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Nachricht vom 21.07.2020
Region
Arche Noah Marienberge: Wo Gemeinschaft groß geschrieben wird
Urlaub in Deutschland wird immer interessanter, nicht nur wegen Corona. Gemeinnützige Ferienstätten und Organisationen spielen dabei eine immer bedeutsamere Rolle. So auch in der „Arche Noah Marienberge“ in Elkhausen. Aktuell sind rund 60 Gäste dort und erholen sich im naturnahen Haus. Und zwar nicht erst seit den vergangenen Jahren. So verabschiedete sich erst kürzlich Pastor Stjepan Penić aus der kroatisch katholischen Mission Essen vor der Rückkehr in seine Heimat bei Georg Rieth und dem Team der Arche Noah. Er kam 40 Jahre lang.
40 Jahre lang kam Pastor Stjepan Penić mit verschiedenen Gruppen nach Elkhausen. Jetzt ist Zeit Abschied zu nehmen, bevor es zurück in seine Heimat nach Kroatien geht. v.l.: Alis Lovrić, Fanta Jukić, Stjepan Penić und Georg Rieth mit Esel Timo. (Foto: Arche Noah)Elkhausen. 40 Jahre lang kam Pastor Stjepan Penić mit Gruppen von Erstkommunikanten und alle zwei Jahre mit Gruppen von Firmlingen für einen viertägige Vorbereitung ins Haus Marienberge. Weitere Seminare schlossen sich an. Jetzt geht der 75-jährige Pastor in Rente und wird zurück in seine Heimat nach Kroatien ziehen. Zeit, um noch einmal in der Arche Noah in Elkhausen vorbei zu kommen, um sich von den Mitarbeitern zu verabschieden. Georg Rieth, Geschäftsführer und „Motor“ des gemeinnützigen Hauses, nahm sich für diesen Besuch viel Zeit und gestaltete einen rundum schönen Tag, inklusive Traktorfahrt. Schließlich so Rieth, sei man über die vielen Jahre quasi eine Familie geworden. Und auch Pastor Penić, der die Schwestern Alis Lovrić und Fanita Jukić zu diesem Treffen mitbrachte, war begeistert: „Das Personal des Hauses hat uns immer herzlich empfangen, wir haben uns nirgends so wohl gefühlt wie hier.“ Dafür wolle er sich bedanken.

Die Verbindung von Essen, wo die kroatisch katholische Mission ihren Standort hat, kam über den Gründer und Erbauer des Haus Marienberge, Pfarrer Albert Schmidt, der 1904 in Hecke geboren wurde. 1931 zum Priester geweiht, bekam er nach dem Zweiten Weltkrieg den Auftrag ,die St. Thomas-Moros Gemeinde in Essen-Vogelheim aufzubauen. Er setzte sich unermüdlich für die Armen und Obdachlosen ein und seinem Einsatz ist es zu verdanken, dass Kinder einen Sommerurlaub in seiner Heimat in Elkhausen ermöglicht wurde. 1947 gelang es ihm erstmals mit 425 Kindern aus dem völlig zerstörten Essen zu einem Ferienaufenthalt nach Elkhausen zu kommen. Sie kamen damals in Zeltlagern, Scheunen, Schulen und später auch im Schloss Schönstein in Wissen unter. Der Wunsch, eine feste Bleibe zu schaffen, wuchs und wurde Mitte der 1950er Jahre realisiert. Über die Jahre entstand daraus die Arche Noah Marienberge als gemeinnützige Organisation.

Gemeinnützige Ferienstätten aktueller den je
Was vor über 65 Jahren seit Gründung der Arche Noah Marienberge schon wichtig war, hat an Aktualität in der heutigen Zeit, gerade jetzt durch die Corona-Pandemi, nicht an Bedeutung verloren. Zur Zeit halten sich rund 60 Erholungsuchende in der Arche auf und genießen die Natur und vor allem auch die Gemeinschaft. Hier kommen alle zusammen, aus den verschiedensten Schichten und mit den verschiedensten Geschichten. Familien, die in Not geraten sind; Menschen, die sich einen Urlaub nicht leisten könnten, aber dringend eine Auszeit brauchen. Nicht alle, die dort ihre Zeit verbringen, sind in eine Notlage geraten, sondern auch die, die einfach Urlaub vor der eigenen Haustür machen wollen, zieht es hierher. Was sich bildet, ist Gemeinschaft, geschaffen durch Struktur von festen Zeiten und ein buntes Programm für alle gleichermaßen. Zur Struktur gehört zum Beispiel schon eine gemeinsamer Anreisezeitpunkt fest zum Plan, genauso wie die Feier eines Bergfestes mit allen Gästen. So entsteht „Gruppe“ und dies, so Georg Rieth, halte er für wichtig. „Wir wollen hier nicht nur „Bett&Essen“ verkaufen“, erklärt er, und genauso zähle hier nicht: „Viel und weit geflogen, bedeutet ein schöner Urlaub“. Die Menschen fänden hier etwas, von dem sie nicht wissen, dass sie es suchen, erläutert Rieth weiter und das zeige auch die Gästezufriedenheit von über 95 Prozent.

