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Nachricht vom 04.07.2020
Region
Faszination Westerwald: Der Eisvogel an der Nister
Wer hat schon einmal einen Eisvogel gesehen? Viele kennen ihn wahrscheinlich nur aus der Bierwerbung. Wenn man aber das Glück hat, ihn in freier Natur zu beobachten und ihn auch noch zu fotografieren, ist das ein ganz besonderes Erlebnis. Auch an der Nister ist er zu finden.
Eisvögel an der Nister. Fotos: Rainer LemmerRegion. Genau weiß man nicht, warum der Eisvogel (Alcedo atthis) eigentlich Eisvogel heißt. Eine französische Sage glaubt, dass das Himmelblau beim Fliegen auf seine Federn abfärbte. Und das Rot komme von der Sonne, da er so fasziniert von ihr war, dass beim Versuch, sich ihr zu nähern, seine Bauchfedern Feuer fingen. Andere Deutungen laufen darauf hinaus, dass der Name von dem altdeutschen Wort "Eisan" abgeleitet ist, was soviel heißt wie schillern oder glänzen. Da man den geschickten Fischjäger häufig an zugefrorenen Gewässern im Winter findet, könnte der Name auch darauf zurückzuführen sein. Wahrscheinlich hat aber aber auch das Aussehen mit den "eisblauen" Rückenfedern zur Namensgebung beigetragen.

Klar ist auf jeden Fall:
Der Vogel ist mit seinem auffallenden, fast exotisch anmutenden Gefieder, unverwechselbar. Wer diesen prachtvollen Vogel noch nie gesehen hat und das Glück hat, ihn zum ersten Mal zu sehen, wird sofort wissen, dass es ein Eisvogel ist.

Auffällig, aber trotzdem getarnt?
Ein ruhig im Geäst sitzender Eisvogel ist durch seine braun-orangen Federn am Bauch sehr schwer zu erkennen. Das auffällige türkisfarbene Gefieder auf den Flügeln und dem Rücken, man mag es kaum glauben, dient als perfekte Tarnung, da es mit der Farbe des Wassers verschmilzt. Meist hört man nur den kurzen Ruf des Eisvogels „krrikrrtkrrt“ - und er ist verschwunden bevor man ihn überhaupt sieht.

Die Dame trägt Lippenstift!
Die Unterscheidung der Geschlechter und die Bestimmung des Alters ist beim Eisvogel nicht schwer. Die weiblichen Eisvögel haben einen rot-orangenen Unterschnabel.

Während der Brutzeit sind die Füße der erwachsenen Vögel orangerot. Junge Eisvögel erkennt man an den schwarzen Füßen und der hellen Schnabelspitze. Die Schnabelspitze der Altvögel ist durchgehend gefärbt.

Fremdgehen - ein Kavaliersdelikt?
Die meisten Eisvögel leben in einer monogamen Brutehe, aber nicht alle. Vor allem in Jahren mit hoher Dichte leben einige Männchen in Bigamie mit zwei Weibchen, die, zeitlich überlappend, bis zu mehreren Kilometern voneinander entfernt brüten. Aber auch die monogamen Eisvögel füttern noch die Jungvögel der ersten Brut, während das Weibchen schon die neue Nisthöhle für die nächste Brut gegraben hat und die Eier dieses Geleges bebrütet. Durch diese Vorgehensweise ist über das Jahr eine hohe Reproduktionsrate bei den Eisvögeln möglich.

Der Eisvogel lebt an mäßig schnell fließenden oder stehenden, klaren Gewässern mit einem guten Kleinfischbestand. Überhängende Äste liefern für die Vögel den Ansitz oder die Sitzwarten für den Fischzug. Die größeren Fließgewässer des Westerwalds, wie z.B. die Nister, Wied, Holzbach, sowie die Westerwälder Seenplatte bieten diese Möglichkeiten.

Eisvogel Bruthöhle
Eisvögel graben in steile, unverbaute Lehm- oder Uferböschungen mit dem Schnabel und den Krallen bis zu 140 cm lange Nisttunnel, die in einer Nistkammer enden. Fertige Nisttunnel werden übrigens mit einem Kotspritzer markiert, sozusagen die Eisvogel-Hausnummer.Die Brutzeit beträgt 21 Tage. Pro Brut gibt es bis zu sieben Junge, die nach 23 bis 27 Tagen ausfliegen.

