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Nachricht vom 09.11.2021    

"Mein Körper gehört mir": Rotarier unterstützen Projekt an Grundschule

Sexuelle Gewalt gegen Kinder (und Jugendliche) ist ein Tatbestand, der immer häufiger als Bagatellvergehen abgetan wird, obwohl diese Klassifizierung absolut fehl am Platze ist. Jungen und Mädchen niederschwellig über dieses Thema aufzuklären, hat sich auch die Erich-Kästner-Grundschule in Altenkirchen zum Ziel gesetzt.

Tu Gutes und rede darüber: Vertreter der Erich-Kästner-Grundschule freuten sich über den symbolischen Scheck, den eine Abordnung des Rotary Clubs Westerwald übergab. (Foto: vh)

Altenkirchen. Es ist schon eine liebgewonnene Tradition, die die Erich-Kästner-Grundschule in Altenkirchen pflegt. Alle Jahre wieder (seit 2016 und mit Ausnahme im corona-vermaledeiten 2020) gastiert die Theaterpädagogische Werkstatt Osnabrück im Komplex an der Siegener Straße, um die Schüler der dritten Klasse (ausnahmsweise vor wenigen Wochen die der vierten Jahrgangsstufe) mit der Thematik „Mein Körper gehört mir“ in Zusammenarbeit mit dem Kinderschutzdienst Kirchen und dem Lehrerkollegium zu konfrontieren. Ein großer Dank ging an den Rotary Club (RC) Westerwald, der mit einer Spende in Höhe von 1400 Euro das Projekt komplett finanzierte. „Es ist gut, dass den Kindern aufgezeigt wird, sich zu wehren“, betonte der Vorstand des Hilfswerks des RC, Torsten Löhr, der gemeinsam mit Klaus Oedekoven (ebenfalls Vorstand Hilfswerk) und Johannes Malmedie, dem Vorsitzenden des Rotary Clubs Westerwald, am Dienstagvormittag (9. September) per symbolischer Scheckübergabe seine Zusage der Finanzierung auch „optisch“ erfüllte.

Projekt liegt allen am Herzen
Wie die Rektorin der Erich-Kästner-Grundschule, Ingrid Loos, darstellte, liege allen das Projekt sehr am Herzen, „und es wird von den Schülern und Schülerinnen sehr gut angenommen“, sagte sie. Diese Meinung wurde von den Leiterinnen der vierten Klassen, Elke Vieten, Helena Zerfaß und Pia Holstein, bestätigt. In jeweils drei Theateraufführungen pro Klasse wurde vermittelt, wie die Kinder Vertrauen zu sich selbst aufbauen und auf unangenehme und übergriffige Situationen angemessen reagieren können. „So lernen sie erprobte Handlungsmuster kennen und erfahren, wie sie sich Hilfe holen können, wenn jemand ihre eigenen körperlichen Grenzen überschreitet“, betonte die Runde. „Wir wollen die Kinder in ihren eigenen Handlungsmöglichkeiten stärken, auch, dass sie lernen, auf ihre eigenen Nein-Gefühle zu vertrauen“, ergänzte Schulsozialarbeiterin Liane Zerfowski.

Nacharbeit im Klassenverband
Der Inhalt der Aufführungen bleibt nicht einfach im Raum stehen, sondern wird im Klassenverband mithilfe von Begleitmaterial, das die Theaterwerkstatt liefert, im Sachkundeunterricht vertieft. Darüber hinaus bietet der Kinderschutzdienst im Kreis Altenkirchen laut deren Mitarbeiterin Daniela Weber im Nachgang „Sprechstunden“ an, in denen, so Loos, die Belange der Kinder ernst genommen würden. In solch einem geschützten Raum würden sich die Kinder viel besser öffnen. Natürlich könnten sich auch Eltern an den Kinderschutzdienst wenden, der, wenn offensichtlich eine Kindeswohlgefährdung nicht auszuschließen ist, das Jugendamt der Kreisverwaltung einschaltet. Löhr, der sich im Jahr 2019 Aufführungen der Osnabrücker Gruppe angeschaut hatte, sprach von einem „sehr leichten Zugang zu diesem Thema für die Kinder“. Dazu trage auch bei, dass die Schauspieler bisweilen in die Rolle der Jungen und Mädchen schlüpften und sehr gut kommunizierten. Darstellung und erste Nacharbeitung erstrecken sich meist über zwei Unterrichtsstunden. Ergänzt wird die Lerneinheit durch ein kritisches Hinterfragen von Internetangeboten sowie der Reflexion über die Teilnahme bzw. das Verhalten in sozialen Netzwerken vor dem Hintergrund der Problematik.

Weitaus größeres Dunkelfeld

Die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) verzeichnete für das Jahr 2018 in Deutschland über 12.000, der Polizei bekannt gewordene Straftaten des sexuellen Kindesmissbrauchs. Die Anzeigen beziehen sich, so der Bericht von Johannes-Wilhelm Rörig, dem Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs, zu etwa 75 Prozent auf Mädchen und zu 25 Prozent auf Jungen. Hinzu kämen Anzeigen von sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen und Jugendlichen sowie über 9000 Fälle sogenannter Kinder- und Jugendpornografie. Bei diesen Zahlen handele es sich um das „Hellfeld“. Das „Dunkelfeld“, die Zahl der nicht polizeilich bekannten Fälle, sei weitaus größer. Dunkelfeldforschungen aus den vergangenen Jahren hätten ergeben, dass jeder siebte bis achte Erwachsene in Deutschland sexuelle Gewalt in Kindheit und Jugend erlitten habe. „Es ist davon auszugehen, dass etwa ein bis zwei Schüler in jeder Schulklasse von sexueller Gewalt betroffenen waren oder sind“, stellte Rörig, seit 2011 im Amt, in seiner Ausarbeitung fest. In diese Zahlen flössen die Fälle von sexueller Gewalt, die durch andere Kinder oder Jugendliche verübt werden, nur zu einem kleinen Teil ein. Aktuelle Befragungen von Schüler wiesen darauf hin, dass Übergriffe durch andere Kinder und Jugendliche weitaus häufiger vorkämen als sexuelle Gewalt durch Erwachsene.

Weltoffene Einstellung

Rotary International ist eine weltweite Vereinigung berufstätiger Männer und Frauen. Von seinen Mitgliedern werden herausragende berufliche Leistungen, persönliche Integrität, eine weltoffene Einstellung sowie die Bereitschaft zu gemeinnützigem Engagement erwartet. Toleranz gegenüber allen Völkern, Religionen, Lebensweisen und demokratischen Parteien ist für Rotarier oberstes Gebot. Rotary wurde am 23. Februar 1905 vom Rechtsanwalt Paul Percy Harris in Chicago gegründet. In Deutschland gibt es 1097 Clubs mit rund 56.700 Mitgliedern, weltweit sind es etwa 1,217 Millionen Mitglieder in rund 36.200 Clubs in mehr als 200 Ländern. Rotary International ist nach dem Lions Club International (1,43 Millionen Mitglieder) der zweitgrößte Service-Club rund um den Globus. (vh)


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