Gemeinschaft und „Gruppe“ erleben
Dass das so ist, dafür setzt sich der „Motor der Einrichtung“ in Person Georg Rieth voll und ganz ein, berichtet Günter Kunert. Der 73-jährige hat den Aufbau der Arche um 1954 miterlebt und kam dann immer wieder hierher, sogar selbst als Jugendbetreuer. Zwischenzeitlich geriet die Arche bei Kunert in Vergessenheit, aber vor drei Jahren entdeckte er den Wohlbühl-Ort wieder. Er selbst kümmert sich um drei Pflegekinder im Alter von 12, 14 und 18 Jahren. Mit den beiden Jüngsten verbringt er nun eine kleine Auszeit in Elkhausen. Er und Gabriela Kopec, die mit ihrem geistig schwerbehinderten Sohn Tim schon das sechste Mal dort ist, berichten über die stressigen Situationen im Corona-Lookdown. 24 Stunden, sieben Tage nonstop mit Kind in der Isolation zu Hause. Kaum vorstellbar der Fall einer anderen siebenköpfigen Familie: zehnter Stock Hochhaus Köln mitten im Lockdown. Der Spaziergang für ein bisschen frische Luft wird zum Hürdenlauf: Fragen wie „Gehören alle Kinder zur Familie“ bis hin zum Ordnungsgeld, weil sich die Kinder auf den Rasen am Rhein gesetzt hatten, gehörte zu den zu überwindenden Schwierigkeiten – da war der Lagerkoller vorprogrammiert.

Wohnt man im schönen Westerwald mit Wald, Wiesen und jeder Menge Möglichkeiten, sich die Zeit zu vertreiben, mag es kaum nachzuvollziehen sein, wie es ist, wenn man in einer kleinen Wohnung mitten in der Stadt wohnt und die wohlgeliebten Freiräume, die die Natur im Westerwald zu bieten hat, direkt vor der Haustür liegen. So genießen nicht nur Gabriela Kopec und Günter Kunert mit ihren Kindern die Gemeinschaft, die entsteht und die Natur, wenn sie in der Arche sind. Man wird zur Gruppe, erklärt Gabriela Kopec: Andere Eltern kümmern sich mit, es gibt keine Berührungsängste, Integration wird gelebt. „Hier liegt Frieden in der Luft“, sagt die alleinerziehende Mutter und so kommen sie und alle anderen Familien zur Ruhe und finden die so notwendige Entspannung.

„Spielen“ heißt das Zauberwort
Georg Rieth, der gemeinsam mit seinem Team auch das Freizeitprogramm gestaltet, achtet darauf, dass für alle was dabei ist. Aber das Zauberwort sei „Spielen“, erklärt er: „Dafür brauchst Du kein Geld – ein Hölzchen und ein Ball reichen aus“. Wo werde denn heute noch gespielt, fragt er und erzählt, dass man heutzutage das Spiel „Völkerball“ erklären muss. „Das kannte früher jeder!“ Es sind in der Arche die einfachen Dinge mit pädagogischen Hintergrund, die dafür sorgen, dass die Ferienzeit zum Erfolg wird. Rieth setzt dabei Impulse, will bewusst keine pure „Bespaßung“. Er geht gerne vorweg, macht aber auch deutlich, dass er vermitteln möchte, dass man für eine Belohnung, wie zum Beispiel eine Traktorfahrt, auch was tun muss. Hier zum Beispiel die Beteiligung an einer Wanderung zum nahen Wipperbach. Und bei all dem entsteht wieder Gemeinschaft, die so wertvoll ist. „Was wir hier präsentieren, ist schon Urlaub und keine Kur oder Therapie.“ Den Mittelweg zu finden, sei gar nicht so einfach, erklärt er.

Spendenprojekt macht einiges möglich
Besonders begeistert ist Rieth davon, was die wenigen Tage in der Arche Noah bewegen: „Alle blühen auf“, sie gewinnen an Farbe hier in der Natur. Bewegung wird gefördert und es wird viel gelacht. Dies alles wird unter anderem ermöglicht, weil die Arche seit rund fünf Jahren ein gemeinsames Spendenprojekt mit der Kirchenzeitung des Erzbistums Köln durchführt. So kamen auch in diesem Jahr wieder rund 35.000 Euro zusammen, die es ermöglichen, dass rund 35 bis 40 Familien zu Gast im Familienferienheim sein können. Ohne dies wäre eine Auszeit für die Menschen, die von anderen Personen vorgeschlagen werden können, allein finanziell nicht realisierbar.

Die Arche selbst, durch Corona stark gebeutelt wie die gesamte Touristikbranche, ist über die Direkthilfe vom Land von rund 85.000 Euro froh. Trotz der Förderung fehle jedoch der Puffer für den Winter, so Georg Rieth und er hofft, dass ggf. vom Bund weitere Unterstützung folgt. Seit Pfingsten konnte die Arche ihre Pforten wieder öffnen. Normalerweise können rund 100 Gäste einkehren, zuerst wurde aufgrund der Sicherheitsrichtlinien mit rund 35 Personen gestartet. Die derzeitigen Besucher genießen die Natur, die gute Küche, Traktor „Speedy“ und Esel Timo in vollen Zügen und spannen einmal so richtig aus. Weitere Informationen gibt es hier: www.marienberge.de (KathaBe)

       
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