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Nachricht vom 15.11.2020
Region
Ahl Ehsch in Birken-Honigsessen: „Verabschiedung“ muss verschoben werden
Die schöne Alte Eiche, bekannt als „Ahl Ehsch“, in Birken-Honigsessen steht seit über 300 Jahren als markante Zeitzeugin auf dem heutigen Dorfplatz der Gemeinde. Anfang der 1980er Jahre wurde die Stieleiche als Naturdenkmal in die Denkmalliste aufgenommen. Trotz regelmäßig erfolgter Pflegemaßnahmen, hat sie mittlerweile irreversible Schäden, die ihren Erhalt nicht mehr ermöglichen. Die geplante Verabschiedung muss jedoch wegen Corona verschoben werden.
Die Entscheidung zur Fällung der Alten Eiche fiel keinem leicht, berichtet Ortsbürgermeister Hubert Wagner. Aber das Gutachten lässt zum Schutze aller keine andere Wahl. (Fotos: KathaBe)Birken-Honigsessen. Seitdem die Alte Eiche, allen bekannt als die „Ahl Ehsch“, auf dem Dorfplatz in Birken-Honigsessen Anfang der 1980er Jahre in die Liste der Naturdenkmäler aufgenommen wurde, wurden regelmäßig erforderliche Pflegemaßnahmen (u.a. Totholzentnahmen) durchgeführt. In den letzten Jahren zeigte sich am Stammfuß ein massiver Pilzbefall, der für Fäulnis im Wurzel- und Stammbereich sorgte. Mittlerweile ist der Kronenbereich in nördlicher Richtung abgestorben und selbst in den noch im Sommer begrünten Astbereichen ist immer mehr Totholz zu finden.

Das von der Ortsgemeinde in Auftrag gegebene Gutachten eines Sachverständigen bestätigte Mitte des Jahres, dass der Baum aufgrund der zunehmenden Fäule nicht mehr gerettet werden kann und riet dazu ihn zu entfernen. Auch das Referat für Naturschutz und Umwelt der Kreisverwaltung Altenkirchen, u.a. zuständig für Naturdenkmäler stimmte dem zu.

So entschied der Ortsgemeinderat im August schweren Herzens die mächtige Alte Eiche, die dem Dorfplatz eine besondere Ausstrahlung verleiht und mehr als drei Jahrhunderte zum Ortsbild dazu gehört, zu fällen. Dies nicht zuletzt wegen der Verkehrssicherungspflicht, so Ortsbürgermeister Hubert Wagner. Das Gutachten lasse hier keine andere Wahl. Es sei einfach zu gefährlich und niemand könne verantworten, dass Besucher wohlmöglich von herabfallenden Ästen verletzt würden. Denn der Dorfplatz ist nicht nur durch seinen schön gestalteten Spielplatz, die in den 1970er Jahren erbaute Kapelle und die vielen Sitzgelegenheiten, unter anderem am Brunnen mit seinen Basaltblöcken, mittlerweile zu einem belebten und viel besuchten Park geworden.

Fällung in den nächsten Tagen – Geplante „Verabschiedung“ muss warten
Wie in der Sitzung des Ortsgemeinderates beschlossen, soll die Alte Eiche noch im November gefällt werden. Geplant war, dies in Verbindung mit einer Art „Verabschiedung“ vorzunehmen, bei der allen Bürgerinnen und Bürgern aus Birken-Honigessen die Möglichkeit gegeben werden sollte, Holzstücke des Baumes gegen eine kleine Spende zu erwerben. Der hierbei erzielte Erlös, so die Idee, soll für Neupflanzungen auf dem Dorfplatz eingesetzt werden.

