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Nachricht vom 16.02.2021
Region
neue arbeit: Digitale Arbeit bleibt schwierig, aber alternativlos
Auch wenn der Start zur dritten Auflage des 12-monatigen Bildungsangebots "Ü50 – bewegt!" des gemeinnützigen Vereins ‚neue arbeit e.V.‘ mit Sitz in Altenkirchen mit dem zweiten Corona-bedingten Lockdown Anfang November zu einem ungünstigen Zeitpunkt erfolgte, ist der Bereichsverantwortliche Vinzenz Jung guter Dinge, im Abschlussbericht 2021 ein ebenso positives Fazit ziehen zu können wie zuletzt.
Seit Mitte Dezember ist die Werkstatt des Vereins ‚neue arbeit‘ in der Schulstraße in Wissen verwaist. Im optimalen Fall hält der Bereichsverantwortliche Vinzenz Jung seitdem mit seinem Team zu den 30 Teilnehmenden des Projektes Kontakt per Laptop. (Foto: hwl)Wissen. „Trotz der Corona-bedingten Einschränkungen haben wir auch 2020 unser Mindestziel übertroffen“, berichtet Jung. Von den damals 49 Frauen und Männern jenseits der 50, die die 30 von den Jobcentern in Altenkirchen, Wissen und Betzdorf für ein Jahr zugewiesenen bzw. gebuchten Plätze im Projekt in der ‚neue-arbeit‘-Zweigstelle in der Schulstraße in Wissen mehr oder weniger lang genutzt haben, um nach wenigstens einem Jahr ohne Arbeit oder als Mini-Jobber auf ihrem Weg zu einer neuen Arbeit oder Beschäftigung voranzukommen, sind 18 ins Nachfolge-Projekt übernommen worden.

Jung: „21 haben entweder eine Beschäftigung gefunden oder das Zertifikat einer praktischen Qualifizierung in der Hand. Leider ist das für unsere Teilnehmenden relevante Arbeitsplatz-Angebot in dem von Kurzarbeit und wirtschaftlichen Einschnitten geprägten Vorjahr von vielen Unternehmen aber teilweise deutlich zurückgefahren worden.“ So haben 2020 gerade einmal vier Ü50er den Sprung auf eine sozialversicherungspflichtige Vollzeitstelle geschafft. Jung: „Wenn die Unternehmen wieder mehr Planungssicherheit haben, werden auch die von uns Qualifizierten wieder bessere Chancen auf einen Arbeitsplatz haben.“

War schon die sechswöchige Lockdown-light-Phase bis Mitte Dezember für die meisten Beteiligten eine neue Herausforderung („Mit dem Hybrid-Unterricht, in dem wir die Frauen und Männer wenigstens einmal pro Woche für acht Stunden hier hatten, haben wir ja schon ab Ende Mai Erfahrungen gesammelt.“), so hat sich seitdem die Lage noch einmal verschärft. Jung: „Was wir als alternative Projektdurchführung bezeichnen und seit dem 16. Dezember 2020 praktizieren, ist eine spezielle Unterrichtssituation. Denn ohne Präsenzunterricht und ohne direkten Kontakt müssen wir nicht nur versuchen, den 30 Teilnehmenden zu vermitteln, dass auf dem Weg zu mehr gesellschaftlicher Teilhabe der Umgang mit neuen Medien unverzichtbar ist, sondern sie auch ganz praktisch mit den neuen Medien und der Technik vertraut machen. Das ist oft ganz, ganz schwierig.“

Ganz schwierig wird es vor allem für die insgesamt fünf Anleiter/Sozialpädagogen (Claudia Friede, Petra Wilhelm, Carsten Dahlke, Harald Rasch, und Jörg Becher), wenn die Mindestvoraussetzungen für eine digitale Kontaktpflege nicht geben sind. Denn ohne passende Endgeräte, ohne WLAN-/Internet-Zugang und ohne stabile Netze lässt sich die neue digitale Welt nicht erschließen. Jung: „Ein Handyempfang bestenfalls auf der nächsten Anhöhe 30 m vorm Haus, gar keine oder zu langsame Netze oder fehlende Endgeräte ersticken unsere Bemühungen oft schon im Keim, unsere Teilnehmenden überhaupt in den Umgang mit digitaler Technik einzuweisen. Soweit wir Einfluss auf diese Hindernisse nehmen können, tun wir das: Die Tablets, welche neue arbeit e.V. den Teilnehmenden zur kostenlosen Ausleihe zur Verfügung stellt, sind bestellt. An der Netz-Qualität lässt sich von uns aber nichts machen.“

Um trotzdem dem eigenen Anspruch gerecht werden zu können, ist somit in Corona-Zeiten im ursprünglichen Lehrplan mit Projekt-bezogenen Einheiten (u.a. Bewegung, Kreatives, gemeinsames Kochen, Exkursionen), Theorie-bezogenen Einheiten (u.a. mit den Schwerpunkten Bewerbungstraining, Allgemeinbildung, Medienkompetenz) oder Praxis-bezogenen Einheiten viel Kreativität gefragt. Jung: „Vieles lässt sich zu Hause oder von zu Hause aus machen. Wenn wir in nächster Zeit möglichst viele in den Zustand versetzt bekommen, statt auf dem Postweg oder per Telefon mit unserer Online-Schulungs-Plattform oder in Video-Konferenzen zu arbeiten und zu kommunizieren, werden wir das Homeschooling im allgemeinbildenden, aber auch im fachtheoretischen Teil weiter optimieren können. Was die praktischen Anteile unserer sozialpädagogischen Arbeit ausmacht, werden wir aber ganz sicher noch lange Zeit ungewohnte Wege gehen müssen.“

Welche Wege? Jung: „Wenn zum Beispiel Leute die individuell gestellte Hausaufgabe bekommen, selbst Brot zu backen, setzt das voraus, die Leute an der Haustür nicht nur mit einem Rezept und den Zutaten zu versorgen, sondern auch soweit den Kontakt zu pflegen, dass es wenigstens telefonisch oder per E-Mail entsprechende Rückmeldungen gibt. Denn nur der regelmäßige Austausch bietet eine Messlatte für unsere Arbeit als Anleiter oder Sozialpädagoge und für eine respektvolle Zusammenarbeit mit oft wenig selbstbewussten Menschen, denen wir klarmachen wollen, dass sie auf unsere Unterstützung bauen können, wenn es gilt, die persönlichen Hindernisse und Hemmnisse zu minimieren, um sich beruflich um Perspektiven zu bemühen und Arbeit zu bekommen.“

Das ‚neue arbeit‘-Bildungsangebot ‚Ü50-bewegt!‘ wird durch das Land Rheinland-Pfalz (Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie) und die Jobcenter im Kreis Altenkirchen gefördert.
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