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Nachricht vom 22.05.2017    

Der Straßen-Schienen-Bus: Ende vor 50 Jahren in Betzdorf

Am 27. Mai 1967 kam das Ende eines ungewöhnlichen Fahrzeugs, welches auf der Straße und auch auf der Schiene fahren konnte. Festlich geschmückt verließ der "Stra-Schi", so wurde das Verkehrsmittel liebevoll genannt, den Bahnhof Betzdorf zur letzten Fahrt nach Koblenz. Heute kann sich kaum noch jemand vorstellen, dass es so ein Fahrzeug gab, bis Dierdorf ging es auf den Gleisen, anschließen auf der Straße nach Koblenz.

Fahrzeug 29-1 am 27. Mai 1967 im Bahnhof Betzdorf, festlich geschmückt vor der letzten Fahrt. Triebfahrzeugführer war damals Reinhold Fischer. Im Bild erkennbar ist auch die nachträglich angebaute Sandstreueinrichtung mit Vorratsbehälter. Foto: Bruno Georg

Betzdorf. Seine Entwicklung begann bereits kurz nach Ende des zweiten Weltkriegs. Der Grundgedanke hierbei war die Entwicklung eines „Zweiwegefahrzeugs“, welches sowohl auf der Straße als auch auf der Schiene einsetzbar war. Ursprünglich kamen diese Gedanken aus dem Güterverkehr, wo man sich den alten Wunschtraum des „Haus-zu-Haus-Verkehrs“ erfüllen wollte. Damit war auch die Bedienung der Kunden ohne Vorhandensein eines Gleisanschlusses gewährleistet.

Die hierbei gewonnenen Erkenntnisse in der Bau- und Erprobungsphase veranlassten die Nordwestdeutsche Fahrzeugbau GmbH in Wilhelmshaven den „BS 300“ für den Personenverkehr auf Straße und Schiene mit einer Stückzahl von insgesamt 52 Stück herzustellen. Allerdings erhielten nur 10 Exemplare die komplette Ausstattung für den Verkehr auf der Schiene. Die Deutsche Bahn bezeichnete diese Fahrzeuge als DB 25 001 bis 25 005 und 010 bis 015. Als erste Strecke nahm man diese Fahrzeuge auf der Strecke Cham (Schiene)- Kötzting (Straße) – Bodenmais (Schiene) – Grafenau (Straße) – Passau bereits 1953 in Betrieb. Für den Bereich Westerwald wurde der Betrieb mit drei Fahrzeugen am 4. Oktober 1954 aufgenommen.

Während auf den anderen vier Strecken deutschlandweit der Verkehr mit diesen Fahrzeugen bis spätestens 1958 wieder eingestellt wurde, blieb der Betrieb im hiesigen Raum noch bis zum 27.Mai 1967 bestehen. Hierbei kamen insgesamt drei Fahrzeuge zum Einsatz. Dabei wurde der Abschnitt Betzdorf nach Dierdorf und zurück auf der Schiene, und der Abschnitt Dierdorf nach Koblenz auf der Straße bewältigt. Aus den alten Unterlagen des ehemaligen Maschinenamtes Koblenz ist ersichtlich, dass bis zur Einstellung des Betriebs rund 1.680.000 Kilometer gefahren und circa 1.5 Millionen Fahrgäste befördert wurden. Die Führer der Fahrzeuge mussten die Berechtigung zum Busfahrer und zum Triebfahrzeugführer besitzen. Herbert Hering (†), Willy Sauberbrey (†), Heinz Schermoly (†), Reinhold Fischer (†) aus Betzdorf und Adolf Pfeifer (†) aus Elkenroth waren die in Betzdorf eingesetzten Fahrer dieser Fahrzeuge.

Ausgerüstet waren die Fahrzeuge mit einem 130 PS starken Dieselmotor. Die Höchstgeschwindigkeit auf der Straße betrug 80 Km/h und auf der Schiene 90 Km/h, wo bei die Sicherheitseinrichtungen der Fahrzeuge sowohl für die Straße, als auch für die Schiene vorhanden waren. Insgesamt 43 Sitzplätze waren vorhanden. Der Antrieb erfolgte über die gummibereiften Hinterräder für den Straßenbetrieb. Zum Betrieb auf der Schiene ergänzte man das Fahrzeug vorne und hinten mit einem „Spurwagen“.