Interessant ist die Fütterung in der engen Bruthöhle, die nach dem "Revolverprinzip" erfolgt. Dabei rückt der erste gefütterte Jungvogel (ähnlich einer Patrone in einem Revolver Magazin) ein Stück zur Seite, sodass der nächste Jungvogel gefüttert werden kann. Alle Vögel warten geduldig bis sie wieder an der Reihe sind mit der Fütterung.

Der Neubau der Nisthöhle ist erforderlich, da der Eisvogel sein Nest nach der Brut nicht säubert. Zurück bleibt ein nicht mehr bewohnbarer Tunnel mit verwesenden Fischresten und Kot. (Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Eisvogel)

Erstklassiger Fischer - aber nicht unbedingt ein Freund der Fischer
Früher wurde der Eisvogel von Binnenfischern stark bejagt. Im 19. Jahrhundert etwa galten die Federn als begehrter Schmuck für Damenhüte. Auch zur Herstellung von künstlichen Fliegen für Angler wurden tausende Vögel getötet.

Heute ist er durch die Vernichtung seines Lebensraums bedrängt, da fast alle europäischen Flüsse und auch Bäche in der Vergangenheit ausgebaut oder reguliert, die Tümpel zugeschüttet und die Feuchtgebiete trockengelegt wurden. Durch diese Maßnahmen hat sich das Nahrungsangebot sowie die Zahl der Ansitze verringert. Zudem verhindern abgeschrägte, befestigte Böschungen die Entstehung von Uferabbrüchen. Vereinzelte Renaturierung hat daran nichts Wesentliches geändert. Auch verschmutztes und saures Wasser entzieht dem Eisvogel die Nahrungsgrundlage.

Der Eisvogel ernährt sich hauptsächlich von Kleinfischen und davon braucht er täglich mindestens fünf bis zehn Stück. Bei bis zu 21 Jungvögeln müssen von den Eisvogeleltern ca. 200 Fische pro Tag gefangen und herangeschafft werden.

Der Eisvogel jagt häufig von einem Ansitz, meist Ästen dicht über dem Wasser. Wenn er eine mögliche Beute entdeckt, stürzt er sich schräg nach vorn-unten kopfüber ins Wasser taucht, fängt den Fisch, taucht wieder auf und fliegt weg.

War die Jagd erfolgreich, fliegt der Eisvogel zurück zu seinem Ansitz oder zur Bruthöhle um die Jungen zu füttern. Häufig wird der Fisch direkt verspeist oder mit mehreren Hieben am Ast bewusstlos geschlagen und dann verspeist.

Der Erhalt naturnaher, von künstlichen Eingriffen unabhängiger Fluss- und Bachlandschaften stellt das wichtigste Kriterium für den Schutz des Eisvogels dar.

Wanderungen mit Aussicht auf Eisvogel-Beobachtung
Wanderungen am frühen Morgen oder am späten Abend an Großer- und Kleiner Nister im Bereich von Heuzert, Limbach, Stein-Wingert, Helmeroth, Hirtscheid, Hirzbachtal, Nister, Nistertal, Hardter Mühle bieten eine große Chance Eisvögel zu beobachten.

Tipp:
Einfach mal ruhig ans Wasser setzen und lauschen und beobachten. Auch wenn man vielleicht keinen Eisvogel sieht, tut es gut einfach mal da zu sitzen und bewusst wahrzunehmen was alles so um einen herum am Wasser passiert.

Eine Auswahl an Wanderungen mit der Chance Eisvögel zu beobachten:

- Der Bachlehrpfad in Limbach (4 km)
- Familienwanderung im Tal der Nister bei Helmeroth (3 km)
- Vom Wilhelmsteg ans Deutsche Eck des Westerwaldes (2,5 km)
- Naturpfad Weltende – Wanderung ans Ende der Welt (7 km)
- Abwechslungsreiche, 11 km Rundwanderung von Astert über Heuzert nach Heimborn und zurück nach Astert
- Leichte, kurze 4,3 km Rundwanderung vom Parkplatz an der Brücke bei Stein-Wingert über Idelberg und zurück
- 12 km "Glück auf Tour" Rundwanderung durch das Naturschutzgebiet "Nistertal" und die Gemarkung Helmeroth.
- 13,5 km lange Rundwanderung, sozusagen durch das "Herz der Kroppacher Schweiz"

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Rainer Lemmer ist zertifizierter DWV Wanderführer und zertifizierter Natur- und Landschaftsführer (NUA). Mehr Informationen gibt es auf der Website “Typisch Westerwald”.

In unserer Facebook-Wandergruppe "Wandern im Westerwald" gibt es übrigens auch ständig schöne neue Ecken der Region zu entdecken.
     
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