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Nachricht vom 17.11.2023    

Klinikreform: Altenkirchener Belegabteilung Urologie „würde nicht mehr existieren“

Die geplante Kürzung des medizinischen Angebots im DRK-Krankenhaus Altenkirchen zeigt eine weitere, durchaus denkbare Folge auf: Die urologische Belegabteilung werde mit dem vorliegenden Konzept nicht mehr existieren, betonen die beiden Belegärzte dieser Fachrichtung, Prof. Dr. med. Horst Schuldes und Dr. med. Jens Otto, in einem Gespräch mit dem AK-Kurier.

Sie sehen die Möglichkeit, Patienten mit urologischen Beschwerden stationär behandeln zu können, mit der Umsetzung des WMC Konzeptes als nicht mehr gegeben an: Prof. Dr. med. Horst Schuldes (rechts) und Dr. med. Jens Otto. (Foto: vh)

Altenkirchen. Die Zahl der Kritiker des Sanierungskonzeptes, das die DRK-Trägergesellschaft Süd-West unter anderem für „ihre“ Krankenhäuser in Altenkirchen, Hachenburg und Kirchen von der Beraterfirma WMC Healthcare hat ausarbeiten lassen, weil die ungeordnete, für die Kliniken verantwortliche DRK Gemeinnützige Krankenhausgesellschaft Rheinland-Pfalz mbH Insolvenz anmelden musste, wächst. Auch die beiden Belegärzte für Urologie im Altenkirchener Hospital, Prof. Dr. med. Horst Schuldes und Dr. med. Jens Otto, die ihre Praxis im unmittelbar ans Krankenhaus angrenzenden Ärztehaus führen, reihen sich in den großen Kreis der Widerspruchsführer ein und betonen in einem Interview mit dem AK-Kurier klipp und klar: „Wir möchten ins Bewusstsein rufen, dass die urologische Belegabteilung mit dem vorliegenden Konzept nicht mehr existieren würde.“ Nach Darstellung von WMC soll das DRK-Krankenhaus in Altenkirchen, womöglich das „schwächste“ des Trios in Sachen Wirtschaftlichkeit und ein 1,1-Millionen-Euro-Defizit vor sich herschiebend, zu einem ambulant-stationären Gesundheitszentrum umgestaltet werden mit: ambulantem Operieren (Bündelung des OP-Geschehens aus dem Westerwald und Teilen aus Neuwied), Medizinischem Versorgungszentrum, Notfall-Ambulanz mit einer 24/7-Anlaufstelle, Schmerz-Tagesklinik sowie Kinder- und Jugendpsychiatrie. In welchem Umfang stationäre Möglichkeiten letztendlich gegeben sein sollen, muss noch festgelegt werden. Die nicht mehr angebotenen Disziplinen sollen jeweils in der DRK-Klinik Hachenburg praktiziert werden. Das Gespräch im Wortlaut:

Wie bewerten Sie die Vorstellungen über die Zukunft der Krankenhäuser in der Region?
Das Sanierungskonzept für die fünf in die Insolvenz geratenen DRK-Krankenhäuser in Rheinland-Pfalz führt zu gravierenden stationären Unterversorgungen mehrerer Fachdisziplinen und einschneidendem Arbeitsplatzverlust im Kreis Altenkirchen. Der Verantwortung für unsere Patienten und unsere Mitarbeiter der Westerwaldregion nachkommend, haben wir uns schon mit einem Schreiben an den Bundesminister für Gesundheit, Prof. Dr. med. Karl Lauterbach, gewandt.

Ist aus Ihrer Sicht die Verlegung der in Rede stehenden Disziplinen von Altenkirchen nach Hachenburg überhaupt machbar?
Das Sanierungskonzept sieht unter anderem die Schließung der chirurgischen und internistischen Stationen einschließlich der Intensivstation und urologischen Belegabteilung am Standort Altenkirchen vor. Die Leistungen sollen fortan am Standort Hachenburg erbracht werden. Dort sind die Kapazitäten und Standards für gewisse Operationen und weitere Behandlungserfordernisse aber nicht vorhanden. Das richtige Ziel, Abbau von Doppelstrukturen im Konzept der Beratungsfirma WMC, würde faktisch leider zur Schließung des Krankenhauses Altenkirchen führen. Wenn beispielsweise die Rettungsdienste das Krankenhaus für die Notfallversorgung nicht mehr anfahren können, müssen sie ihn entfernte größere Städte ausweichen. Im ländlichen Raum hat dies schwerwiegende Konsequenzen. Der Verlust des Krankenhauses als Standortvorteil führt zu einem bedeutenden Arbeitsplatzabbau und Attraktivitätsverlust der Region mit Verstärkung der Landflucht der Bevölkerung. Um das Krankenhaus zu erhalten, unterstützt uns die Bevölkerung mit zahlreichen Unterschriften und einer teilnehmerstarken Demonstration am 27. Oktober, die trotz Schlechtwetter und Regen stattfand.