Von Betzdorf startete man mit den Spurwagen auf der Schiene. Diese wurden mittel Fahrzeughydraulik in Dierdorf in einem bis zur Schienenoberkante eingeebnetem Gleis entnommen, um die Fahrt auf der Straße durch das Sayntal nach Koblenz fortzusetzen.
In umgekehrter Richtung startete man in Koblenz auf der Straße, setzte in Dierdorf die Spurwagen wieder an und benutzte die Schiene bis nach Betzdorf.



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Während der Einsatzzeit zeigten sich bei dem Fahrzeug immer öfters kleiner Probleme. So stellt man sehr schnell fest, dass die angetriebenen Gummireifen auf den Schienen nicht genügend Haftung hatten und es, bei ungünstigem Wetter, vor allem auf der steigungsreichen Strecke aus dem Bahnhof Au (Sieg) in Richtung Obererbach, hohe Reibungsverluste und damit geringere Beschleunigung gab. In der Werkstatt des Bahnbetriebswerkes Betzdorf konzipierte man daher für den vorderen der beiden Rollwagen eine Sandstreuvorrichtung mit einem entsprechenden Vorratsbehälter an Sand, der im Bedarfsfall gestreut werden konnte und damit die Haftfähigkeit auf der Schiene erhöhte.

Genau diese technische Verbesserung der Rollwagen mit Sandstreueinrichtung brachte ein weiteres Problem mit sich. Während man hier in Betzdorf das komplette Fahrzeug mittels Drehscheibe in die andere Richtung brachte, war dies in Dierdorf beim Wechsel von Schiene auf Straße nicht möglich, denn die beiden Rollwagen (der vordere davon mit Sandstreueinrichtung) blieben zurück, und waren ohne Drehung des Rollwagens wegen der für die Rückfahrt nach Betzdorf, in die falsche Richtung stehenden Sandstreueinrichtung, nicht nutzbar. Auch dieses Problem konnte man lösen. Im Bahnhof Dierdorf baute man dazu eine „Art Drehscheibe“ für den Rollwagen. Nach dem Absetzten vom Fahrzeug wurde über die kleine Drehscheibe der Rollwagen gedreht und hatte in Richtung Betzdorf wieder die korrekte Richtung am Fahrzeug.

Erwähnenswert wäre auch noch der Betrieb auf der Straße an Wochenenden. Da die Linie nach Koblenz und zurück nur werktags bedient wurde, nutzte man sonntags zeitweise das in Betzdorf stationierte Fahrzeug und fuhr Buslinien im Umfeld von Betzdorf. Unter anderem nach Niederfischbach und Neunkirchen. Die Spurwagen wurden dazu in einem Gleis der ehemaligen Ladestraße abgestellt und auch wieder aufgenommen. Das Gleis war zu diesem Zweck bis etwas in Höhe der Schienenoberkannte mit Betonplatten belegt, die der als Bus verkehrende „Stra-Schi“ ohne Probleme befahren konnte.

Doch all die gute Pflege und Weiterentwicklung, vor allem im Bahnbetriebswerk Betzdorf, konnten das Ende des Straßen-Schienen-Busses nicht aufhalten. Die ursprüngliche Herstellerfirma existierte nicht mehr und so entschloss sich die damalige Bundesbahn, den Betrieb ab 28.Mai 1967 mit Beginn des Sommerfahrplan einzustellen, obwohl die Verbindung im Kursbuch für den Sommer 1967 noch enthalten war und die Fahrzeuge zur Umnummerierung in das neue Fahrzeug-Nummernsystem ab 1. Januar 1968 vorgesehen waren.

Heute ist noch ein Fahrzeug im Museum der „Deutschen Gesellschaft für Eisenbahn-Geschichte“ (DGEG) in Bochum-Dahlhausen erhalten. Die Geschichte des legendären "Stra-Schi" schickte Bruno Georg aus Betzdorf zur Veröffentlichung. Er trug die Daten und Fakten zusammen.


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