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Nachricht vom 09.09.2021    

Nach provokanter Aussage: Alt-Sozi aus Steinebach fordert Erklärung von Rüddel (CDU)

LESERMEINUNG | Ist die SPD eine „extrem linke Partei“? Genau das behauptete letztlich der heimische CDU-Bundestagsabgeordnete Erwin Rüddel auf dem Jubiläumsparteitag der Christdemokraten im Kreis Altenkirchen. Der bekannte Friedensaktivist Hermann Reeh aus Steinebach will das nicht einfach hinnehmen. Ein offener Brief.

Friedensaktivist und Alt-Sozialdemokrat Hermann Reeh (links) hat an den CDU-Bundestagsabgeordneten Rüddel Fragen. (Fotos: privat/ddp)

Region. Auf dem Jubiläumsparteitag des CDU-Kreisverbands Altenkirchen versuchten die Christdemokraten mit voller Wucht gegen die schlechten Umfragewerte anzukämpfen. (Der AK-Kurier berichtete hier.) Besonders wurde vor einer rot-grün-roten Bundesregierung gewarnt. Der Bundestagsabgeordnete Erwin Rüddel behauptete in seiner Rede gar, dass die SPD eine „extrem linke Partei“ sei. Doch der Friedensaktivist Hermann Reeh, selbst seit fünfzig Jahren SPD-Mitglied, hat nach der Aussage von Rüddel Fragen und fordert ihn in einem offenen Brief zu einer Stellungnahme auf.

Hier der Text von Reeh im Wortlaut:

Sehr geehrter Herr Rüddel!

In dem Bericht („CDU im Kreis Altenkirchen: Adrenalin-Spritze zum 75-jährigen Jubiläum“; Red.) werden Sie mit der Aussage zitiert: „Die SPD sei laut ihm eine ‚extrem linke Partei‘, die sich kaum von der Linkspartei unterscheide.“
Diese Aussage hat mich irritiert und nachdenklich gemacht. Irritiert, weil die CDU doch mit der SPD seit 2013 eine Große Koalition bildet, und die Christdemokraten, nach Aussage führender Mitglieder, keine Koalition mit extremen Parteien bilden wollen. Sicher können Sie Ihre Einschätzung begründen, die ich mit Spannung erwarte.

Nachdenklich: Weil ich doch schon fünfzig Jahre Mitglied der SPD bin und eine „links extreme“ Ausrichtung der Partei nicht erkennen konnte und nicht kann. Es gab hier und da Mitglieder, die „extreme“ Ansichten vertraten, wie zum Beispiel Thilo Sarrazin. Er wurde aber aus der SPD ausgeschlossen.

Nun wird es mir ergehen, wie vielleicht auch Ihnen. Wenn man so lange in einer Partei ist, entwickelt man möglicherweise eine gewisse Blindheit der eigenen Partei gegenüber. Schon in der Bibel wird ja darauf hingewiesen, dass man den Splitter im Auge des anderen erkennt, aber den Balken im eigenen übersieht.

Ich bin aber bestrebt, dieser möglichen „Blindheit“ nicht zu erliegen. Und ich werde sicher mit Ihrer Hilfe erkennen, warum die SPD „eine extrem linke Partei“ ist. Aus dem Bericht des AK -Kuriers kann ich nicht ersehen, nach welchen Kriterien Sie zu Ihrem Urteil kommen.
Als langjähriger CDU-Abgeordneter und Beobachter des politischen Berlins können Sie mir sicher erklären, nach welchen Kriterien Sie zu der Überzeugung gekommen sind, die SPD sei „eine extrem linke Partei“, es wäre hilfreich für mich.



Mit den Einschätzungen „links extrem“ „Linksextremist“ „Linksruck“ habe ich auch einige schmerzliche Erfahrung mit Ihrer Partei und einigen ihrer Mitglieder gemacht. Zum Beispiel: Als ich 1971 in den Schuldienst von Rheinland-Pfalz eingestellt werden wollte, hatten doch einige Ortsverbände der CDU und auch christdemokratische Abgeordnete versucht, meine Einstellung als Lehrer zu verhindern. Ihr Vorwurf ich sei ein „Linksextremist“, wie ich später in meiner Personalakte nachlesen konnte. Immerhin hatten sie erreicht, dass ich vor meiner Einstellung drei Stunden lang bei der Bezirksregierung in Koblenz politisch verhört, auf meine „links extremistischen“ Bestrebungen und auf meine „Verfassungstreue“ geprüft wurde. Das Ergebnis: Es wurden keine links extremistischen Neigungen und Bestrebungen bei mir entdeckt, und es wurde amtlich festgestellt, dass ich mit „beiden Füßen auf dem Grundgesetz“ stehe.

Als Wahlkreisabgeordneter sind Sie ja sicher ein aufmerksamer Leser unserer Lokalzeitungen und des AK-Kuriers und haben dort möglicherweise von meinen Aktivitäten gelesen. Vielleicht können Sie an meiner Person aufzeigen, welche Aktivitäten Sie als „links extrem“ einstufen.

Als Bundespolitiker sollte Ihnen auch die politikwissenschaftliche Definition von „Extremismus“ bekannt sein, auch in der Abgrenzung zu „Radikalismus“. Ich empfehle Ihnen, die Bundeszentrale für politische Bildung als Informationsquelle. Zitat: „Der politische Extremismus zeichnet sich dadurch aus, dass er den demokratischen Verfassungsstaat ablehnt und beseitigen oder ihn einschränken will – die demokratische Komponente und/oder die konstitutionelle. …“

Vielleicht sollten Sie nicht so fahrlässig mit dieser Begrifflichkeit umgehen.

In Erwartung Ihrer Antwort verbleibe ich mit freundlichen Grüßen

Hermann Reeh



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