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Nachricht vom 11.09.2020
Region
Schäden nach Sturzfluten so gering wie möglich halten
Der Klimawandel ist Fakt. Einher mit der Erwärmung nehmen die Starkregenereignisse zu, in denen innerhalb von wenigen Minuten immense Wassermassen in einem regional sehr begrenzten Bereich fallen, Angst und Schrecken verbreiten sowie große Schäden nach sich ziehen.
Sie arbeiten darauf hin, Sturzfluten einen Teil der zerstörerischen Wirkung zu nehmen (von links): Eckhard Hölzemann, Joachim Schuh, Jannik Schwarzbach (VG-Werke), Dr. Ute Eifler, Fred Jüngerich und Thirza Selvi (VG-Werke). (Foto: hak) Altenkirchen. Wie schnell eine einzige Gewitterzelle mit Blitz und Donner sowie, in erster Linie, Unmengen an Regenwasser am Feiertag Fronleichnam 2018 für Land unter in Betzdorf und Kirchen gesorgt hat, ist vielen noch in Erinnerung. Als Folge des Klimawandels mit der Erwärmung der Erde werden solche Starkregenereignisse in heimischen Gefilden nicht die Ausnahme bleiben. Sie verursachen natürlich auch Unheil an und in Gebäuden, das die Verbandsgemeinde Altenkirchen-Flammersfeld mit einem Hochwasser- und Sturzflutenvorsorgekonzept und daraus resultierenden Maßnahmen begrenzen möchte. Denn: "Verhindern können wir das nicht, aber wir können versuchen, die Schäden abzumildern", wie es Diplom-Ingenieur (Wasserwirtschaft) Eckhard Hölzemann vom Oberlahrer Ingenieurbüro Hölzemann (Wasser - Raum - Umwelt - Energie) formulierte.

Eine Menge Kleinarbeit
Um einen solchen Plan Wirklichkeit werden zu lassen, ist eine Menge Kleinarbeit mit Begehungen der exponierten Stellen angesagt. Schon vor der Fusion hatte sich die VG Flammersfeld mit einem solchen Exposé befasst und es schließlich als flächendeckende und fertige Version für ihre 26 Ortsgemeinden mit in die Ehe mit der VG Altenkirchen eingebracht. Die Ausweitung des Plans auf die Kreisstadt und die weiteren 41 Ortsgemeinden, der für die Realisierung in drei Teilbereiche aufgegliedert ist und die nach und nach abgearbeitet werden, fand keinen Widerspruch. Die Voraussetzungen waren bereits geschaffen, denn in der Alt-VG Altenkirchen war laut Bürgermeister Fred Jüngerich der "Hochwasserschutz von den Ortsgemeinden bereits auf die Ebene der Verbandsgemeinde hochgezogen worden". Auch er sprach in der Stadthalle Altenkirchen am Donnerstagabend (10. September) bei dem Abschluss für die ersten fünf bereits "untersuchten" und dem Auftakt für 25 weitere Ortsgemeinden von einer "völlig veränderten klimatischen Situation. Aus dem Vorsorgekonzept müssen Maßnahmen erwachsen. Es muss auch in den Köpfen der Bevölkerung ankommen, dass sie selbst was tun muss." Dass sich wirklich Dinge ändern werden, hatte der Umwelt- und Bauausschuss der VG in seiner Sitzung am Dienstag (8. September) mit der Vergabe der Planung der ersten 40 Einzelmaßnahmen in 13 Ortsgemeinden der Alt-VG Flammersfeld unter Beweis gestellt. Die Planungskosten belaufen sich auf 64.400 Euro, die für die Umsetzung auf rund 600.000 Euro. Zudem wurden 35 eher langfristig ausgerichtete Einzelmaßnahmen in 18 Ortsgemeinden für 83.800 Euro planungstechnisch in die Wege geleitet. Sind die einzelnen Projekte verwirklicht, bleibt die Unterhaltungspflicht bei den Ortsgemeinden.

