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Nachricht vom 09.11.2021    

Ortheils Lesung im Wissener Kulturwerk - Blick auf ein bewegtes Leben

Von Katharina Behner

Die Lesung von Hanns-Josef Ortheil am Tag seines 70. Geburtstages im Kulturwerk glich einer tief gehenden Unterhaltung mit Moderator Wolfgang Niess vom SWR. Dabei nahm der Schriftsteller seine Gäste – angereist aus nah und fern – mit in seine Kindheit bis zur Gegenwart. Von Emotionen geprägte Einblicke zogen die Zuhörer in ihren Bann.

Ortheil ließ während der Lesung mit Gespräch seine begeisterten Zuhörer mehr denn je an seinem Leben und der Komplexität der familiären Prägung teilhaben. (Fotos: KathaBe)

Wissen. Anlässlich des 70. Geburtstages von Hanns-Josef Ortheil veranstaltete das Kulturwerk Wissen den Abend „Una Vita - Hanns-Josef Ortheil wird siebzig“ mit Lesungen und Gesprächen. Rund 200 Gäste nahmen an der Veranstaltung teil, davon etwa 70 per Livestream, darunter hochkarätige Schriftsteller, Literatur- und Verlagsinsider aus ganz Deutschland sowie Bürgermeister Berno Neuhoff neben Familie, Freunden und Fans.

Vom chronikalischen Schreiben zum Bestsellerautor
Ortheil, der bis zu seinem siebten Lebensjahr kaum ein Wort sprach und eher den Berufswunsch des Pianisten hegte, da das Klavierspielen lange Zeit eine der wenigen seiner Ausdrucksformen war, musste aus gesundheitlichen Gründen schon früh lernen, sich neu zu definieren.

Vor dem nichts stehend, entwickelte der damals 20-Jährige sich hin zu einem der bekanntesten und erfolgreichsten deutschen Schriftsteller. Dabei spielte die Stadt Wissen immer eine große Rolle in seinem Leben, die ihn zu seinem runden Geburtstag mit der Überreichung des großen Ehrensiegels überraschte. (Wir berichteten hier darüber.)

Als kleiner Junge begann er mit „chronikalischem“ Schreiben“ – schrieb auf, was er sah bis „Blätter restlos mit Schrift besetzt“ waren, liest der Bestsellerautor an diesem Abend als erstes aus seinem Werk „Der Stift und das Papier“. Was Ortheil dabei sachlich mit eingearbeiteter Reflektion schon in jungen Jahren notiert, lässt erahnen, welches Talent in ihm steckt.
Bis heute hat er es beibehalten, in dieser Art zu schreiben – manchmal in kleineren oder größeren Formaten mit visuellen Motiven.

Eine schwere Erkrankung im Jahr 2019 und die folgende Genesungszeit als starker Einschnitt in Ortheils Leben zwang ihn förmlich dazu, sich wieder in einem neuen Lebensentwurf zu definieren – dabei das Leben neu zu sehen und neu zu entwerfen, so der Schriftsteller.



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Neue Werke nehmen mit in „starke Momente emotionaler Kraft“
Ortheil nimmt in diesem Zusammenhang Wege, die ihn oftmals in die Erinnerungen seiner Kindheit zurückführen. Man gewinne den Eindruck, so Wolfgang Niess, der als Moderator in der Lesung mit Gespräch einfühlsam durch Ortheils Leben führte, der Schriftsteller „therapiert sich schreibend“ im starken Räderwerk der Erinnerungen.
Sein Therapieprogramm, erklärt Ortheil, sei die „Magie, die von starken Erfahrungen in der Kindheit ausgehen“. Dabei nur auf sich selbst zu blicken, „sei ihm zu wenig“.

Die Erinnerungen scheinen weiter zu wirken. Wenn auch in seinem bisherigen Werken die prägende familiäre Komplexität nicht vorkam, ändert sich dies erstmals mit seinem Roman „Die Erfindung des Lebens“. Sein neues und bisher wohl persönlichstes Buch „Ombra. Roman einer Wiedergeburt“, lässt ebenfalls tief in Ortheils Leben blicken. Beschreibt es seinen Prozess des Genesens in Betrachtung seines Lebens, dass auch seine Krankheit „entziffert“.

Das gleichzeitig neu erschienene Buch „Ein Kosmos der Schrift“ zeigt in erstaunlichen Dimensionen seines Schreibens die Zusammenhänge seiner bisherigen Werke auf. Angefangen von der spezifischen Familiengeschichte Ortheils, dem Verstummen seiner Mutter und den Anfängen seines Schreibens als Kind bis hin zu literarischem und kreativem Schreiben. Letztendlich ein einzigartiger chronikalischer Text, einem Tagebuch anmutend eines einzigartigen Familienarchivs.

Ortheil ließ die Zuhörer an diesem Abend in Lesungen aus seinen neuesten Werken, sowie aus markanten vorangegangen Büchern an seinem Leben teilhaben. Emotional, manchmal witzig, sarkastisch - stets sachlich betont und doch tiefgründig.
Für die Zukunft ist Ortheil zuversichtlich: Er sei voll vitaler Dinge, lege Pausen während des Schreibens ein und sei mehr unterwegs - auf dem Weg das Leben neu zu sehen und neu zu entwerfen.

Untermalt wurde der Abend musikalisch von Ortheils langjährigem Freund, dem aus Mainz angereisten Pianisten Wilhelm Ohmen. Er spielte während der Lesung mit Gespräch die Lieblingstücke des Schriftstellers. (KathaBe)



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