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Nachricht vom 14.02.2021
Kultur
Herkersdorf-Offhausen: Karnevals-Glück trotz Corona
Corona macht Karneval einen Strich durch die Rechnung? Nicht ganz. Der Herkersdorfer Carnevals Club veröffentlichte das erste Mal seit über einem halben Jahrhundert nicht nur eine Zeitung – auch die Verteilung im Kirchener Ortsteil Herkersdorf-Offhausen versprühte so viel närrisches Glück wie dies in Lockdown-Zeiten möglich und erlaubt ist.
Timo Berndes vom Redaktionsteam verteilt ein Exemplar der Druidenpost, so wie zahlreiche weitere Ehrenamtliche des Herkersdorfer Carneval Clubs. (Fotos: HCC) Herkersdorf-Offhausen. Kein Karneval in Herkersdorf-Offhausen? Nicht mit den Närrinnen und Narren des Herkersdorfer Carnevals Clubs (HCC). Trotz Corona. Trotz Lockdown. Und unter Beachtung der Hygieneregeln. Rund 50 Vereins-Mitglieder des Traditionsvereins zogen durch den Ortsteil und verteilten die Ausgaben eines besonderen Karnevalsmagazins: die „närrische Druidenpost“. Und nicht nur das: Auch ein Lkw, ausgestattet mit einer Musikanlage, drehte seine Runden und verbreitete die in diesen Zeiten so nötige gute Laune. Zahlreiche Mini-Teams, entsprechend der Corona-Vorgaben, schwärmten ab 11.11 Uhr aus, um die Druidenpost zu verteilen. Die Bereitschaft mitzumachen war bei den Vereinsaktiven riesig, wie Timo Berndes vom Redaktionsteam dem AK-Kurier erzählt.

Bereits in die Erstellung des 48-seitigen Hefts waren viel Mühe und Liebe zum Detail geflossen. Bereits im Sommer begann laut Berndes die Arbeit des siebenköpfigen Redaktionsteam. Dem Leser mag vielleicht verwundern, dass es sich bei der Ausgabe erst um die Nummer 2 seit 1968 handelt. Nummer 1 war anlässlich des zehnjährigen Bestehens des Vereins erschienen. Dazwischen gab es zu besonderen Anlässen Chroniken. „Jetzt sollte es was Verrücktes sein“, erklärt Timo Berndes.

Und tatsächlich: Das Kirchener Mitteilungsblatt war die Vorlage, die man nicht nur im Layout satirisch umsetzte. Aus „Aktuell“ wurde „Noch aktueller“. Die Inhalte präsentieren ein umfassendes Bild der regen Vereinsaktivitäten. So steuerten alle Bereiche des HCC Beiträge bei, über die Prinzengarde, den Damenelferrat, die Köppelsänger, die diversen Tanzgruppen oder die Klatschweiber. Damit der Leser weiß, woran er bei dem jeweiligen Artikel ist, hat sich die Redaktion diverse Labels überlegt, angelehnt an die Tierwohl-Kennzeichnungen, die man aus dem Supermarkt von Fleischprodukten kennt.

Neben bilderreichen Vorstellungen der einzelnen Abteilungen ragen gleich mehrere Beiträge heraus. Auf die Körper von Staatschefs und internationalen Politikern hat man die Köpfe des Vorstands gesetzt. So lernt der Leser etwa Janina Merkel (HCC-Vorsitzende Janina Berndes) kennen oder auch Nadia Lagarde (Kassiererin Nadja Kreps). Der einzige Politiker, der vom HCC-Makeover verschont wurde? Donald Trump. Das ist allerdings eine zweifelhafte Ehre. Denn die Druidenpost macht den mittlerweile abgewählten US-Präsidenten zum Hoppeditz, Obernarr und Maskottchen des Vereins.

