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Nachricht vom 15.11.2021    

Vortrag in Altenkirchen: Nutzen von Luftfilteranlagen in Klassenräumen

Das Thema Lüftungsanlagen in Klassen- und Kindertagesstättenräumen bleibt ein sensibles, viel diskutiertes und eines mit womöglich großen finanziellen Folgen – auch in der vierten Corona-Welle. Müssen nunmehr quer durch die Republik alle Zimmer dieser Couleur mit solchen Geräten ausgestattet werden?

Referierte im Altenkirchener Hotel Glockenspitze: Prof. Dr. Martin Exner. (Foto: Archiv NDR)

Altenkirchen. Vehement diskutieren die Träger und das Personal von und in Schulen und Kindertagesstätten sowie Eltern, deren Jungen und Mädchen sich in Räumen dieser Einrichtungen aufhalten, ob es sinnvoll ist, Luftfilteranlagen im Kampf gegen das Corona-Virus einzusetzen. „Mobile Luftreinigungsgeräte sind Übergangstechnologie während der derzeitigen Pandemie. Sie ersetzen nicht die Frischluftzuführung“: So lautete das Fazit eines Vortrages von Prof. Dr. Martin Exner vom Institut für Hygiene und Öffentliche Gesundheit und geschäftsführendem Direktor des Zentrums für Infektiologie und Infektionsschutz der Universität Bonn im Hotel Glockenspitze in Altenkirchen. Bei zukünftigen Planungen solle in umweltverträgliche stationäre Raumlufttechnik mit hohem Frischluftanteil und Fortluftableitung entsprechend der natürlichen Thermik über die Decke investiert bzw. die Möglichkeiten der Fensterlüftung entsprechend den Empfehlungen des Umweltbundesamtes ausgeschöpft werden. „Hierfür sollte das Investitionsprogramm der Bundesregierung genutzt werden. Weitere Maßnahmen sind Impfung, Hygienebeauftragte, AHA-Regeln und gute Kommunikation“, fügte Exner an.

Meist sporadische Kontaktinfektionen
Bislang sei keine Explosivepidemie in Klassenräumen von Schulen in Deutschland beschrieben worden, „die nicht allein durch Kontaktübertragung, sondern hauptsächlich auf Luftpfad – wie in der Fleischindustrie – zurückzuführen war. Meist sind es sporadische Kontaktinfektionen. Das richtige Tragen von Masken sollte gefördert werden“, ergänzte Exner, die Lüftung, wie sie das Umweltbundesamt beschreibt, solle neben der Nutzung des Reduktionseffektes durch Frischluftzufuhr – eventuell mit Ventilatoren in Fenstern – zur Reduktion der CO2-Belastung ausgeschöpft werden. Bei ausreichender Lüftung entfalle die Notwendigkeit einer zusätzlichen Reinigung durch mobile Luftreinigungsgeräte. „Bislang gibt es keine epidemiologischen Untersuchungen, die eine Reduktion des Infektionsrisikos nach Einführung von mobilen Luftreinigungsgeräten gezeigt haben. Luftreinigungsgeräte können in den Fällen sinnvoll sein, wo Masken nicht bestimmungsgemäß getragen werden können und/oder eine Lüftung unzureichend möglich ist“, führte er weiter aus.

Prognose: Keine Lösung bis zum Herbst
„Ich freue mich, dass wir Herrn Prof. Dr. Exner als Referenten gewinnen konnten. Die fachlich fundierte und objektive Darstellung des Themas wird den rund 50 Teilnehmenden gewiss bei den anstehenden Entscheidungsfindungen hilfreich sein“, bilanzierte Fred Jüngerich als Bürgermeister der Verbandsgemeinde Altenkirchen-Flammersfeld und auch als Vorsitzender der Kreisgruppe im Gemeinde- und Städtebund. Er hatte Mitte des Jahres in einer Sitzung des Verbandsgemeinderates über das Thema „Einbau von Lüftungsanlagen“ informiert. In den 15 Kindertagesstätten und sechs Grundschulen zwischen Willroth und Helmeroth gibt es 116 Gruppen- und Klassenräume. Dass, so Jüngerich damals, die VG bis Herbst keine Lösung hinbekäme, die alle zufriedenstelle, zeichne sich ab.