Wie stellt sich aus Ihrer Sicht die urologische Versorgungssituation dar?
Die urologische Belegabteilung am Krankenhaus existiert seit 50 Jahren, und wir versorgen eine große Region im Westerwald. Unsere Gemeinschaftspraxis befindet sich in einem modernen Ärztehaus mit kurzem Weg zum Krankenhaus. Ambulant betreuen wir etwa 8000 Patienten pro Jahr. Im Krankenhaus bieten wir als kostengünstige Belegärzte neben der urologischen Grund- und Notfallversorgung die spezialisierte Lasertherapie für die Prostata und Endourologie an. Die Lasertherapie der Prostata (HoLEP) führen wir seit zehn Jahren mit annähernd 500 operierten Patienten durch. Sie ist einmalig in den DRK-Krankenhäusern des Bundeslandes. Gerade eine Belegabteilung ermöglicht die persönliche Verzahnung von ambulanter und stationärer Betreuung, dies zum Vorteil der Patienten sowie ökonomischen Benefits für das Gesundheitssystem. Durch die enge Zusammenarbeit mit den anderen stationären Abteilungen ist die fachübergreifende Versorgung von Patienten auf kurzem Wege möglich, ohne diese wegen einer fehlenden Fachabteilung ablehnen und bei Notfällen, wie beispielsweise Sepsis, mit vitalen Risiken in entfernte Kliniken verlegen zu müssen.



Wie sähe die Zukunft der urologischen Belegabteilung aus, wenn die Reform komplett gegriffen hat?
Ohne in weitere Details zu gehen, möchten wir ins Bewusstsein rufen, dass die urologische Belegabteilung mit dem vorliegenden Konzept nicht mehr existieren würde. Die regionalen stationären Versorgungsmöglichkeiten und die Behandlungssicherheit der Bevölkerung wären damit erheblich eingeschränkt. Die umliegenden urologischen Kliniken, mit denen wir seit langem kooperieren und in engem Kontakt stehen, könnten die Leistungen nur eingeschränkt auffangen. Das lässt sich auch durch die zunehmend ambulant zu begrüßenden Behandlungsmöglichkeiten nicht ausgleichen. Unser Ziel ist es die, Versorgung unserer Patienten eines Tages in jüngere Hände zu geben. Mit dem Ende der Belegabteilung befürchten wir auch ein Ende der ambulanten urologischen Versorgung und eine Schließung unserer Praxis. Obwohl wir einen engen Kontakt zu umliegenden urologischen Kliniken haben, ist die Nachfolge ohnehin schwierig.

Kann das WMC-Konzept überhaupt die Versorgungs- und finanzielle Lage verbessern?
Die Hoffnung alle Beteiligten liegt auf der Reform der stationären Krankenversorgung. Das vorgelegte Sanierungskonzept jedoch wird aus unserer ärztlichen Sicht einerseits die medizinische Versorgung gefährden und andererseits zu keiner ökonomischen Gesundung führen, weil die vorgesehenen Behandlungskapazitäten nicht ausreichen werden. Mit anderen Worten: Das Sanierungskonzept erscheint uns nicht strategisch ausgerichtet sowie wirtschaftlich überlebensfähig. Das Konzept sollte so gestaltet sein, dass die bestehenden Strukturen mit Chirurgie, Urologie, Innere Medizin und Gastroenterologie in Altenkirchen so leistungsfähig wie möglich modifiziert und erhalten bleiben, bis die angedachte Finanzierung des Gesundheitssystems greift und eine angepasste Versorgungsstufe funktionsfähig ist. Medizinische, ökonomische und regionale Gegebenheiten und Erfordernisse implizieren langfristig eine entsprechend hohe Versorgungsstufe für den Westerwald - auch trägerübergreifend. Die bisher von uns stationär in der Belegabteilung erbrachten Tumor- und Laseroperationen der Prostata und Blase können leider mit dem WMC-Konzept - zehn Belegbetten für alle Abteilungen für 48 Stunden - nicht mehr mit der nötigen Sicherheit und Qualität durchgeführt werden. Selbst in entfernteren urologischen Kliniken werden diese Methoden nicht angeboten.

Wer hat Ihr Schreiben – außer Lauterbach – auch noch erhalten?
Zunächst einmal haben wir unserer Hoffnung Ausdruck gegeben, dass uns Lauterbach unterstützt. Wir stehen ihm jederzeit zur Verfügung, wie es unserer Berufsethik entspricht. Das Schreiben ist gleichfalls an den rheinland-pfälzischen Gesundheitsminister Clemens Hoch, an den Vorstand des DRK-Landesverbandes Rheinland-Pfalz und Aufsichtsvorsitzenden der DRK-Trägergesellschaft Süd-West, Manuel Gonzáles, an den Vorsitzenden des Vorstandes der Kassenärztlichen Vereinigung Rheinland-Pfalz, Dr. Peter Heinz, an den Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages in Berlin als auch an WMC Healthcare gegangen. (vh)


Mehr dazu:   Insolvenz DRK Trägergesellschaft  
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