Sexier und bärtiger präsentiert sich die Redaktion, nämlich als Baywatch. Ulrike Fischbach, alias David Fischbach, thront über dem Team, unter anderem bestehend aus Pamela Kreps, „Das Luder", oder der bärtigen Tina (Timo Berndes). Es folgen mehrere Highlights im Heft. Vom amtierenden Prinzenpaar Jens und Dennis Dapprich erfährt man in einem Interview nicht nur, ob sie auch goldene Unterwäsche tragen, sondern auch, dass die beiden vom ersten Moment an herzlich aufgenommen wurden von den Närrinnen und Narren des HCC.

Eine investigative Meisterleistung hat das Redaktionsteam für den Artikel „Die Flut kommt“ an den Tag gelegt. Demnach hat die Druidenpost in Erfahrung gebracht, dass ein chinesisches Staatsunternehmen einen „Ein-Schluchten-Damm“ bauen will. Offhausen wird damit zum großen Teil geflutet. Der Bau wird direkt entlang der (ehemaligen) Ortsgrenze verlaufen. Immerhin: Der Sonnenhang in Offhausen darf sich künftig über einen romantischen See-Blick freuen dürfen. Die Kennzeichnung am Ende des Artikels: fast halbwahr.

Ebenfalls halbwahr, also laut Kennzeichnung skurril und frei erfunden: Der Artikel „Feuerwehr bringt Ottoturm in Schieflage“, der am Ende Hoffnung macht auf eine neue touristische Attraktion in der Region. Und schon ab diesem Jahr dürfen sich die Bewohner der Region auf eine Seilbahn freuen, die von Brachbach über Herkersdorf nach Alsdorf führen wird. Aber das ist längst noch nicht alles, wie der Leser aus dem entsprechenden Artikel erfährt. Außerdem verrät Kirchens Stadtbürgermeister Andreas Hundhausen in einem (frei erfundenem) Interview, wieso sukzessive alle Rathausmitarbeiter durch Hunde ersetzt werden.

Und lediglich passiver Lesegenuss war dem Redaktionsteam offenbar zu wenig. Jeder, der den Marsch der Prinzengarde vermisst, kann mit Schere und Büroklammer sein eigenes Daumenkino basteln. Die Druidenpost liefert die passenden Vorlagen.

Zurück zur Verteilaktion. Wenn so viel Aufwand und Liebe zum Detail in ein Karnevalsmagazin geflossen sind, dann soll auch die Verteilung zumindest so viel Spaß verbreiten wie es die Regeln zulassen. So leiteten Schüsse der HCC-Kanone in die Richtungen der beiden Ortsteile die Verteil-Aktion ein. Die Playlist der Anlage auf dem Lkw lief zudem synchron über mobile Lautsprecher einiger Verteil-Teams, so dass für großflächige Karnevalsstimmung gesorgt war. Apropos Lkw: Einer der beiden Passagiere war Senior Felix Kreps. Er pries über das Mikrofon die Druidenpost an. Bereits als Junge war er durch das Dorf gelaufen, um Neuigkeiten zu verbreiten, verrät Timo Berndes.

Grundsätzlich ging man bei der Logistik auf Nummer sicher. Die Mini-Teams holten sich die Hefte etwa nicht von einer zentralen Stelle ab, wie Berndes betont – um Ansammlungen zu vermeiden, wurden ihnen die Exemplare gebracht. Von Behördenseite hat sich der HCC schließlich extra grünes Licht geben lassen von der Coronaleitstelle Altenkirchen. Die Polizei wusste davon offenbar nichts. Verständnislose Anwohner hatten die Aktion gemeldet. Die Ordnungshüter mussten kontrollieren. Auch in Wehbach, wo die Karnevalisten ebenfalls Corona-konform im Dorf gute Laune verbreiteten, wurde die Einhaltung der Pandemie-Regeln geprüft. Letztlich berichtet die Polizei lediglich über einen Verstoß (verbotswidriger Alkoholkonsum) – und betont: „Die Verantwortlichen beider Karnevalsvereine waren sichtlich bemüht das närrische Treiben coronakonform in Grenzen zu halten.“ (ddp)
       
       
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