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Nachricht vom 25.04.2020
Wirtschaft
Aktionskreis: Corona-Krise zeigt, „wie wichtig unser Handel vor Ort ist“
Viele Geschäfte, die wochenlang geschlossen, viele Innenstädte, die verwaist waren: Die Bilder des "lock down" bleiben in Erinnerung und die Frage zunächst unbeantwortet, ob das Szenario sich in nächster Zeit wiederholen muss. Auch in Altenkirchen waren und sind Einzelhändler Opfer der Corona-Krise.
Mit einem Banner am Beginn der Fußgängerzone zwischen den Modehäusern Dörner und Iserlohe wirbt der Aktionskreis Altenkirchen für den Einkauf vor Ort. (Foto: hak)Altenkirchen. Eine gerade hübsch sanierte Fußgängerzone mit Einzelhandelsgeschäften, weitere Straßen, die von Ladenlokalen gesäumt sind: Beinahe völlige Menschenleere in diesen Bereichen prägte das Bild in Altenkirchen in den zurückliegenden Wochen. Niemand kam zum Einkaufen in die City, weil niemand einkaufen durfte. Die erzwungene Schließung vieler Geschäfte erweckte den Anschein einer "Geisterstadt". Wie der Aktionskreis Altenkirchen unter anderem die Lage seiner Mitglieder aktuell sieht, erläutert die Vorsitzende des Zusammenschlusses, Katja Lang, in einem Interview mit dem AK-Kurier:

Die Corona-Krise beutelt den Einzelhandel. War in Ihren Augen der "shut down" überhaupt erforderlich?
Ich bin kein Virologe, aber ich hoffe, dass die Entscheidung richtig war. Die momentanen Zahlen geben der Politik und den Fachleuten Recht.

Sehen Sie die Gefahr, dass Geschäfte in Altenkirchen infolge der wochenlangen Schließung die Krise nicht überstehen und für immer schließen müssen?
Die Gefahr besteht sicherlich. Endlich sind die Corona-Hilfen auch bei unseren Mitgliedern angekommen. Dies hilft sicherlich für die nächsten Monate. Niemand weiß, wie lange diese Krise anhält.

Halten Sie die nunmehr geltende 800-Quadratmeter-Grenze für Geschäfte, die öffnen dürfen, für sinnvoll?
Ja, es ist doch sinnvoll, dass sich so wenig Menschen wie möglich zur gleichen Zeit am gleichen Ort aufhalten. Dies ist bei diesen Größenordnungen sehr gut zu organisieren und zu kontrollieren. Deshalb habe ich die Öffnung des Outlet-Centers nicht verstanden. Wenn auch jedes Geschäft dort unter 800 Quadratmeter ist, werden sich dann doch sehr viele Menschen innerhalb eines kleineren Raumes aufhalten.

Inwieweit stört es Sie, dass die Bundesländer die Lockerungsvorgaben unterschiedlich auslegen?
Generell halte ich in dieser Krise den Föderalismus nicht für die beste Methode. Hier sollte der Bund die Vorgaben machen und die Länder wirklich nur Nuancen verändern dürfen. Bei mir entsteht ein wenig der Eindruck, dass die Corona-Krise schon als Wahlkampf um die Kanzlernachfolge missbraucht wird.

Plant der Aktionskreis Maßnahmen, um wieder mehr Kaufkraft in die Stadt zu ziehen?
Wir haben bereits gemeinsam mit der IHK eine kleinere Aktion zur Wiedereröffnung gemacht. Leider sind größere Aktionen verboten. Wir müssen unsere Top-Veranstaltungen, die Toskanische Nacht und die Food Days, absagen. Niemand weiß, wann wir einen verkaufsoffenen Sonntag machen können. Ich hoffe, falls die Krise bis zum Herbst/Winter bewältigt wird, dass wir dann mit aller Unterstützung unserer Landesregierung rechnen dürfen. Unsere lange geforderte Sonntagsregelung zum Beispiel. Wir kämpfen seit Jahren um einen verkaufsoffenen Sonntag im Dezember. Nach wie vor wird im Weihnachtsgeschäft der größte Umsatz generiert. Rheinland-Pfalz ist eines der wenigen Bundesländer, das dies verbietet. Wir möchten nicht häufiger öffnen, nur einmal im Dezember. Dies ist gerade auch im Vergleich zum unbeschränkten Onlinehandel nur fair.

Sehen Sie für die Einzelhändler in den kommenden Wochen die Chance, den entgangenen Umsatz überhaupt noch wettmachen zu können?
Nein. Gekaufte und schon bezahlte Frühjahrsware wird sicher schwer zum regulären Preis verkäuflich sein. Die erste Woche zeigt, dass die Läden zwar offen sind, die Kunden aber nicht kommen. Und somit entstehen jetzt für unsere Mitglieder Kosten für Personal, Strom etc., aber der Umsatz bleibt aus.

Ist für Sie die Schutzmaskenpflicht beim Einkauf ein probates Mittel, die Kundenfrequenz deutlich zu erhöhen?
Ja. Ich habe es von Anfang an nicht verstanden, warum man die Maskenpflicht nicht früher eingeführt hat. Man braucht kein Mediziner zu sein, um zu erkennen, wenn sich jeder schützt, ist doch allen geholfen. Ich glaube, man hat die Maskenpflicht so spät erlassen, da vorher nicht genügend Masken verfügbar waren.

Viele Aktionskreise der Region stehen in einem ständigen Austausch: Wurde gemeinsam versucht (zum Beispiel über Dachverbände), Einfluss auf eine Verkürzung der Schließung zu nehmen?
Auch wir sind innerhalb des Westerwaldkreises vernetzt. Wir tauschen uns aus. Auch die IHK ist hier ein sehr verlässlicher Partner. Wir werden sehr gut über Neuerungen und Maßnahmen informiert. Direkten Einfluss auf eine Verkürzung der Schließung konnten und wollten wir auch nicht nehmen. Diese Verantwortung sollte bei den Fachleuten bleiben.

Hat der Aktionskreis Mitglieder verloren vor dem Hintergrund finanzieller Engpässe?
Nein, bisher sind keine Kündigungen eingegangen. Wir werden auch für das erste Halbjahr keine Beiträge einziehen. Gerade in schweren Zeiten kann eine Gemeinschaft sehr gut helfen.

Was wünschen Sie sich für die nahe Zukunft in Ihrer Funktion als Vorsitzende des Aktionskreises?
Ich hoffe, dass durch diese Krise jedem wieder klar wird, wie wichtig unser Handel vor Ort ist. Die leeren Innenstädte haben uns einen Eindruck gegeben, wie es wäre, wenn wir alle nicht mehr da sind. Da die großen Ketten noch geschlossen sind, haben wir die Chance zu zeigen, wie stark unser Handel hier in Altenkirchen ist. Vielleicht gewinnen wir einige Kunden, die bisher zum Einkauf in die größeren Städte gefahren sind, wieder zurück. Vor allem aber hoffe ich, dass wir alle gesund durch diese Zeit kommen. (hak)
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