Deutlicher Temperaturanstieg
Als Technischer Leiter der Verbandsgemeindewerke Altenkirchen-Flammersfeld machte Joachim Schuh deutlich, dass der Ansatz nicht "normales Hochwasser, das drei Tage kommt, drei Tage bleibt und drei Tage geht" ist. Anhand einer Auswertung für Rheinland-Pfalz, die im Jahr 1881 begann, belegte er den Klimawandel anhand eines klaren Temperaturanstiegs. So könne warme Luft noch mehr Wasser aufnehmen, vermehrt auftretende Starkregenereignisse seien die Folge. "Es sind örtlich stark begrenzte Regengebiete, diese Dinge sind nicht vorhersehbar." Als 100-jähriges Ereignis hätten einmal 53 Millimeter Regen in einer Stunde gegolten, "inzwischen werden schon 150 Millimeter gemessen", beschrieb Schuh ein Beispiel aus dem Land. Dass Wassermassen durchaus reißenden Charakter annehmen können, ist laut Schuh ebenfalls der Landschaft geschuldet: "Wir haben eine relativ starke Topografie."

Schon über 600 Konzepte
Diplom-Geologin Dr. Ute Eifler vom Mainzer Informations- und Beratungszentrum Hochwasservorsorge Rheinland-Pfalz erläuterte, dass schon über 600 Konzepte dieser Art landesweit entwickelt worden seien. "Es kommen Wassermengen, von denen man nicht geglaubt hat, dass sie durch Orte schießen können", fügte sie an und bestätigte Hölzemann: "Die Schäden müssen möglichst gering gehalten werden. Alle müssen zusammenarbeiten. Die aktuell vorgelegten Konzepte bieten gute Grundlagen. Es ist eine Daueraufgabe, die man nicht einfach abhaken kann." Sie lobte die Verbandsgemeinde, dass sie sich der Aufgabe annehme und das Heft des Handelns nicht bei den Ortsgemeinden belassen habe.

Bevorzugt im Sommer
Hölzemann, der die Bestandsaufnahmen in Berod, Busenhausen, Heupelzen, Hilgenroth und Mammelzen erledigt hatte, erklärte, dass es neben Wied, Holzbach und Nister mit Hochwassermöglichkeiten zahlreiche kleine und kleinste Bäche mit Überflutungsgebieten gebe. Ein Starkregen, der bevorzugt im Sommer falle, ist für ihn ein Niederschlag ab 50 Millimeter pro Quadratmeter (50 Liter) in "ein bis zwei Stunden". Das seien 500.000 Liter pro Hektar oder 50.000 Kubikmeter pro Quadratkilometer. Als Konsequenz aus den Untersuchungen sprach sich Hölzemann beispielsweise für Notabflusswege und weitere Einlaufbauwerke sowie Änderungen an der Wasserführung aus, schränkte jedoch ein: "Man kann das Wasser nicht vom Dorf weghalten. Idealerweise verläuft der Weg des Wassers durchs Dorf auf Straßen." Er appellierte an die Verwaltung, "die Privaten zu unterstützen".

Tipps für die Vorsorge
Die Tipps, wie Vorsorge betrieben werden kann, unterteilte Hölzemann in zwei Kategorien:
Die kommunale Vorsorge: Notabflusswege in kommunaler und privater Kooperation herstellen; Wasserführung, wo immer möglich, im Straßenraum sicherstellen; Einlaufbauwerke und Geschwemmselfang herstellen; Abflusskonzentration in der Bauleitplanung berücksichtigen; Unterstützung bei privaten Sicherungsmaßnahmen gewähren; Konzepte nicht in der "Schublade" vergessen; Baulastträger (z.B. Werke oder LBM) einbinden.
Die private Vorsorge: das Haus trocken halten; Öffnungen unter Rückstauniveau verschließen (in besonders kritischen Bereichen dauerhaft); keine kritische Infrastruktur (Heizung, Kühltruhe, Waschmaschine, Stromleitungen) im Überflutungsbereich; Wasserfallen vor dem Haus (Dachwasser), wenn möglich, umbauen; Entwässerungssysteme anpassen; Elementarschadensversicherung abschließen. (hak)
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