Interview mit Handelsexperte Hölper dritter Teil zum Wäller Markt
Was die Gründer des Vereins treibt, ist die Vision, einen Digitalen Marktplatz für den geografischen Westerwald zu entwickeln und langfristig zum Erfolg zu führen.
Region. Heute kommt der dritte Teil unseres großen Interviews mit Jens Hölper.
Einige Einzelhändler in der Region betreiben ja bereits, zusätzlich zu ihrem stationären Geschäft, einen eigenen Onlineshop. Warum sollte ein Einzelhändler dann noch zusätzlich seine Produkte über den Wäller Markt anbieten, wo er damit rechnen muss, dass dort auch seine Wettbewerber vertreten sind?
Hölper: Marktplätze sind generell deshalb erfolgreich, weil sie die Angebote zahlreicher Anbieter bündeln, denn: das ist für die Kunden attraktiv! Dieses Erfolgsrezept hat bereits seit dem Mittelalter seine Gültigkeit und konnte sich bis heute über Fußgängerzonen, Wochenmärkte, Automeilen, Shoppingmalls und andere Marktplatzformate bestens bewähren. Im Internet hat sich das Zusammenführen von Anbietern sogar in seiner Attraktivität für Kunden verstärkt. Hier sind die Produkte vieler Anbieter immer nur einen Mausklick entfernt. Bequemer geht’s nicht.
Dem gegenüber stehen tausende kleiner Onlineshops, die nur mit großem Marketingaufwand im großen Internet-Ozean gefunden werden – es sei denn, sie sind (bundesweit) total spezialisiert in ihrem Angebot. Ein Online-Marktplatz wird immer die größere Magnetwirkung haben als ein einzelner Shop. Somit spart jeder einzelne Shopbetreiber erhebliche Marketingkosten und erreicht gleichzeitig eine deutlich größere Zielgruppe. Dass auf jedem Marktplatz auch Wettbewerber vertreten sind, wird aus Kundensicht ausschließlich positiv bewertet. Auch in einer Fußgängerzone ist man selten ohne Wettbewerb. Deshalb gilt die alte kaufmännische Weisheit: Konkurrenz belebt das Geschäft – und der Bessere wird sich ohnehin durchsetzen. Wenn ich im Wettbewerb nicht dabei bin, habe ich sowieso schon verloren!
Welche Rolle spielen Ihrer Meinung nach die regionalen Erzeuger, zum Beispiel Landwirte, Metzger, Hofläden et cetera in diesem Projekt?
Hölper: Ich habe mir sagen lassen, dass wir zahlreiche attraktive Erzeuger in unserer Region haben, die manchmal sogar überregional bekannter sind als um den eigenen Schornstein herum; in der besagten Videokonferenz erzählte einer der Teilnehmer beispielsweise, dass ein befreundeter Bauer lieber alle seine im Westerwald aufgezogenen Rinder „en bloc“ in die Eifel liefert, weil ihm der Zugang zu Endkunden oder zu regionalen Gastronomen verwehrt oder zu aufwändig ist. Gleichzeitig erzählte dort eine Gastronomin, dass sie liebend gerne Fleisch oder sonstige Erzeugnisse aus der Region verarbeiten würde, wenn sie wiederum wissen würde, woher und sich darauf verlassen könnte, nach Bedarf (täglich) beliefert zu werden – weil das nicht gegeben ist, bezieht sie ihre Ware von einem bundesweit agierenden Großhändler. Ganz ehrlich: das ist doch irre, wenn man sich das mal mit gesundem Menschenverstand bewusst macht!
Ziemlich sicher gehöre ich selbst auch zu dem Kundenkreis, der nur einen Bruchteil der regionalen Erzeuger und Anbieter kennt. Ich freue mich aber schon jetzt darauf, Bio-Gemüse direkt bei einem Hofladen und das Grillgut für meine Gartenparty beim Landmetzger bestellen zu können. Ich wähne mich da in bester Gesellschaft mit tausenden anderen Westerwäldern, die gerne mehr regionale Spezialitäten kennenlernen und kaufen würden – aber sich wohl niemals dafür „aktiv“ viel Zeit nehmen würden, um diese erst aufzuspüren oder gar ins Auto zu steigen, um diese dann noch abzuholen.
Zum Eingang Ihrer Frage: Ja, für den Wäller Markt spielen die regionalen Erzeuger eine herausragend wichtige Rolle, weil sie mehrheitlich Produkte anbieten, die man nirgendwo anders kaufen kann. Damit gewinnt der Marktplatz für alle an Attraktivität – im Marketingdeutsch wäre es sogar das sogenannte Alleinstellungsmerkmal („USP“) des Marktplatzes.
Am liebsten würde ich allen regionalen Erzeugern im Namen vieler Westerwälder zurufen: „Bitte, bitte, gebt mir in Zukunft eine bessere Chance, mehr und damit online in der Region einzukaufen“. Als Kunde kann ich das Projekt nur finanziell und ideell unterstützen. Die entscheidenden Impulse müssen aber vom Handel und den Kommunen kommen – meiner Meinung nach auch unterstützt vom Land, zumal Rheinland-Pfalz ein ländlich geprägtes Flächenland ist.
Fortsetzung des Interviews folgt.
Den ersten Teil des Interviews können Sie hier lesen.
Den zweiten Teil des Interviews können Sie hier lesen.
Weitere Informationen zum Wäller Markt und zur Mitgliedschaft in der Genossenschaft finden Sie hier.
Jens Hölper ist Geschäftsführer für Vertrieb, Marketing und Einkauf bei der 1956 gegründeten GARANT Gruppe mit Sitz im ostwestfälischen Rheda-Wiedenbrück, der selbständige Möbel-/Einrichtungshäuser, Küchenstudios, Bettenfachgeschäfte und SHK-Fachbetriebe (Bad, Heizung, Sanitär) in Deutschland, Europa und Asien angeschlossen sind.
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