Klara mit einem beiläufigen Blick in Richtung ihres Chefs, dann wieder dem Mädchen zugewandt: „Und du erzählst mir mal ein bisschen was über dich. Wie alt bist du noch – fünfzehn? Und, bist du katholisch, evangelisch oder … was ganz anderes?“

„Katholisch“, sagte das Mädchen, sodass van Kerkhof sich beim Anblick von Klaras strahlenden Augen über dem geknoteten Halstuch getrost mit den Einkäufen ins Haus begeben konnte. „Die Damen, ich empfehle mich“, sagte er in der Terrassentür. „Und vielen Dank auch.“ Nachdem Mareike wieder davongeradelt war, wirkte Klara so lebendig wie lange nicht mehr. Sie war ganz aus dem Häuschen, wusste alles über dieses gestern noch völlig unbekannte Mädchen, das gerade eben ein großzügiges Trinkgeld von ihr erhalten hatte.

„Wie ist sie eigentlich auf uns gekommen?“, fragte der Pfarrer interessiert.

„Na, durch mich! Sie hat mir erzählt, sie wäre im letzten Jahr vor den Sommerferien mal mit ihrer Oma in unserem Gottesdienst gewesen. Und da hätte ich wohl nachher draußen vor dem Portal zu ihr gesagt: 'Ihr Schüler habt ja jetzt viel Zeit. Da könnt ihr zwischendurch immer mal für Regen beten.' Und weil es jetzt wieder so trocken ist, hat sie sich halt an mich erinnert.“ Van Kerkhof nickte und lächelte: Er konnte sich gut vorstellen, dass es sich genau so zugetragen hatte. (Christiane Fuckert und Christoph Kloft: www.christoph-kloft.de)

Bisher erschienene Fortsetzungen:
Klara trotzt Corona, XVI. Folge
Klara trotzt Corona, XV. Folge
Klara trotzt Corona, XIV. Folge
Klara trotzt Corona, XIII. Folge
Klara trotzt Corona, XII. Folge
Klara trotzt Corona, XI. Folge
Klara trotzt Corona, X. Folge
Klara trotzt Corona, IX. Teil
Klara trotzt Corona, VIII. Teil
Klara trotzt Corona, VII. Teil
Klara trotzt Corona, VI. Teil
Die Limburger Pfarrhausermittler: Klara trotzt Corona, V. Teil
Die Limburger Pfarrhausermittler - Klara trotzt Corona, IV. Teil
Klara trotzt Corona, dritter Teil
Klara trotzt Corona, zweiter Teil
Klara Schrupp und Pfarrer van Kerkhof trotzen der Corona-Krise

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