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Nachricht vom 11.11.2020    

Betzdorfer Traditionsgeschäft schließt nach 145 Jahren – aber nicht wegen Corona

Von Daniel-David Pirker

Nicht die Pandemie ist schuld, und auch nicht der Online-Handel. Nach einer Firmengeschichte über mehrere Generationen schließt zum Jahresende das Einrichtungshaus Schumann seine Pforten in der Wilhelmstraße. Ausschlaggebend waren verschiedene Gründe – die auch mit dem Standort zu tun haben.

Horst Schumann und seine Tochter Katja verabschieden sich in großer Dankbarkeit für die Treue ihrer Kunden. (Fotos: ddp)

Betzdorf. Die Sieg-Heller-Stadt wird um ein weiteres Traditionsgeschäft ärmer. Bis Ende des Jahres soll der Räumungsverkauf im Einrichtungshaus Schumann abgeschlossen sein. „TOTALRÄUMUNGSVERKAUF“ – über das gesamte Schaufenster zieht sich seit einiger Zeit die neonfarbene Klebefolie. Die Bestände an modernen Möbeln sollen bis Ende des Jahres verkauft sein.

Tatsächlich sieht es auf den rund 800 Quadratmetern, die sich über zwei Stockwerke ziehen, bereits leerer als gewohnt aus.

„Eigentlich wären wir schon nicht mehr hier“, sagt Horst Schumann im Gespräch mit dem Kurier. Bereits vergangenen Sommer wollte er einen Schlussstrich hinter die 145 Jahre ziehen. Aber dann kam Corona dazwischen. Der ursprüngliche Termin für den Räumungsverkauf war für die Zeit zwischen 11. März und 6. April angesetzt. Kurz vor dem Lockdown habe man noch großflächige Werbeanzeigen geschaltet, um den finalen Abverkauf einzuläuten, erklärt Katja Schumann-Knoll, die in den letzten 15 Jahren ihren Vater unterstützt hat.

Keine langfristige Perspektive am Standort Betzdorf

Die wachsende Konkurrenz durch den Onlinehandel habe keine Rolle gespielt bei der Frage, wie es weitergehen soll. Es sei auch immer angedacht gewesen, dass Katja Schumann-Knolle das Geschäft übernehme, so wie bereits drei Generationen vor ihr. Schließlich kann die 47-Jährige einen Abschluss als Betriebswirtin mit der Fachrichtung Möbelhandel vorweisen und wäre auch aufgrund ihrer Berufserfahrung in der Branche hoch qualifiziert.

Doch sowohl Vater als auch Tochter sind sich einig: Zumindest in der langfristigen Perspektive hätte der Standort an der Wilhelmstraße und generell in der Stadt Betzdorf keine Zukunft. Der Anteil an Betzdorfer Kunden betrage lediglich 20 Prozent, der Großteil käme mittlerweile vor allem aus dem Siegerland. Die Klientel Betzdorfs habe sich stark verändert in den vergangenen Jahrzehnten – mit Folgen für ein Geschäft, das Möbel aus dem gehobenen mittleren bis oberen Preissegment anbiete.



Kaum Laufkundschaft mehr

Für Horst Schumann war die Schließung des Aka-City-Kaufhauses der große Wendepunkt, ab dem es für die Geschäftswelt in der Sieg-Heller-Stadt schleichend schwieriger wurde.

Früher hätten sich die noch zahlreicher vorhanden Angebote gegenseitig befruchtet, Stichwort Laufkundschaft. Ein Einkauf im Aka oder anderen Geschäften hätte oft auch zu einem Besuch bei Schumanns geführt. Diese Zeiten scheinen lange vorbei. Seit längerem steuerten die Kunden gezielt das Einrichtungshaus aus entfernteren Regionen an.

„Hier sind Tränen geflossen“

Familie Schumann verabschiedet sich in großer Dankbarkeit für die Treue ihrer Stammkundschaft, die sie über viele Jahre begleitet haben. Die enge Kundenbindung hat sich teils über Jahrzehnte entwickelt, erklärt Horst Schumann mit emotionaler Stimme: „Hier sind Tränen geflossen. Das war für uns auch die Bestätigung, dass wir vieles richtig gemacht haben.“

Sein Einrichtungshaus hätte stets nicht nur die hohe Qualität und das breite Angebot aus Wohnen, Schlafen und Kochen ausgezeichnet. Jeder Kunde hätte sich darauf verlassen können, sich an einen festen Ansprechpartner wenden zu können, sagt Katja Schumann-Knoll. Zudem habe man mit individuellen Einrichtungslösungen überzeugen können. „Kein Kunde hat das gleiche im Wohnzimmer stehen.“

Entscheidung zur Schließung fiel schwer

Im Gespräch merkt man Vater und Tochter die Leidenschaft immer wieder an, die sie für ihre Branche empfinden. So sei die Entscheidung zur Schließung auch schwergefallen, betont Horst Schumann. Sein gesamtes Berufsleben hat der 70-Jährige in dem Geschäft verbracht, das seine Vorfahren aufgebaut hatten – rund 50 Jahre davon als Geschäftsführer. Doch mittlerweile sei er froh, dass der langgezogene Räumungsverkauf bald ein Ende habe. (ddp)


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