Es muss immer gelüftet werden
Die verschiedenen Lüftungsvarianten und deren Kosten für die Verbandsgemeinde wurden damals aufgezeigt: Neben dem klassischen Lüften durch Öffnen der Fenster, welches aktuellen fachlichen Studien zufolge durch den Einbau/das Aufstellen von Lüftungsgeräten dennoch nicht unterbleiben kann, wurde zunächst der Einbau zentraler Lüftungsanlagen (Keller der Gebäude) mit Investitionen in Höhe von 5,3 Millionen Euro genannt. Die Installation dezentraler Raumlüftungstechnik (Ventilatoren an den Fenstern), die mit 2,9 Millionen Euro zulasten der Verbandsgemeinde zu Buche schlagen würde, wurde ebenso vorgestellt wie das Aufstellen mobiler Luftreinigungsgeräte, die 4000 Euro pro Stück in der Anschaffung sowie Wartungskosten von jährlich 1300 Euro verursachen. Umgerechnet auf die 116 Räume ergäbe dies eine Anschaffungssumme von 464.000 Euro. Nach wie vor stellt sich die Fördersituation durch Bund und Land für mobile Luftreinigungsgeräte so dar, dass es keine Zuschüsse gibt, solange eine natürliche Lüftungsmöglichkeit, also die Möglichkeit der Quer- oder Stoßlüftung durch das Öffnen von Fenstern, gegeben ist. Das bedeutet, dass die Verbandsgemeinde knapp eine halbe Million Euro für mobile Luftreinigungsgeräte zur Verfügung stellen müsste.



Drei Typen von Klassenräumen
Exner war in seinem Vortrag auch auf die Grundlagen der Hygiene und der Epidemiologie von SARS-CoV-2-Infektionen in Schulen und Kindertagesstätten eingegangen. Er unterstrich anschaulich die Bedeutung des Lüftens (Stoß- und Querlüftung) in den Innenräumen. „Neben der Einhaltung der Hygieneregeln bleibt daher die regelmäßige Lüftung über die Fenster die wichtigste Maßnahme zur Reduzierung der Virenmengen in der Luft sowie zur Aufrechterhaltung einer gesunden Raumluft“, beschrieb er und unterstrich, dass dort, wo nicht ausreichend gelüftet werden könne, kontinuierlich betriebene, einfache Zu- und Abluftanlagen oder mobile Luftreiniger helfen, die Virenlast im Raum ebenfalls in einer Größenordnung von bis zu 90 Prozent zu
reduzieren. Exner zitierte zudem das Umweltbundesamt, das Schulräume in drei Kategorien unterteilt: 1. Räume mit guter Lüftungsmöglichkeit (raumlufttechnische Anlage und/oder Fenster weit zu öffnen); 2. Räume mit eingeschränkter Lüftungsmöglichkeit (keine raumlufttechnische Anlage, Fenster nur kippbar bzw. Lüftungsklappen mit minimalem Querschnitt); 3. nicht zu belüftende Räume.

Empfehlungen des Umweltbundesamtes
Aufgrund dieser Klassifizierung leitet das Umweltbundesamt seine Empfehlungen ab - Räume der Kategorie 1 (sind in den Schulen und Kitas im Landkreis fast ausschließlich vorhanden): Der Einsatz mobiler Luftreinigungsgeräte ist nicht notwendig, wenn ein Luftaustausch entweder durch regelmäßiges Stoß- und Querlüften oder durch raumlufttechnische Anlagen gewährleistet ist; Räume der Kategorie 2: Als technische Maßnahme kann die Zufuhr von Außenluft durch den Einbau einfach und rasch zu installierender Zu- und Abluftanlagen erhöht werden. Alternativ ist der Einsatz mobiler Luftreiniger sinnvoll. „Mobile Luftreinigungsgeräte können die Notwendigkeit des Lüftens nicht ersetzen, allenfalls ergänzen“, machte Exner deutlich. Die mobilen Geräte beseitigten nicht die sich in einem Schulraum durch Atmung anreichernde Luftfeuchte, das Kohlendioxid und weitere chemische Gase aus Mobiliar und Bauprodukten. Daher müsse auch bei Nutzung mobiler Luftreiniger regelmäßig gelüftet werden. (vh)



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