Aufgrund der aktuellen durch Corona eingeschränkten Möglichkeiten muss die Ortsgemeinde nun von der „Verabschiedung“ unter Einbezug der Bürger/innen im Zuge der Fällung Abstand nehmen. Das Holz, so Wagner, soll bis zum nächsten Frühjahr gelagert und die Verabschiedung dann nachgeholt werden, ggf. in Verbindung mit einer Neupflanzung. Da niemand so ganz genau sagen kann, wie alt die Eiche wirklich ist, hofft Bürgermeister Wagner darauf, dass eventuell anhand der Baumscheiben, die, wenn möglich, für Kindergarten und Schule geschnitten werden sollen, abzulesen ist, wie alt sie wirklich war.

Die „Ahl Ehsch“ kann viel erzählen
Auch wenn man nicht genau sagen kann, wie alt die monumentale Eiche nun wirklich ist, weiß man doch, dass sie mit ihren über 300 Jahren schon vielen Generationen mit ihrer ausladenden Krone Schutz und Schatten spendete. So auch den Schülern, die seit Ende des 18. Jahrhunderts dort die Volksschule besuchten, die am Rande des Platzes stand. Die Schule wurde leider abgerissen, die Eiche blieb.

Nachzulesen ist auch, dass schon bei der ersten erwähnten Fronleichnamsprozession 1916 ein Altar unter ihr aufgebaut wurde. Die Prozession ging damals von der Kirche in Birken zur Alten Urigseiche, weiter über die Alte Naht (heute Bergstraße) durch den Wald nach Honigsessen.

In der Nachkriegszeit wurde der Platz um die Alte Eiche als Dreschplatz für Getreide der vielen Nebenerwerbsbauern genutzt, die in den umliegenden Gruben und auch im Walzwerk ihrem Haupterwerb nachgingen. Eine besondere Attraktion dürfte es nicht nur für die Schüler gewesen sein, wenn sich immer wieder ein Wanderzirkus einfand. Erhard Böhmer, der u.a. viele Texte zur Geschichte der Gemeinde Birken-Honigsessen schrieb und in Heimatjahrbüchern veröffentlichte, verrät, dass es ein Foto mit ihm als kleinen Jungen und einem Eisbären, vom besagten Wanderzirkus gebe.

Heute ist der Platz zu vielfältigen Ereignissen gut besucht, wie etwa zu den Andachten, die von Mai bis Oktober jeden Mittwochvormittag an der Kapelle stattfinden. Aber auch der TuS Honigsessen veranstaltet seit vielen Jahren dort seinen Weihnachtsmarkt, der in diesem Jahr leider wie viele Veranstaltungen nicht stattfinden wird. Der Männergesangsverein lädt jedes Jahr zum Maifest unter der Eiche ein.

Weit über die Ortsgrenzen hinaus bekannt wurde die „Ahl Ehsch“ nicht zuletzt durch das „Ahl-Ehsch-Festival“, für das die Stieleiche Namensgeber war. Seit 2011 wurde das Festival von den Brüdern Thomas und Dirk Broschk (EventPartner) in Verbindung mit der Gemeinde fünf Mal veranstaltet, lockte Begeisterte aus Nah und Fern an und bot in erster Linie jungen und unbekannten Musikern aus der Region die Chance bekannt zu werden. Natürlich wirkten auch die ortsansässigen Musikvereine hier immer mit. Zum Auftakt des Festivals trug Michael Kölzer sein selbst gedichtetes Lied vor, um die Eiche unter anderem mit diesen Textzeilen zu ehren: „Die alte Eiche mitten unter uns, tief verwurzelt ruht sie auf festem Grund. Auf unserm Dorfplatz steht sie seit langer Zeit, wo sie Alt und Jung immer noch erfreut…“

Vielleicht wird ein Sämling der alten Eiche die Erinnerung wachhalten
Leider hat nun die „Ahl Ehsch“ für die zukünftigen Generationen keinen Bestand mehr. Aber, so Ortsbürgermeister Hubert Wagner hoffnungsvoll, vielleicht könne einer der gegen Himmel strebenden Sämlinge, quasi als ihr Nachkomme den Platz einnehmen und die Erinnerungen rund um die Alte Eiche am alten Schulplatz lebendig halten. (KathaBe)
     
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